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Politik

Farid Bangs Corona-Video sorgt für Streit

22. Juli 2020

Gut gemeint ist manchmal kontraproduktiv: In Düsseldorf hat die Kooperation der Stadt mit dem umstrittenen Rapper Farid Bang bei einem Video eine Kontoverse ausgelöst. Darin mahnt er, die Corona-Regeln zu befolgen.

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Hannover I Konzert I Rapper I Farid Bang
Der Rapper Farid Bang bei einem Auftritt im Juni 2020 in Hannover Bild: picture-alliance/T. Gadegast

Vor allem die nordrhein-westfälische Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger legt sich im Fall Farid Bang ins Zeug. Sie sagte der "Rheinischen Post": "Die Vorbildfunktion eines Musikers wie Farid Bang muss hinterfragt und diskutiert werden, wenn er Antisemitismus propagiert und zudem immer wieder auch mit gewaltverherrlichenden und frauenfeindlichen Texten provoziert."

"Die Wahl des Rappers Farid Bang für ein öffentliches Projekt, das gerade beim Thema Coronavirus aufklären soll, ist schwer zu ertragen", fügte die FDP-Politikerin hinzu. "Bei aller Wertschätzung für die Freiheit der Künste: Für das, was Farid Bang vertritt, ist kein Platz im öffentlichen und demokratischen Leben in Nordrhein-Westfalen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die Aktion sei ein Affront gegen alle, die sich für eine offene und tolerante Gesellschaft einsetzten. Die Landesbeauftragte sprach auch von einem fatalen Zeichen an das jüdische Leben in Deutschland.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
Sie hat schwere Bedenken: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Bild: picture-alliance/M. Sohn

Die Landeshauptstadt hatte ein Video auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht, in dem der Düsseldorfer Rapper dazu aufruft, sich an die Abstandsregeln zu halten. "Wir haben hier viele alte Leute, die sind die Risikogruppe", sagt er. In der Düsseldorfer Altstadt hatten in den vergangenen Wochen wiederholt vor allem junge Leute die Pandemieregeln missachtet. "Da herrschen Zustände, die wir in Düsseldorf nicht haben wollen", sagte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD). Überwiegend prägten dieses Bild junge Männer und unter ihnen vor allem Männer mit Migrationshintergrund, sagte Geisel. Es bestehe die Gefahr, dass sich eine Parallelgesellschaft entwickele. Die Stadt hatte bereits ähnliche Beiträge mit weiteren Prominenten wie Tischtennis-Profi Timo Boll ins Netz gestellt.

Provokativer Auschwitz-Vergleich

Farid Bang hatte unter anderem im Rahmen der "Echo"-Verleihung 2018 für Aufsehen gesorgt. Dass er und der Rapper Kollegah eine Auszeichnung erhielten, führte zu Widerspruch und schließlich der Abschaffung des Musikpreises. In ihrem Lied "0815" texten die beiden: "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen". Kritiker sehen darin einen Vergleich zwischen einem trainierten Körper und ausgehungerten Holocaust-Opfern.

Oberbürgermeister Geisel sagte, der Rapper helfe beim Erreichen der richtigen Zielgruppe. Er habe sich vor den Dreharbeiten ausführlich mit dem Musiker unterhalten und über die Antisemitismusvorwürfe gesprochen. Er wisse, dass Farid Bang eine "ausgesprochen kontroverse Figur" sei. "Ich halte manches, was er gemacht hat, für widerwärtig." Der Musiker habe aber seine früheren Texte bereut. "Das war ein großer Fehler, für den ich mich schon mehrfach entschuldigt habe", erklärte der Rapper laut einer Mitteilung der Stadt. "Nichts liegt mir ferner, als die Erinnerung an die Holocaust-Opfer zu verhöhnen. Ich habe mit Antisemitismus überhaupt nichts zu tun."

Düsseldorf I PK I Oberbürgermeister Thomas Geisel I SPD
Oberbürgermeister Thomas Geisel verteidigt die Zusammenarbeit mit dem RapperBild: picture-alliance/dpa/R. Pfeil

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf erklärte, sie verstehe die Bedeutung einer zielgerichteten Ansprache bestimmter Gruppen, vor allem beim Thema Coronavirus. "Eine Vorbildfunktion von Farid Bang in diesem Zusammenhang vor dem Hintergrund seiner Texte und Aussagen kann und muss jedoch sicherlich kontrovers diskutiert werden." Anders als ein Stadtsprecher erklärt habe, sei die Zusammenarbeit mit dem Rapper nicht vorab mit der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf abgestimmt worden.

Wie die "Rheinische Post" weiter berichtet, hat Leutheusser-Schnarrenberger eine Studie zum Antisemitismus in der deutschen Gangster-Rap-Szene in Auftrag gegeben. "Diese Studie wird einen Überblick geben, welche Auswirkungen die Musik auf antisemitische Einstellungen von Jugendlichen hat", sagte sie.

kle/ml (epd, kna, afp, dpa)