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Flüchtlingsjunge in Kobane beerdigt

4. September 2015

Das Foto des toten Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi hat die Welt erschüttert. Jetzt wurden der Dreijährige, sein fünfjähriger Bruder und seine Mutter im syrischen Kobane beigesetzt.

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Bild: Getty Images/AFP/Stringer

Abdullah Kurdi hat das Unglück als einziges Familienmitglied überlebt. Nun trägt der Vater des dreijährigen Aylan, dessen Leiche am Strand des türkischen Bodrum angspült worden war, seine Familie in ihrer Heimatstadt Kobane im Norden Syriens zu Grabe. Bilder zeigten, wie der Vater den in ein weißes Tuch gehüllten Leichnam des kleinen Jungen in den Armen hält.

Auch Aylans ebenfalls ums Leben gekommener fünf Jahre alter Bruder Galip und seine Mutter Rehan seien beerdigt worden, sagte Kurden-Sprecher Idriss Nassan. Trauernde Einwohner Kobanes beteten am Grab für die Opfer und gaben ihnen das letzte Geleit.

Hoffnung auf mehr Hilfe für Flüchtlinge

Der leblose Körper von Aylan war am Mittwoch an einem Strand im türkischen Bodrum angespült worden. Der Junge gehörte einer Gruppe von Flüchtlingen an, die per Boot die griechische Insel Kos erreichen wollte. Das Foto des toten Kindes löste international Bestürzung aus.

Augenzeugen der Bestattung berichteten, der Familienvater habe geweint und die Särge geküsst, in denen die Leichname nach Kobane gebracht worden waren. "Ich hoffe, dass meine Geschichte die Menschen dazu bringt, den Flüchtlingen mehr zu helfen", sagte er dem kurdischen TV-Kanal Rudaw.

Dem Sender zufolge verweigerte die Türkei zahlreichen Begleitern des Trauerzugs den Übertritt über die Grenze nach Syrien. Dabei habe es sich um Kurden aus Kobane gehandelt, die jetzt in der Türkei lebten. "Welche Sünde haben Kinder wie er (Aylan) begangen, dass sie so sterben müssen", sagte einer von ihnen Rudaw. "Diese Kinder hätten ein normales Leben führen und zur Schule gehen sollen."

Keine Fluchtpläne mehr

Aylans Vater hatte der türkischen Nachrichtenagentur Dogan am Donnerstag erklärt, das Schlauchboot sei auf dem Weg zur griechischen Insel Kos plötzlich umgestürzt, weil einige Insassen aufgestanden seien. "Meine Kinder rutschten mir aus den Händen", berichtete er. "Es war dunkel, und alle schrien. Deshalb haben meine Frau und meine Kinder meine Stimme nicht gehört."

Die Familie war im vergangenen Jahr vor der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" aus Kobane in die Türkei geflohen. Eine in Vancouver lebende Tante des Jungen sagte der Tageszeitung "Ottawa Citizen", Ziel der Familie sei Kanada gewesen. Abdullah Kurdi erklärte nun, Kanada habe ihm die Staatsbürgerschaft angeboten. Er habe abgelehnt. "Er wollte wegen seiner Kinder nach Europa", sagte Suleiman Kurdi, ein Onkel des trauernden Vaters. "Jetzt wo sie tot sind, möchte er bei ihnen in Kobane bleiben."

Québec will mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen

Die kanadische Provinz Québec hat sich derweil zur Aufnahme hunderter oder sogar tausender syrischer Flüchtlinge bereit erklärt. "Es ist tragisch, dass wir das Foto eines toten Kindes brauchen, um unser Gewissen wach zu rütteln", erklärte der Premierminister von Québec, Philippe Couillard. "Für ihn ist es zu spät, aber (...) wir haben noch Zeit, für die anderen zu handeln und ihnen die Hand zu reichen, wie wir in Québec es oft und immer wieder getan haben und wie wir es auch dieses Mal tun müssen", erklärte Couillard in Anspielung auf Kanadas Aufnahme von tausenden vietnamesischen Bootsflüchtlingen in den 70er Jahren. Seine Provinz könne "hunderte, sogar tausende" syrische Flüchtlinge aufnehmen.

cr/wl (afp, rtr)