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"Armselige Heuchelei und kalte Missachtung"

Esther Felden / Thomas Latschan18. Mai 2015

Die Flüchtlingskrise in Südostasien wird in den Zeitungen Indonesiens, Malaysias und Thailands heiß diskutiert. Mit ihren eigenen Regierungen gehen die Kommentatoren dabei hart ins Gericht. Eine Presseschau.

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Rohingyas in Indonesien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Beawiharta

Jakarta Globe: "Die ASEAN muss in der Rohingya-Krise zusammenarbeiten!"

Die vergangene Woche war eine beschämende für jeden, der sich selbst als Bewohner der südostasiatischen Staatengemeinschaft sieht, einer Gruppe, mit der sich unsere Regierungen, Unternehmen und Bevölkerungen sonst immer so brüsten. Tausende Flüchtlinge, vor allem ethnische Rohingya aus Myanmar und Bangladesch stecken in überfüllten Booten in der Andamanensee fest, weil sie der Verfolgung in ihren Heimatländern entfliehen - nur um von der Marine Thailands, Malaysias und Indonesiens wieder zurück ins Meer gedrängt zu werden. Dabei müssten vor allem die beiden letztgenannten mehrheitlich muslimischen Länder deutlich mehr Mitgefühl gegenüber dem Leid dieser unterdrückten Gruppe besitzen.

Als die australische Regierung im Jahr 2013 eine ähnliche "Stop the boats"-Strategie für Flüchtlinge umsetzte, brachen in Indonesien Krawalle aus. Jetzt zeigt die Regierung in Jakarta in armseliger Heuchelei ihre kalte Missachtung für die Leben tausender Menschen, die sich in einer wohl noch verzweifelteren Situation als die Flüchtlinge damals befinden. Thailand, Malaysia und Indonesien können damit argumentieren, dass sie die Flüchtlingskrise nicht verursacht haben. Doch solange sie weiter beharrlich schweigen, während die Regierung in Myanmar die Rohingya systematisch diskriminiert - was die Behörden dort nicht wahrhaben wollen - so lange trägt die ASEAN eine Mitschuld für das Leiden, dass die Menschen dort erfahren.

Die Nichteinmischung in die Innenpolitik anderer Mitgliedstaaten ist ein Grundpfeiler der ASEAN-Charta. Aber wenn derartige Probleme auch andere Staaten betreffen, dann ist es höchste Zeit, dass alle Beteiligten sich zusammensetzen, um effektive Maßnahmen zu erarbeiten mit dem Ziel einer langfristigen Lösung. Die ASEAN hat eine schnelle Reaktion auf die Krise vermasselt. Aber es ist noch immer nicht zu spät, Wiedergutmachung zu leisten, indem man das Problem geradeheraus angeht, anstatt es einfach aufs Meer hinauszuschieben.

Thailand schleppt Flüchtlingsschiff auf das offene Meer zurück (Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/Afp/C. Archambault

Jakarta Post: "Ein Notfall für die ASEAN"

Tausende sind an den Küsten von Aceh und Langkawi gestrandet, nachdem Schleuser sie Ende April einfach ihrem Schicksal überlassen hatten. Einige wurden gerettet. Doch den Schiffen, die für seetüchtig befunden wurden, wurde die Aufnahme durch Thailand, Malaysia und Indonesien verwehrt. Den Passagieren gab man Nahrung, Wasser und Milch für die Kinder. In dieser jüngsten Flüchtlingswelle aus Myanmar und Bangladesch will jeder einfach nur "die Boote ins Meer zurückdrängen", so wie Australiens Premierminister Tony Abbott. Dabei geht es gar nicht darum, dass Malaysia und Indonesien die UN-Flüchtlingskonvention von 1951 nicht unterzeichnet haben. Vielmehr geht es darum, dass in der ASEAN im Gegensatz zu Australien das Bekenntnis zu einer "Gesellschaft, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt", gilt. Dies wurde beim letzten Gipfeltreffen nochmals bekräftigt - ausgerechnet auf Langkawi.

Indonesien und Malaysia haben einigen Rohingya zeitweise Unterkunft gewährt, gemeinsam mit anderen Flüchtlingen. Aber wie ein Rohingya dieser Zeitung gegenüber erklärte: "Es gibt für uns keine Zukunft, wenn wir immer nur Almosen bekommen." Asylverfahren dauern grundsätzlich sehr lange, und sie werden begleitet vom Unwillen der Länder, Flüchtlinge aufzunehmen. Lokale Regierungen und einfache Menschen sind zwar voller Enthusiasmus bereit, den Gestrandeten Soforthilfe zu leisten. Doch wenn es darum geht, sie dauerhaft anzusiedeln, dann sagen viele Indonesier: "Schaut uns nicht an! Wir können uns doch nicht einmal um unsere eigenen Armen kümmern!"

Die ASEAN sollte jetzt unverzüglich ihre Ressourcen zusammenlegen, um mit ihrer Erfahrung im Katastrophenmanagement und mit der Unterstützung der Internationalen Gemeinschaft geeignete Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge zu schaffen.

Rohingya-Flüchtlinge sitzen dicht gedrängt an Bord eines Schiffes (Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/Afp/C. Archambault

Malaysian Insider: "Das Dilemma der Nicht-Einmischung bei der ASEAN"

Die Rohingya-Krise ist nicht neu. Seit Jahrzehnten schaut die ASEAN weg, wenn es um das Schicksal der Rohingya, einer der am meisten gefährdeten Minderheiten der Welt, geht. Die jetzige Situation ist ein echter Test für die Mitgliedsstaaten, wie ernst sie ihr Bekenntnis nehmen, regional zusammenzuarbeiten und die in der Asiatischen Menschenrechtserklärung festgeschriebenen Menschenrechte zu beschützen.

Auch wenn Myanmar an erster Stelle verantwortlich ist für den Zustrom von Flüchtlingen, ist es an der ASEAN, einzugreifen und ihr Nichteinmischungsprinzip hinter sich zu lassen, um Frieden und Stabilität in der Region zu wahren. Ein Nichtstun in dieser Angelegenheit könnte am Ende das Ziel der ASEAN, der Region langfristig friedlichen wirtschaftlichen Fortschritt zu bringen, gefährden.

Gruppenfoto der ASEAN-Außenminister (Foto: MOHD RASFAN/AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images/M. Rasfan

The Bangkok Post:"Myanmar in der Schusslinie"

Für diese Krise gibt es keine einfache Lösung. Myanmar stellt auf der einen Seite den größten Teil des Problems dar und ist auf der anderen Seite auch der Schlüssel für eine dauerhafte Lösung.

Zu der von Thailand für den 29. Mai geplanten Konferenz wird Myanmar keinen Vertreter entsenden. Einmal mehr versucht das Land also nicht nur, die hausgemachten Probleme wegzuwischen. Vielmehr geht das Land in die Offensive und attackiert Kritiker für deren Vorwürfe, zehntausende Menschenleben aufs Spiel zu setzen. Schlimmer noch: Myanmar stellt sich selbst als Opfer dar, und solange das Land bei dieser Position bleibt, kann das Treffen am 29. Mai nicht zu einem guten Ergebnis kommen.