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FIFA-Verfahren gegen Macher der WM 2006

22. März 2016

Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach, Helmut Sandrock, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt - der Weltverband ermittelt gegen die Macher des "Sommermärchens". Es geht um Ungereimtheiten bei der Vergabe der WM 2006.

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Fußball-WM 2006 - Organisationskomitee
Die Spitze des Organisationskommitees der WM 2006: Schmidt, Zwanziger, Beckenbauer, NiersbachBild: picture-alliance/dpa/DB Kunz

Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA hat wegen des Skandals um die WM-Vergabe 2006 ein formelles Verfahren eingeleitet. Wie die FIFA am Dienstag auf ihrer Homepage mitteilte, richten sich die Untersuchungen gegen den zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach und Ex-Generalsekretär Helmut Sandrock. Niersbach war Vizepräsident des Organisationskomitees der WM, Sandrock Turnierdirektor 2006. "Selbstverständlich werde ich in diesem Verfahren in jeder Hinsicht kooperieren und die Untersuchungen der Ethik-Kommission, in deren Arbeit ich uneingeschränktes Vertrauen habe, unterstützen", sagte Niersbach dem Sportinformationsdienst SID: "Es geht, was meine Person betrifft, ausschließlich um einen möglichen Verstoß aus dem Jahr 2015 gegen die Meldepflicht."

Zudem ermitteln die FIFA-Ethiker um ihrem Chef Cornel Borbély gegen OK-Chef Franz Beckenbauer, Ex-DFB-Präsident und OK-Vize Theo Zwanziger, den früheren Generalsekretär und OK-Vize Horst R. Schmidt und den einstigen stellvertretenden Generalsekretär Stefan Hans, der damals Finanzchef des Organisationskomitees war. Zwanziger reagierte empört, will sich sogar gegen die FIFA-Ermittlungen zur Wehr setzen und Borbély sogar "wegen des Verdachts der Befangenheit ablehnen. Ich bin sehr verwundert und weise die Anschuldigungen in aller Deutlichkeit zurück", sagte Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur. "Im Freshfields-Report findet sich keine einzige Stelle, die ein solches Verfahren gegen mich trägt."

Zwanziger greift erneut Niersbach an

Der 70-Jährige erneuerte auch die Vorwürfe gegen seinen Nachfolger und Intimfeind Niersbach. "Jeder, der den Freshfields-Report gelesen hat, weiß, dass ich in dieser Affäre seit 2012 aufklären wollte", meinte er. "Wolfgang Niersbach war von Anfang an dabei, hat keinerlei Aufklärungsschritte vorgenommen und über mehrere Monate im Sommer 2015 sein eigenes Präsidium getäuscht. Und jetzt soll er offenbar mit Samthandschuhen angefasst werden? Da stimmt doch etwas nicht."

Borbély, so die Mitteilung der FIFA, werde "sämtlichen Hinweisen" auf verdächtige Handlungen nachgehen und zu gegebener Zeit seine Erkenntnisse der rechtsprechenden Kammer übermitteln. Bis zur Verkündung eines endgültigen Urteils gelte die Unschuldsvermutung.

Freshfields-Report gibt Hinweise

Nach eingehender Begutachtung des Freshfields-Reports, der am 4. März veröffentlicht worden war, werfen die Ermittler Niersbach und Sandrock vor, der FIFA mögliche Verstöße gegen den Ethikcode des Verbands nicht gemeldet zu haben. Der Freshfields-Report ist das Ergebnis umfangreicher Untersuchungen und Befragungen einer vom DFB selbst mit der Aufarbeitung der Affäre beauftragten gleichnamigen Anwaltskanzlei. Den weiteren Beschuldigten werden "unzulässige Zahlungen" zur Last gelegt, durch die es im Bewerberprozess zu möglichen Vorteilen gekommen sein könnte. Die FIFA teilte zudem mit, dass durchaus weitere Verstöße hinzukommen können, sobald neue Informationen zu Tage treten sollten.

In ihrem mehr als 300-seitigen Report hatten die Freshfields-Ermittler veröffentlicht, dass es zwar Stand jetzt keine Beweise für einen Stimmenkauf vor der Vergabe der WM im Jahr 2000 gebe. Man könne diesen Verdacht gegen die deutschen WM-Bewerber aber auch nicht entkräften.

Die gesamte Affäre und auch der Freshfields-Report sind durchsetzt mit fragwürdigen Vorkommnissen und Geldflüssen. Im Zentrum stehen nach wie vor zwei Zahlungen über 6,7 Millionen Euro. Mit Hilfe des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus überwiesen der OK-Chef Beckenbauer und sein Manager Robert Schwan diese Summe 2002 zunächst über ein Konto in der Schweiz an eine Firma des früheren FIFA-Funktionärs Mohamed bin Hammam in Katar. 2005 zahlte das WM-OK die 6,7 Millionen verschleiert an Louis-Dreyfus zurück. Fraglich ist, welchen Zweck diese 6,7 Millionen hatten.

to/asz (sid, dpa)