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Flüchtlingshilfe à la Saudi-Arabien

Kersten Knipp28. August 2015

Saudi-Arabien gehört zu den weltweit größten Geberstaaten bei der Flüchtlingshilfe. Doch Asyl gewährt das Land bedrängten Menschen nicht. Die Gründe liegen in der politischen Ausrichtung des konservativen Landes.

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Das Flüchtlingslager Al-Zaatri in Jordanien, 04.06.2013 (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Mitte August meldete die in Dschidda ansässige Zeitung "Arab News" Erfreuliches: Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen habe sich bei Saudi-Arabien bedankt – für die Unterstützung, die das Königreich den Insassen des jordanischen Flüchtlingslagers Al-Zaatri habe zukommen lassen. Die "Nationale Kampagne zur Unterstützung syrischer Flüchtlinge" hatte 70.000 Kilo Datteln gesammelt und in dem Lager verteilen lassen. Auch Hovig Etyemezian, der Leiter des Lagers, habe sich anerkennend über die "erhebliche Großzügigkeit" der Kampagne geäußert. Außerdem lobte er auch die übrigen saudischen Programme, die dazu beitrügen, die Lebensbedingungen der Flüchtlinge zu verbessern.

Die Spendenbereitschaft Saudi-Arabiens reicht zurück in die Zeiten des Staatsgründers Abdul Aziz bin Abdul Rahman Al Saud (1880 – 1953). Er hatte auch die ersten humanitären Einrichtungen des jungen Staats ins Leben gerufen: "einen durchgängigen islamischen Ansatz, der sich auf das Buch Allahs bezieht" und dazu diene, "Islam und Muslime" zu unterstützen, wie die Zeitung "Al Riad" im Frühjahr dieses Jahres noch einmal in Erinnerung rief.

Syrische Mutter mit ihren Kindern in Majdal Anjar (Libanon), 2014 (Foto: DW)
In Saudi-Arabien unerwünscht: syrische FlüchtlingeBild: DW/K. Zein-Eddi

Dem religiösen Charakter der Stiftung entsprechend, tut sie dies auch anlässlich der großen muslimischen Feiertage. So ließ sie während des Ramadans an syrische Flüchtlinge in der libanesischen Stadt Sidon Mahlzeiten im Wert von über 3 Millionen US-Dollar verteilen, mit denen die Syrer das Fastenbrechen feiern konnten.

Einer der größten Geberstaaten

Jenseits dieser eher symbolischen und darum von der Öffentlichkeit besonders aufmerksam registrierten Aktionen unterstützt Saudi Arabien die Flüchtlinge mit weit darüber hinausgehenden Mitteln. So beteiligte sich das Königreich an der Geberkonferenz der Golfstaaten im Januar 2013 in Kuwait-Stadt, bei der über 910 Millionen US-Dollar an Spenden eingesammelt wurden. Der Löwenanteil kam mit 325 Millionen US-Dollar aus Kuwait. Saudi-Arabien stellte 213 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Auch an der zweiten Geberkonferenz im Mai 2014 beteiligte sich das Land noch einmal mit knapp 18 Millionen US-Dollar.

Die Summe wuchs im Jahr 2014 noch einmal kräftig an. Saudi Arabien spendete 755 Millionen US-Dollar – nicht nur für syrische Flüchtlinge, sondern für humanitäre Belange auch in anderen Ländern. Nach Angaben des von internationalen Entwicklungsorganisationen getragenen Programms "Global Humanitarian Assistance" ist Saudi-Arabien damit das sechstgrößte Geberland weltweit.

Flüchtlinge müssen draußen bleiben

Allerdings hat Saudi-Arabien bis heute nicht einen syrischen Flüchtling aufgenommen. Stattdessen zieht das Land es vor, dass die Menschen den gefährlichen Weg nach Europa antreten. Diese Entscheidung hatte die Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" bereits im vergangenen Herbst kritisiert. "Das völlige Fehlen von Umsiedlungsangeboten seitens der Golfstaaten ist besonders beschämend", schreibt Amnesty. "Sprachliche und religiöse Bindungen sollten die Golfstaaten an die Spitze derer setzen, die den vor Verfolgung und Kriegsverbrechen fliehenden Syrern Schutz anbieten."

Karte Saudi Arabien (Grafik: DW)
Bild: DW

Die meisten Golfstaaten haben einen hohen Anteil an Nicht-Saudis. Von den 29 Millionen Einwohnern Saudi-Arabiens sind sechs Millionen legal im Land lebende Ausländer – überwiegend Arbeitsmigranten aus Asien und den übrigen islamischen Ländern. In Kuwait beträgt der Ausländeranteil 60 Prozent, in Katar sind es über 90 Prozent, in den Vereinigten Arabischen Emiraten rund 80 Prozent. Die Aufnahme von Flüchtlingen würde diese Zahl weiter erhöhen. Die Sorge davor ist offenbar größer als die Bereitschaft, Syrern und Irakern Zuflucht zu gewähren.

Dies umso mehr, als es für die Behörden schwer würde, Asylanten des Landes zu verweisen. Arbeitsmigranten können sie nach Hause schicken. Das haben die saudischen Behörden bereits auch getan – zuletzt im Jahr 2014. Damals soll das Land Agenturberichten zufolge 370.000 Menschen ausgewiesen haben. Damit wollte es Jobs für saudische Bürger schaffen.

Würde das Königreich auch Flüchtlinge ausweisen, brächte dies erhebliche ethische Probleme mit sich. Darum, so offenbar das Kalkül, lässt es sie gar nicht erst ins Land.

Ungeliebter Arabischer Frühling

Hinzu kommt, dass die nun heimatlosen Syrer im Kontext eines Aufstands fliehen mussten, der dem saudischen Königshaus von Anfang an suspekt war. Der ehemals so genannte "Arabische Frühling" des Jahres 2011 wurde von den konservativen Staatschefs in Riad nicht unterstützt. Als ähnliche Forderungen - soziale Gerechtigkeit, politische und kulturelle Freiheiten, eine rechtsstaatliche Ordnung - auch in Saudi-Arabien artikuliert wurden, erhöhte das Königreich die Sozialleistungen und schaffte es auf diese Weise, die aufbegehrenden Bürger zu besänftigen.

Moschee in Medina Saudi-Arabien, 02.11. 2012 (AFP : Getty Images)
Saudi-Arabien ist Zentrum eines besonders konservativen IslamBild: Mahmud Hams/AFP/Getty Images

Mit den syrischen Flüchtlingen kämen nun wohl auch Menschen ins Land, die für diese Werte weiterhin einstehen. Sie würden die saudische Ordnung empfindlich stören. Auch würden ihre religiös womöglich liberaleren Einstellungen mit dem Wahabismus, der ultrakonservativen Staatsreligion des Landes, kollidieren. Dies dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass Saudi-Arabien keine Flüchtlinge aufnehmen will.

Auch in Deutschland wird diese Politik des Königreichs kritisiert: Das "Handelsblatt" etwa wirft Saudi-Arabien vor, es entziehe sich seiner Verantwortung. "Dabei wären doch gerade Saudi-Arabien und die superreichen Golfstaaten als unmittelbare Anrainer der Kriegsgebiete in der moralischen Pflicht, den gepeinigten Flüchtlingen in ihrer Region viel mehr zu helfen."