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Flüchtlinge in Schiffe und Kasernen?

5. September 2014

Wohin mit den vielen Flüchtlingen? Die Kapazitäten der Wohnheime sind fast erschöpft. In ihrer Not verfallen die deutschen Behörden auf ungewöhnliche Ideen, um die Asylbewerber unterzubringen.

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Wohnschiff für Flüchtlinge in Hamburg (Archivfoto 2006, dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Sebastian Widmann

Je mehr Flüchtlinge in die Bundesrepublik kommen, umso mehr stöhnen die zuständigen Behörden. Da ist Einfallsreichtum gefragt. Die Stadt Duisburg hatte kürzlich schon eine Beherbergung von Flüchtlingen in Zelten vorbereitet. Hamburg schlägt nun vor, Flüchtlinge wieder auf Schiffen unterzubringen. Das erste Wohnschiff solle aller Wahrscheinlichkeit nach im Harburger Binnenhafen im Süden Hamburgs eingerichtet werden, berichtet das "Hamburger Abendblatt". Insgesamt habe die Hafenverwaltung dafür fünf Standorte ausgewählt. Rund 2.600 Flüchtlinge könnten hier ein Obdach finden.

Bereits in den 90er Jahren hatte Hamburg am Elbufer in Altona Flüchtlingsschiffe zur Unterbringung genutzt. 2.300 Menschen wurden damals auf Schiffen einquartiert. Auch die zentrale Erstaufnahmestelle war ein Schiff. Allerdings sorgte die Unterbringung wegen zahlreicher Straftaten und den zum Teil unzumutbaren Verhältnissen immer wieder für unerfreuliche Schlagzeilen.

Kasernen für Asylbewerber

Derweil schlagen die SPD-Fraktionen aus Bund und Ländern vor, alte Bundeswehrkasernen als Notunterkünfte zu nutzen. "Ich fände es durchaus angezeigt, jetzt zu prüfen, ob der Bund alte Kasernen oder Liegenschaften hat, die geeignet sind, Flüchtlinge unterzubringen", sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, nach einem Treffen der SPD-Fraktionen aus Bund und Ländern in Montabaur. Er forderte zudem den Bundesrat auf, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wie zuvor schon der Bundestag als sichere Herkunftsländer einzustufen. Die Grünen lehnen dies ab.

Ehemalige Kaserne in Brandenburg für Flüchtlinge in Doberlug-Kirchhain 2014
Diese leerstehende Kaserne in Brandenburg könnte schon bald Flüchtlinge beherbergenBild: picture-alliance/dpa/Patrick Pleul

Auch die Hauptstadt greift angesichts des Flüchtlingszustroms zu ungewöhnlichen Mitteln. Noch am Wochenende will Berlin zwei leerstehende Schulgebäude im Stadtteil Wedding als Notunterkünfte bereitstellen. Das habe der Senat verfügt, bestätigte der Chef der Arbeiterwohlfahrt Berlin-Mitte, Manfred Nowak. Alle acht Flüchtlingsheime der AWO seien überbelegt. Nach der Schließung der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber am Mittwoch habe sich die Situation noch verschärft. Viele Flüchtlinge müssen in Speisesälen und Büroräumen der Heime untergebracht werden.

Liegenschaften vom Bund?

Der Bund ist nach den Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere unter bestimmten Bedingungen bereit, für die wachsende Zahl an Flüchtlingen Liegenschaften zur Verfügung zu stellen. Der CDU-Politiker bekräftigte aber zugleich, dass die Bundesländer für die Kosten der Unterbringung zuständig seien. Die Zahl von 200.000 Schutzsuchenden in diesem Jahr sei aber nicht neu. "Ich habe sie frühzeitig angekündigt, alle Länder hatten Zeit, sich darauf einzustellen", sagte de Maiziere.

Der Bundesinnenminister hofft im Streit um sichere Herkunftsstaaten auf eine baldige Einigung mit den Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung. Bund, Länder und Kommunen stünden vor "gewaltigen Herausforderungen" durch die hohe Zahl von Asylbewerbern, sagte de Maizière nach einer Konferenz der Unions-Innenminister in Weimar. "Jeder, der kommt, hat Anspruch auf ein Verfahren. Das wird auch so bleiben."

Sichere Herkunftsländer

In den Balkanländern Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina gebe es keine politische Verfolgung, sagte de Maizière. Diese Länder möchte die Bundesregierung zu sogenannten sicheren Herkunftsländern erklären. Asylbewerber von dort könnten dann schneller abgewiesen werden. Der Sprecher der unions-geführten Bundesländer, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier, betonte, dies sei "ein wichtiger Baustein, um den Menschen helfen zu können, die tatsächlich verfolgt werden und unserer Hilfe tatsächlich bedürfen".

Der Bundestag hat die Reform bereits verabschiedet. Im Bundesrat gibt es aber gibt es wegen Widerstands der Grünen keine Mehrheit dafür. Die Opposition im Bundestag hatte die Pläne der Regierung kritisiert, da in den Balkan-Ländern insbesondere Roma und Homosexuelle verfolgt würden. 2013 stammte fast ein Fünftel der in Deutschland gestellten Anträge von Menschen aus diesen Ländern. Die überwiegende Mehrheit wird als unbegründet abgelehnt.

kle/sosa (epd, dpa, kna)