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Fashion und Pelz: Ein unzertrennliches Paar?

Jan Tomes ad
5. Januar 2017

Während sich die Modemetropolen New York, London, Paris, Mailand und Berlin auf die Fashion Weeks vorbereiten, haben wir uns gefragt: Wie steht es 2017 um den Pelz in der Mode? DW-Reporter Jan Tomes hat nachgeforscht.

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Frankreich Pelzmäntel
Bild: picture-alliance/dpa/H. Ballhausen

In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Verkauf von Pelzen weltweit mehr als verdoppelt. Gleichzeitig steht die Pelzindustrie weiterhin in der Kritik. Nicht nur tierliebe Kunden, sondern auch Modehersteller fragen sich, ob Pelz in der heutigen Zeit überhaupt noch nötig und ethisch vertretbar ist - so auch in der Via Andrea Solari in Mailand.

Viermal im Jahr fliegen dort die Fetzen. Vor der Hausnummer 35, wo das traditionelle römische Modelabel Fendi seine neuen Kollektionen präsentiert, kriegen sich Befürworter und Gegner der Pelzindustrie in die Haare - oder besser gesagt, in die Felle. Während Models über den Laufsteg flanieren, protestieren vor dem Gebäude Tierschützer mit abstoßenden Plakaten, die grausam gequälte Tiere zeigen.

Message der Modelabels: Pelz macht Spaß

Fendi ist das Nonplusultra für pelzbegeisterte Herren und Damen. Hier wird alles verkauft: von Fuchsmänteln bis hin zu Nerzjäckchen. Das Logo von Fendi - ein doppeltes F - steht nicht umsonst für "Fun Fur" (dt. Spaß mit Pelz).

Und so antwortet Silvia Venturini Fendi, die Erbin des Hauses, auf meine Frage, ob Pelz in der heutigen Welt wirklich noch einen Platz haben sollte: "Diese Frage stelle ich mir selbst auch ziemlich oft. Es ist eine komplizierte Angelegenheit, vor allem weil es dabei um ethische Fragen geht, aber eben auch um eine große Industrie. Vielleicht wird eines Tages die gesamte Welt vegan und wir stellen keine Pelze mehr her. Aber solange Menschen noch Fleisch essen und Leder tragen… Vielleicht werden wir unsere Gewohnheiten ja eines Tages ändern. Warum nicht?"

Pelz beschränkt sich längst nicht mehr auf Mäntel

Mode Pelze (Foto: Fendi)
Mantel von Fendi aus der Herbst/ Winter-Kollektion 2016Bild: Fendi

Während in westlichen Städten an jeder Straßenecke vegane Cafés und Restaurants eröffnen, kann man Pelzen und Fellen kaum aus dem Weg gehen. In dieser Saison sind die Geschäfte voll mit Pelzmänteln, Handtaschen und Schuhen mit Fell. Sogar kleinere Accessoires, wie Schlüsselanhänger, kommen als putzige kleine Tierchen aus Fell daher.

"Die Pelzindustrie hat sich von Pelzmänteln weg und hin zu allen möglichen Kleidungsstücken hinbewegt, die oft nur mit einem kleinen Streifen aus Fell ausgestattet sind", erläutert Thorbjørn Schiønning, Vorsitzender der "Fur Free Alliance" (dt. Pelzfreie Vereinigung), einem internationalen Sammelverband von 40 Tierschutzorganisationen. "Dahinter steckt ein strategischer Plan, der das Pelzgeschäft am Leben erhält. Wenn die Industrie diesen strategischen Schritt nicht gemacht hätte, dann wäre sie mittlerweile fast völlig am Boden", behauptet er.

Pelzmäntel für China, pelzige Accessoires für Europa 

Zur Zeit wird die Pelzindustrie von zwei Faktoren angeheizt. Da ist die neu aufsteigende Mittel- und Oberschicht in China, die Pelzmäntel, Stolen und andere traditionelle aus Pelzen und Fellen gefertigte Kleidungsstücke als Statussymbole sieht. Dann ist da die junge Generation in westlichen Ländern, die zur Zeit auf kleine pelzige Accessoires steht, für die man allerdings häufig tief ins Portemonnaie greifen muss. Die unverhältnismäßig hohen Preise scheinen viele gerne zu zahlen, einfach nur, um cool zu sein.

"Die Tatsache, dass bei diesen Produkten Pelz nur sparsam verwendet wird, bedeutet, dass sie zu relativ niedrigen Preisen erhältlich sind, sodass mehr Menschen sie sich leisten können. Deshalb sehen wir zur Zeit immer mehr Pelzprodukte", schwärmt Mark Oaten von der Internationalen Pelzhandelsföderation, die die Interessen der Pelzindustrie mit allen Mitteln zu schützen versucht. Die Pelzindustrie verzeichnet tatsächlich seit Jahren steigende Umsätze, die 2015 in einem Jahresumsatz von 40 Milliarden Dollar gipfelten. 

Tierschützer: "Es gibt keinen ethischen Pelz"

Dieser Boom steht in einem seltsamen Kontrast zur öffentlichen Meinung - zumindest in den europäischen Ländern. Durch eine ganze Serie öffentlicher Umfragen in EU-Ländern 2014 und 2015 trat zutage, dass sich 86 Prozent der Bevölkerung gegen Pelze und Pelztierfarmen aussprachen. Eine 2014 in Deutschland durchgeführte Umfrage ergab, dass einer von acht Deutschen Pelze für altmodisch und überholt hält. 

Mode Pelze
Gucci-Slipper mit Känguru-Fell aus der Herbst/ Winter-Kollektion 2015: Der Treter wurde zum "It-Schuh" schlechthinBild: Gucci

"Heutzutage sind Pelze und Felle ein sehr innovatives Material. Wir können Pelze färben und Muster einarbeiten. Diese neue Technologie wurde in den letzten fünf Jahren entwickelt. Das bedeutet, dass Pelz mit neuen Modetrends immer mithalten kann", sagt der ehemalige britische Politiker Oaten, der sich heute für den Pelzhandel einsetzt. 

Tierschutzorganisationen sind allerdings der Auffassung, dass der Preis für diese Art von Mode zu hoch ist. "Die Pelzindustrie will uns weismachen, dass es 'ethischen Pelz' gebe, aber das ist doch bloß reine Augenwischerei", sagt Andrzej Pazgan von PETA Deutschland. "Nerze, Füchse, Waschbären werden weltweit besonders zahlreich auf Pelztierfarmen gezüchtet. Das sind nicht-domestizierte wilde Tiere. Deshalb können die Pelztierfarmen niemals artgerecht sein", erklärt er. Thorbjørn Schiønning von der Fur Free Alliance fügt ein schreckliches Bild hinzu: "Das Töten der Tiere heutzutage ist genauso grausam, wie es schon immer gewesen ist. Die Füchse auf Pelztierfarmen werden immer noch durch extrem schmerzhafte anale Elektroschocks getötet. Die Nerze werden vergast, was für Tiere, die hervorragende Taucher sind und über lange Zeit die Luft anhalten können, einen langsamen und äußerst grausamen Tod bedeutet. Der Pelztierindustrie geht es vorrangig darum, die Tiere auf billige Weise zu töten."

Deutschland PETA-Aktion gegen Pelzmäntel
PETA-Aktivistinnen protestieren 2012 in Düsseldorf Bild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Mark Oaten fasst dies so zusammen: "Zur Zeit ist Pelz wieder modern. Die Tatsache, dass so viele Leute wieder Pelz kaufen, zeigt, dass das Thema Tierschutz den Kunden nicht mehr so wichtig ist wie noch in den 1990er Jahren." Während einige Modehersteller nach wie vor auf Pelz setzen, haben sich andere dazu durchgerungen, auf ihn zu verzichten: darunter Stella McCartney, Ralph Lauren, Tommy Hilfiger, Jean Paul Gaultier, sowie Giorgio Armani. "Der technische Fortschritt, der über die Jahre erzielt wurde, hat uns wertvolle Alternativen verschafft, die tierquälerische Praktiken überflüssig gemacht haben", teilte ein Vertreter von Giorgio Armani mit. 

Auch Pelzalternativen sind umstritten  

Falls das Design Pelz vorsieht, machen die genannten Hersteller und Designer also Gebrauch von künstlichem Pelz. Aber ist das wirklich eine gute Alternative? Mark Oaten betont, Kunstpelz sei ein synthetisches Produkt, für dessen Herstellung giftige Chemikalien benötigt werden. Bei dem Verfahren würde zudem Abfall produziert, der nicht wiederverwendet werden könne. Die Pelzindustrie sei hingegen nachhaltig, meint der Pelz Lobbyist Oaten. "Schließlich ist Pelz ein natürliches Produkt, das nicht auf Müllhalden landet, weil die Besitzer stolz darauf sind und es an nachfolgende Generationen vererben."

Selbst Tierschützer sind nicht immer glücklich mit Kunstpelzen. Jüngste Nachforschungen von PETA ergaben, dass viele als "pelzfrei" oder "100% Acryl" deklarierte Produkte in Wirklichkeit doch Pelzmaterial beinhalten. Meist handelt es sich um Ware aus China, wo Waschbärenfelle billig produziert werden. Zudem mache man, so Schiønning, auch mit Kunstpelz indirekt Werbung für Echtpelz.

Europäische Regierungen, darunter auch Deutschland, stehen mittlerweile unter starkem Druck, die Verwendung von Pelz zu verbieten. Aber Fakt ist: Aller Bemühungen zum Trotz steigt die Nachfrage nach Pelzen. Daher versucht die Pelzindustrie mittlerweile, ihr schlechtes Image durch die Entwicklung neuer Haltungs- und Tötungsmethoden zu verbessern. Pelz wird wohl auch bei den diesjährigen Modenschauen ein kontroverses Thema bleiben, bei dem möglicherweise nur die Verbraucher das Zünglein an der Waage sein können.