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Bayern und Katar: eine problematische Beziehung

Michael da Silva
11. Februar 2021

Die FIFA-Klub-WM endet mit dem Triumph des FC Bayern. Bei Fragen zur Menschenrechtslage in dem Wüstenstaat geben sich die Münchener zurückhaltend.

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Katar Deutschland Fußball FC Bayern München Doha Training
Bild: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Für die meisten Fußballfans ist die FIFA Klub-WM bedeutungslos. Bei dem Turnier treten die sechs Kontinentalsieger im Vereinsfußball gegeneinander an. Aber es ist ein ungleicher Wettbewerb, denn die europäischen Vereine verfügen über weitaus größere Budgets als ihre asiatischen, afrikanischen oder lateinamerikanischen Pendants. Mit dem Sieg des FC Bayern München am Donnerstag gegen den mexikanischen Verein Tigres hat wieder einmal der europäische Vertreter gewonnen - so wie bei 13 der letzten 14 Turniere.

Für Gianni Infantino ist die Klub-WM jedoch alles andere als bedeutungslos. Der FIFA-Präsident hat bestätigt, dass der Wettbewerb ab 2022 auf 24 Mannschaften ausgeweitet und in China ausgetragen werden soll. Er will ihn zum "besten Klubwettbewerb der Welt" machen - als Konkurrenz zur Champions League der UEFA.

Nicht einmal eine globale Pandemie kann die Klub-WM stoppen. Auf die Frage, ob das Turnier in Katar zu einer Zeit stattfinden solle, in der große Teile der Welt wegen der COVID-19-Pandemie abgeriegelt sind, erwiderte Infantino: "Wir werden sicherlich kein Risiko für die Gesundheit von irgendjemandem eingehen, wenn wir Fußball spielen." Es gibt nicht nur in Katar Menschen, die dem nicht zustimmen.

Ausbeutung von Gastarbeitern geht weiter

Tausende von Gastarbeitern aus Nepal, Indien, Bangladesch und anderen asiatischen und afrikanischen Ländern wurden angeworben, um die Stadien und die Infrastruktur für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 zu bauen, deren Rechte der Staat im Nahen Osten 2010 unter umstrittenen Umständen erworben hatte.

Arabische Gastarbeiter in den Golfstaaten | Katar
Gastarbeiter in Katar wurden Pässe abgenommen, Tausende sind beim Bau der WM-Stadien gestorben Bild: Maya Alleruzzo/AP Photo/picture-alliance

Sie leben und arbeiten unter erbärmlichen Bedingungen und verrichten gefährliche, arbeitsintensive Aufgaben in extremer Wüstenhitze, was zu einer schockierenden Zahl von Todesfällen führt, von denen viele offiziell ungeklärt bleiben.

"Katar hat seit 2012 keine Statistik über die Zahl der toten Arbeiter veröffentlicht", sagt Nicholas McGeehan, Direktor der in London ansässigen Menschenrechtsorganisation Fair Square Projects, gegenüber der DW. Das eigentliche Problem sei nicht nur die Zahl der getöteten Arbeiter, die ohnehin hoch ist, sondern die der ungeklärten Todesfälle, die etwa 75 Prozent aller Toten ausmache.

"Die katarischen Totenscheine listen die Todesursache meist als 'natürliche Ursachen' oder 'Herzstillstand' auf, was keine Todesursachen sind. Und wenn ein Tod ungeklärt ist, gibt es keine Entschädigung und keine Antworten für die Familien - weder eine Autopsie noch eine Untersuchung. Sie geben die Statistiken nicht heraus, weil sie wissen, was die Statistiken sagen."

Human Rights Watch spricht von "unmenschlichen Bedingungen"

Trotz der Bedingungen für die Arbeiter in Katar, die von Human Rights Watch als "unmenschlich" bezeichnet wurden, äußert sich die FIFA selten zu diesem Thema. Im Jahr 2016 sagte der Fußballverband jedoch, dass er keine Verantwortung für "breitere gesellschaftliche Probleme" in einem Gastgeberland trage und dass das Turnier ein "Katalysator für Veränderungen" in Katar sein könne.

Die einzige positive Veränderung in einem Jahrzehnt war im August 2020 die Entscheidung, das ausbeuterische "Kafala"-Bürgschaftssystem abzuschaffen, bei dem die Arbeiter ihre Pässe abgeben mussten, was sie daran hinderte, den Job zu wechseln oder das Land ohne Erlaubnis ihres Arbeitgebers zu verlassen.

Es gab auch eine Erhöhung des Mindestlohns, aber Kritiker sagen, dass die Änderungen nicht weit genug gehen, da viele Arbeiter immer noch für weniger als 1 Euro pro Stunde arbeiten, wenn sie überhaupt bezahlt werden.

Die Rolle des Geldes 

Dabei ist es nicht so, dass es in Katar an Geld mangelt. Der ölreiche Staat hat eines der höchsten Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukte der Welt und wird von den Vereinten Nationen als Land mit einem "sehr hohen" Human Development Index (Index für menschliche Entwicklung) eingestuft. Der HDI stellt einen Wohlstandsindikator für Staaten dar.

Katar Deutschland Fußball FC Bayern München Doha Training
Die Bayern halten seit 2011 ihre Trainingslager in Katar ab und haben mehrere Sponsoringverträge mit dem ölreichen StaatBild: Lars Baron/Bongarts/Getty Images

Der katarische Staat hat seine immense Finanzkraft genutzt, um sich im großen Stil in den europäischen und weltweiten Fußball einzukaufen - ein Prozess, der oft als "Sportswashing" bezeichnet wird, also als Versuch, das Image eines Landes reinzuwaschen und von negativen Themen abzulenken.

So erwarb Qatar Sports Investments (QSI), eine Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Katar, 2011 die Mehrheitskontrolle über den französischen Verein Paris Saint-Germain. Katar unterhält aber auch gut etablierte Verbindungen zum FC Bayern München, für den kommerzielle Deals über die Hälfte der Einnahmen ausmachen.

Der deutsche Rekordmeister absolviert seit 2011 sein jährliches Wintertrainingslager in Katar (mit Ausnahme von 2020 aufgrund des Coronavirus) und hat seit 2017 Sponsorenverträge mit der staatlichen Fluggesellschaft Qatar Airways. Der katarische Staat besitzt zudem 14,6 Prozent der Volkswagen-Aktien, während die VW-Tochter Audi wiederum einen 8,33-prozentigen Anteil an Bayern München hält.

Das lange Schweigen der Bayern spricht Bände

Die Bayern geben sich zurückhaltend, wenn sie nach ihrer besonderen Beziehung zu Katar gefragt werden. Am 5. Februar 2020 forderte Fair-Square-Projects-Direktor McGeehan den Bayern-Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge in einem Brief auf, sich zu den Arbeitnehmerrechten in Katar zu äußern - so wie es der englische Meister Liverpool vor seinem Auftritt bei der Klub-WM 2019 getan hatte. Der Brief wurde trotz wiederholter Aufforderung zur Stellungnahme ignoriert.

"Wir haben die Bayern wiederholt auf dieses Thema angesprochen. Doch sie haben nicht auf unseren Brief reagiert, in dem wir nicht etwa zum Boykott Katars oder zur Beendigung der Geschäftsbeziehung aufriefen, sondern nur dazu, ihre Druckmittel einzusetzen", sagte McGeehan der DW.

Der Verein sei beraten worden, was zu unternehmen sei, bevor er eine Beziehung mit einem Land wie Katar eingingen und habe auch mit der deutschen Regierung dazu in Kontakt gestanden. "Als aufgedeckt wurde, dass es Menschenrechtsverletzungen an Standorten in Katar gibt, die mit Bayern durch Sponsoring-Deals verbunden sind, haben sie nichts unternommen." Jedes Unternehmen, das sich mit einer solchen Regierung einlasse, müsse zumindest sehr deutlich machen, was es erwarte. "Sie haben jedoch auf PR-Linien zurückgegriffen, die keine Substanz haben", so McGeehan weiter.

FC Bayern sieht Katar "auf dem richtigen Weg"

2020 forderten die Münchener Stadträte, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter - in seiner Funktion als Mitglied des Verwaltungsbeirates des Vereins - den FC Bayern zu dessen Verhältnis zu Katar befragt. In dieser Woche antwortete der FC Bayern schließlich und teilte Oberbürgermeister Reiter mit, dass der Verein mit Politikern, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen zusammengearbeitet habe, um "eine Kultur des Wandels" in Katar zu schaffen, und betonte, dass Katar auf dem richtigen Weg sei.

Es werde ein Runder Tisch einberufen, um über "die deutsche und katarische Gesellschaft, die Bedeutung der WM für Katar und die arabische Welt und die Kritik von Menschenrechtsorganisationen" zu diskutieren, der aber wegen der Pandemie verschoben werden musste. Der FC Bayern bekräftigte das Bekenntnis des Klubs zu den im Grundgesetz verankerten Werten von Freiheit und Demokratie, "insbesondere zu den bürgerlichen Grundrechten, die auch Menschenrechte sind."

 FC Bayern München - VfB Stuttgart
Bayern-Fangruppen protestieren gegen die Beziehung ihres Vereins zu Katar.Bild: Imago/B. Fell

Fair-Square-Projects-Direktor McGeehan begrüßte die Pläne für einen Runden Tisch, wies aber darauf hin, dass der Klub wieder einmal nicht auf die Forderungen nach einer Untersuchung der Todesfälle von Migranten eingegangen sei.

Kritische Fans sind nicht gern gesehen

"Ich glaube nicht, dass die Bayern ihre Meinung über den Katar-Deal ändern werden, aber ich denke, dass es in Zukunft Änderungen geben könnte", hofft Alex Fischer, ein Sprecher der Bayern-Fanvereinigung "Club Nr. 12". "Ich würde mir wünschen, dass sie weniger defensiv sind, auf die Ratschläge von Organisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International hören und es sich in Zukunft noch einmal überlegen, bevor sie solche Beziehungen eingehen."

Adaption: Olivia Gerstenberger