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Die Bonner Kirschblüte ist da

Kim-Aileen Sterzel
5. April 2022

Der rosarote Frühlingstraum steht nach zwei Jahren Pandemie-Pause in den Startlöchern: Über dem Comeback der ausgelassenen Kirschblütensaison hängen jedoch die nassen Regenwolken des Aprils.

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Kirschblüten von der Sonne angestrahlt.
Der Grund für den ganzen Trubel auf den Straßen des "Kirschblüten-Viertels": die Blüten der Japanischen Blütenkirsche.Bild: Kim-Aileen Sterzel/DW

Die Objektive der Hobbyfotografinnen und Fotografen und die Blicke der Spaziergängerinnen und Spaziergänger richten sich bereits erwartungsvoll in Richtung der dichten Kronen der Kirschblütenbäume auf der Bonner Heerstraße. Bis zum geschlossenen rosaroten Blütenmeer brauchen Neugierige wohl noch etwas Geduld. Das Aprilwetter spielt zum Beginn der Kirschblütenzeit leider nicht mit und hält neben ein paar wenigen Sonnenstunden viele Regenschauer bereit.

Selbst im Regen ist kein Selfie unter den mittlerweile legendären Bonner Kirschblüten aber auch keine Lösung: Mit den ersten offenen Blüten in diesem Jahr flanieren endlich auch wieder die ersten Touristen durch die Straßen der Altstadt. Zwei Jahre blieb der gewohnte Ansturm auf das perfekte Frühlingsfoto pandemiebedingt aus.

Von "Sakura" bis "Hanami"

Gleiche Blüten, anderer Ort: Bei den in Bonn wachsenden Bäumen handelt es sich um die Japanische Blütenkirsche, "Sakura" genannt. Zum einen sind die hellrosafarbenen Japanischen Säulenkirschen ("Prunus Serrulata Amanogawa") zu bewundern, zum anderen die kräftig rosa leuchtenden Japanischen Nelkenkirschen ("Prunus Serrulata Kanzan").

Die Kirschblüte gilt als ein wichtiges Symbol der japanischen Kultur und steht unter anderem für Schönheit und Aufbruch. Sie markiert den Höhepunkt des japanischen Kalenders und den Anfang des Frühlings. Nicht nur im übertragenen Sinne blüht Japan in dieser Zeit auf: Die ersten Bäume entfalten ihre Pracht bereits Mitte bis Ende März auf der Insel Kyūshū. Bis Anfang Mai bahnen sich die rosafarbenen und weißen Frühlingsboten dann einen Weg in den Nordosten Japans nach Hokkaidō. Fast die Hälfte der Laubbäume in Japans Städten sind Kirschblütenbäume. Kein Wunder also, dass die Haupturlaubs- und Reisezeit in Japan genau auf die Kirschblütensaison fällt. Allerdings ist die "Sakura" nur ein kurzes Vergnügen: Im Schnitt blühen die Bäume zehn Tage lang.  

Weiße Blüten vor rosafarbenem Hintergrund von der Sonne angestrahlt.
Die Bonner Blütenpracht erstrahlt von pink - über rosa - bis weißBild: Kim-Aileen Sterzel/DW

In dieser Zeit herrscht jedoch volksfestartige Stimmung in Japans Parks – oder dort, wo die rosaroten und weißen Blüten sonst so zu finden sind. Nach Feierabend versammelt man sich zusammen mit Freundinnen, Kollegen und der Familie auf blauen Kunststoffplatten im Schutze der Kirschblütenbäume. Das "Hanami"-Fest feiern die Japanerinnen und Japaner häufig in Form eines Picknicks. 

Woher kommt der Kirschblüten-Hype in Bonn?

Das frühlingshafte Blütenmeer ist heute das Markenzeichen des "Kirschblüten-Viertels" in Bonn: Das Naturereignis geht auf eine Stadtteilsanierung Ende der 80er-Jahre zurück. Die Altstadt war ein Handwerkerviertel mit grauen Fassaden und viel Durchgangsverkehr. Eine Sanierung des eher heruntergekommenen Viertels sollte die Lösung sein und die ökologische Situation sowie die Wohnqualität verbessern. Die historischen Fassaden der Wohnhäuser wurden erneuert, der Verkehr beruhigt und die Straßen und Hinterhöfe begrünt. Die Kirschblütenbäume waren ursprünglich als schlichter Farbakzent im Konzept der Sanierung vorgesehen. 

Eine Kirschblüte auf einem grünen Strauch von Regentropfen bedeckt.
Der April macht, was er will: Wer einen Ausflug zu den Bonner Kirschblüten plant, sollte eine Regenjacke mitnehmenBild: Kim-Aileen Sterzel/DW

In den letzten zehn Jahren machte der Bonner Blütentraum dann jedoch die Runde in den sozialen Netzwerken: Bloggerinnen und Blogger schickten ihre pinken und rosafarbenen Schnappschüsse um die Welt. Fotos der prachtvollen Blütenalleen der Altstadt erlangten immer mehr Aufmerksamkeit und kursierten unter dem Hashtag #cherryblossom neben Aufnahmen der japanischen Blütenkirsche. Internationale Bekanntheit erhielt die Bonner Kirschblüte endgültig im Jahr 2012 als Tipp auf der Liste der Seite "Places to see before you die" auf Facebook. Weitere Kirschblütenpracht gibt es in Deutschland unter anderem in der Fränkischen Schweiz, Leipzig, Hamburg und Hannover.  

Zweierlei Wermutstropfen

Der Andrang auf das Bonner Naturspektakel hat mittlerweile Ausmaße eines Fotomarathons angenommen und sich zum regelrechten Anwohner-Albtraum entwickelt: Die Menschenmassen blockieren für circa zwei Wochen die Straßen. Weiterhin gab es Beschwerden über übermäßigen Müll in der Altstadt und verunreinigte Hauseingänge mangels Toiletten. In diesem Jahr will die Stadt Bonn einen Teil des Problems durch zusätzliche öffentliche Toiletten lösen.

Ein zarter Zweig eines Kirschblütenbaumes vor dem rosaroten Hintergrund der anderen Blüten.
Die wenigen Sonnenstrahlen der ersten Apriltage bringen die Blüten zum LeuchtenBild: Kim-Aileen Sterzel/DW

Die Bonner Kirschblütenbäume altern und sterben: In den Reihen der Blütenalleen gibt es derzeit elf Lücken, die eigentlich von Zierkirschen besetzt sein sollten. Die ungefähre Lebensdauer der Japanischen Blütenbäume liegt bei 30 Jahren. Die Nachpflanzung der aktuell fehlenden Kirschbäume plant die Stadt Bonn für die Pflanzperiode 2022/2023. 

Die Erwartungen an die Saison sind hoch

Die Erinnerungen an die letzten unbeschwerten Kirschblütentage der Jahre 2018/19 sind in weite Ferne gerückt: Bei milden Frühlingstemperaturen ließ man den Tag unter dem Blütenhimmel gemütlich zusammen ausklingen. Dabei konnte schonmal das ein oder andere niederrieselnde Blütenblatt im Bierglas landen. Der Kontrast im darauffolgenden Jahr: Während des ersten Corona-Lockdowns im Jahr 2020 sperrte die Stadt Bonn die blühende Altstadt komplett ab. Wer zu den Blüten wollte, musste einen dementsprechenden Nachweis vorzeigen. Im vergangenen Jahr war ein solcher Nachweis nicht mehr nötig. Allerdings führte das Bonner Ordnungsamt Kontrollen der bestehenden Masken- und Abstandspflicht in der Altstadt durch.

Eine offizielle Maskenpflicht gibt es in diesem Jahr nicht mehr. Jedoch empfiehlt die Stadt Bonn allen Besucherinnen und Besuchern, eine medizinische Maske zu tragen, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Doch daran stören sich die Menschen in der Altstadt nicht: "Es muss jetzt weiter gehen" ist der nostalgische Wunsch nach einem Stückchen der rosaroten Realität, für die man zumindest zehn Tage lang keine Brille aufziehen muss - auch wenn es regnen sollte.