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Fluorid in Wasser, Salz und Zahnpasta - gut oder giftig?

6. November 2024

Ist Fluorid gut für die Zähne und bedenkenlos? Oder handelt es sich um pures Gift, das aus Trinkwasser und Zahnpasta entfernt gehört? Diese Fragen spielten auch bei der US-Wahl eine Rolle. Zeit für ein paar Antworten.

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Jodsalzpackung mit Fluorid
In vielen Ländern werden Salz oder auch Zahnpasta mit Fluorid angereichert, in anderen das TrinkwasserBild: Ulrich Zillmann/FotoMedienService/picture alliance

Robert Kennedy Jr. ist der Neffe des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy, Trump-Unterstützer, Impfgegner und möglicherweise nächster US-Gesundheitsminister.

Pläne hat er schon. In einem X-Post verkündete Kennedy, dass mit dem Tag der Vereidigung Trumps die Fluoridierung des Trinkwassers in den USA gestoppt werden soll. Fluorid sei Industrieabfall und für zahlreiche Krankheiten verantwortlich. Darunter Knochenkrebs, neurologische Entwicklungsstörungen und geringere Intelligenzquotienten bei Kindern.

Was ist Fluorid und wo kommt es vor?

Fluorid wird - zumindest im Sprachgebrauch - häufig mit Fluor verwechselt. Fluor ist ein stark ätzendes und giftiges Gas mit durchdringendem Geruch. Durch die Reaktion mit Wasser entsteht Fluorwasserstoffsäure, auch genannt Flusssäure.

Fluoride sind Salze der Fluorwasserstoffsäure. Sie kommen in Form vieler Mineralien in der Natur und auch im menschlichen Körper vor - überwiegend in Knochen und Zahnschmelz, aber auch im Blut und Magensaft. 

Natürliche Fluoridquellen sind Schwarz- und Grüntee, Fisch und Spargel. Fluoride werden in Deutschland Zahnpasten und Speisesalz zugesetzt. In anderen Ländern, darunter den USA, wird das Trinkwasser fluoridiert.

Warum wird Trinkwasser mit Fluorid versetzt?

Fluorid kommt natürlicherweise in geringen Mengen im Wasser vor. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fiel Wissenschaftlern auf, dass höhere Vorkommen natürlichen Fluorids in einigen Gegenden der USA zu weniger Kariesfällen bei Kindern führten. Daraufhin wurde andernorts im Land das Trinkwasser mit Fluorid versetzt, was seitdem gängige Praxis ist.

"Ein gewisser Anteil an Fluorid ist förderlich für die Zahngesundheit", sagt der Toxikologe Carsten Schleh. Fluoride sind nicht lebensnotwendig für den Menschen, sondern dienen der sogenannten Remineralisierung des Zahnschmelzes und senken damit das Risiko für Karies. 

Mittlerweile wird Fluorid in Zahnpasten, Salz oder Trinkwasser weltweit als kosteneffektives Mittel zur Vorbeugung von Karies eingesetzt und von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC als eine der zehn großartigsten Gesundheitsinterventionen des 20. Jahrhunderts gefeiert.

Doch nicht jeder scheint in Feierlaune, wie der Post von Kennedy zeigt. In bestimmten Kreisen ist Fluorid seit Jahren als Gift verschrien, das für zahlreiche Erkrankungen verantwortlich sein soll. 

Wie hart sind Zähne?

Kann Fluorid eine Gefahr für die Gesundheit sein?

Den grundsätzlich schlechten Ruf habe Fluorid zu Unrecht, sagt der Toxikologe Schleh. "Es gilt auch bei Fluorid: Die Dosis macht das Gift." Mit Zahnpasten sei eine Überdosierung nahezu ausgeschlossen. Vor allem deshalb, weil Zahnpasta in der Regel ausgespuckt und nicht heruntergeschluckt wird.

Anders ist das bei fluoridiertem Trinkwasser oder Speisesalz. Laut CDC werden einem Liter Trinkwasser 0,7mg Fluorid zugesetzt. Das entspricht laut deutschem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) der empfohlenen Tagesdosis für ein Kleinkind zwischen dem ersten und vierten Lebensjahr.

Einem erwachsenen Menschen empfiehlt das Institut nicht mehr als 3,8mg Fluorid pro Tag aufzunehmen. Eine Überdosierung kann bei Kindern zu weißen Flecken auf den Zähnen, der sogenannten Fluorose, führen. Bei noch höherer Fluorid-Zufuhr kommt es zu braunen Zahnverfärbungen.

Eine langjährige Überdosierung von 10-25mg pro Tag kann eine Skelettfluorose zur Folge haben und zu Knochenbrüchen und Gelenkveränderungen führen. Eine extrem hohe Fluoridaufnahme zwischen 300 und 600mg pro Tag kann Nierenschäden verursachen.

Macht Fluorid Kinder dümmer?

Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2023 hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Fluoride im Trinkwasser der Hirnentwicklung schaden können. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass die von der CDC als sicher eingestufte Fluoridkonzentration im Trinkwasser tatsächlich negative Auswirkungen auf die Hirnentwicklung und damit auf die Intelligenz von Kindern haben könnte.

Allerdings schreiben die Autorinnen und Autoren auch, dass die Ergebnisse ihrer Analyse durch die unterschiedliche Qualität der untersuchten Studien verzerrt sein können, "mit einer allgemeinen Tendenz zu schwächeren oder gar keinen Assoziationen in den am sorgfältigsten durchgeführten Studien".

In einer anderen Metaanalyse heißt es, dass der IQ wenn überhaupt nur dann sinkt, wenn die Einnahme von Fluorid über den empfohlenen Mengen liegt. Es sei aber aufgrund der vorliegenden Beweise nicht möglich, abschließend zu beurteilen, ob Fluorid irgendeine Form von neurologischer Störung verursache oder nicht.

Sollte das Fluorid ab dem 20. Januar aus dem amerikanischen Trinkwasser verschwinden, werde es keinen Rückgang neurologischer Erkrankungen geben, glaubt Carsten Schleh. Dafür vielleicht wieder mehr Karies bei Kindern und Erwachsenen.

Quellen:

CDC: About Community Water Fluoridation (2024)

Environmental Research: Fluoride exposure and cognitive neurodevelopment: Systematic review and dose-response meta-analysis (2023)

Nature: A systematic review and meta-analysis of the association between fluoride exposure and neurological disorders (2021)

Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV): Verwendung fluoridierter Lebensmittel und die Auswirkung von Fluorid auf die Gesundheit (2002)

 

Julia Vergin
Julia Vergin Teamleiterin in der Wissenschaftsredaktion mit besonderem Interesse für Psychologie und Gesundheit.