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Formel 1: Strafe für Max Verstappen wegen Fluchens

20. September 2024

Weil der Formel-1-Weltmeister das "F-Wort" benutzt, muss er Sozialstunden ableisten. FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem will die Sprache in der Formel 1 ändern, sorgt mit seiner Wortwahl aber selbst für Kritik.

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Max Verstappen beim Training zum Grand Prix in Singapur in seinem Red Bull
Max Verstappen muss Sozialstunden ableisten, hält das Verbot vulgärer Sprache in der Formel 1 aber für übertriebenBild: Xavi Bonilla/DPPI media/picture alliance

Weil er in der Pressekonferenz am Donnerstag das Wort "fucked" verwendet hatte, muss Formel-1-Weltmeister Max Verstappen eine "Arbeit von öffentlichem Interesse" verrichten. Zwar habe er keine Personen beschimpft, sondern vor dem Großen Preis von Singapur die Leistungsfähigkeit seines Autos beschrieben, ließ  der Automobil-Weltverband FIA wissen und schritt trotzdem ein.

Verstappen habe eine Sprache verwendet, "die allgemein als grob, unhöflich oder anstößig gilt". Diese sei "nicht für die Übertragung geeignet" und ein "Verstoß gegen Artikel 20 und Artikel 12.2.1.k. des Internationalen Sport Codes". Er muss nun einige Sozialstunden ableisten. Das entschieden die Stewards der Formel 1 in Singapur.

FIA-Präsident Ben Sulayem: "Wir sind keine Rapper"

Verstappen habe sich für seine Aussagen entschuldigt, so die FIA. Seine Argumentation, dass Englisch nicht seine Muttersprache und der Begriff nicht beleidigend gemeint gewesen sei, sei nur bedingt schlüssig. Denn er müsse sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein, wenn er öffentlich auftrete und ganz besonders, wenn kein Druck auf ihm laste. 

FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem
Mohammed Ben Sulayem aus Dubai war früher Rallyefahrer und ist seit 2021 FIA-PräsidentBild: David Davies/empics/picture alliance

FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem hatte zuletzt noch in einem Interview betont, ihm sei die Sprache in der Formel 1 oft zu vulgär. Dass Schimpfworte bei den Übertragungen bereits mit einem Piepton überblendet würden, reiche nicht aus. Das ominöse "F-Wort" und andere nicht jugendfreie Aussagen hätten im Sport nichts zu suchen, sagte der FIA-Chef bei autosport.com und fügte hinzu: "Wir sind keine Rapper. Die sagen das F-Wort wie oft pro Minute? Wir sind da nicht dabei."

Lewis Hamilton: "Rassistisches Element"

Es dauerte nicht lange, bis Ben Sulayem selbst schlechter und diskriminierender Sprachgebrauch vorgeworfen wurde. Die Kritik kam von Lewis Hamilton, dem siebenfachen Weltmeister und der einzigen Person of Colour im Fahrerfeld. Ben Sulayem sei zwar im Kern in Ordnung, so der Brite, aber "mir gefällt nicht, wie er es ausgedrückt hat. 'Rapper' zu sagen ist sehr stereotyp. Denn die meisten Rapper sind schwarz." In den Worten des FIA-Bosses schwinge daher "ein rassistisches Element mit", fügte Hamilton hinzu.

Lewis Hamilton mit weit offenem Hemd und Jeansweste vor dem Training in Singapur
Mercedes-Pilot Lewis Hamilton findet den Sprachgebrauch des FIA-Präsidenten nicht gutBild: Vincent Thian/AP/dpa/picture alliance

Auch Verstappen hatte sich nach Ben Sulayems Interview kritisch geäußert und das Ganze als Kinderkram und kleinkariert abgetan. Er werde sich nicht den Mund verbieten lassen. "Wie alt sind wir? Fünf? Sechs?", fragte der Red-Bull-Pilot: "Selbst wenn ein Fünf- oder Sechsjähriger zuschaut, werden sie irgendwann trotzdem fluchen, wenn sie erwachsen sind."

Man müsse berücksichtigen, dass die Arbeit im Formel-1-Cockpit sehr stressig sei und man manchmal ein Ventil brauche. "Jeder flucht", sagte der Niederländer. "Ich glaube, viele Leute sagen in anderen Sportarten viele schlimme Dinge, wenn sie voller Adrenalin sind."

Mehr "Zensur" bei Boxenfunk und auf Netflix?

Der Vorstoß Ben Sulayems könnte auch bei den Organisatoren der Formel 1 für ein Umdenken sorgen. Die Rennserie hat in den vergangenen auch deswegen einen Boom erlebt, weil Fahrer und Teams von der Netflix-Serie "Drive to survive" eng begleitet werden. Sie sind im Grunde ständig unter Beobachtung und (fast) jedes Wort wird mitgeschnitten. Die Serie hat dafür gesorgt, dass die Formel 1 in den USA eine viel größere Aufmerksamkeit bekommt als früher und es dort jetzt mehr Rennen - zum Beispiel in Las Vegas - und mehr Fans gibt.

Dabei haben die Macher der Doku-Serie oft auch auf die vulgäre Sprache der Protagonisten gesetzt und sie in den Vordergrund gestellt. Der nur 1,61 Meter große Japaner Yuki Tsunoda erlangte mit seinen regelrechten "Fluch-Arien" eine hohe Reichweite und große Beliebtheit. Der ehemalige Haas-Teamchef Günter Steiner, unter anderem Vorgesetzter von Ex-Formel-1-Fahrer Mick Schumacher, wurde ebenfalls dank seiner regelmäßigen Flüche zur Kultfigur. Legendär ist sein Ausspruch aus der ersten Staffel der Serie, als er nach einem verpatzten Rennen sagte: "We look like a bunch of fucking wankers!" ("Wir sehen aus wie ein Haufen verdammter Wichser!")

Haas-Teamchef Günther Steiner 2023
Weil der Südtiroler Günter Steiner bei "Drive to survive" kein Blatt vor den Mund nahm, wurde er zur KultfigurBild: Ulises Cuevas/ATP photo agency/picture alliance

Auch während der Live-Übertragungen werden immer wieder Ausschnitte aus dem Boxenfunk abgespielt, oft wenn sich ein Fahrer gegenüber seiner Boxencrew über einen Kontrahenten beschwert. So benutzte Verstappens Teamkollege Sergio Perez beim letzten Rennen in Baku gleich mehrfach das "F-Wort", nachdem er anderthalb Runden vor Ende mit Ferrari-Pilot Carlos Sainz kollidiert war und beide ausschieden.

"Wahrscheinlich auch zu Unterhaltungszwecken werden diese Dinge verbreitet", stellte Verstappen daher treffend fest. Die Lösung sei einfach: Man solle den Boxenfunk gar nicht erst ausspielen, dann würde sich niemand an dessen Inhalt stören - oder man müsse eben akzeptieren, dass nicht alle Aussagen blumigen Inhalt hätten. Oder die meisten Formel-1-Fahrer werden demnächst einen noch engeren Zeitplan haben, weil sie ständig öffentlichkeitswirksam Sozialstunden ableisten müssen.