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Politik

Ex-Bundestagspräsident Jenninger gestorben

5. Januar 2018

Der Christdemokrat galt als verdienter Politiker - bis er 1988 im Bundestag eine Rede zur Pogromnacht hielt. Die Welle der Kritik daran riss Jenninger aus dem Präsidentenamt.

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Philipp Jenninger, früherer Bundestagspräsident
Bild: picture-alliance/dpa/M. Gerten

Der frühere Bundestagspräsident Philipp Jenninger (CDU) ist tot. Er starb nach einer Mitteilung des Bundestags am Donnerstag im Alter von 85 Jahren. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, Jenninger habe die deutsche Politik über viele Jahre in herausgehobenen Positionen maßgeblich mitbestimmt. "Ich habe Philipp Jenninger, mit dem ich eng, freundschaftlich und vertrauensvoll zusammengearbeitet habe, dabei als einen leidenschaftlichen Abgeordneten erlebt und ihn als überzeugten Demokraten sehr geschätzt."

Diktion und Vokabular der Nazipropaganda benutzt

Jenninger gehörte dem Bundestag von 1969 bis 1990 an. Von 1984 bis 1988 war er dessen Präsident. Seine missverständlich formulierte Gedenkrede zur anti-jüdischen Pogromnacht vom November 1938 löste national und international eine Welle der Empörung aus. 

Die am 10. November 1988 gehaltene Rede, mit der Jenninger die Weltsicht und das politische Klima während des Nationalsozialismus nachvollziehbar machen wollte, wurde von großen Teilen der Öffentlichkeit als "missglücktes Gedenken" angesehen. Jenninger machte in der Rede häufig von den Stilmitteln der direkten und der erlebten Rede Gebrauch und benutzte teilweise Diktion und Vokabular der Nazipropaganda, um die damals verbreiteten Denkmuster zu illustrieren. Abgeordnete von Grünen, SPD und FDP verließen noch während der Rede aus Protest den Plenarsaal. Das mediale Echo in Deutschland, bei dem es zu falschen Zitaten und unzulässigen Verkürzungen kam, war verheerend. Unter diesem Eindruck trat Jenninger bereits am darauffolgenden Tag vom Amt des Bundestagspräsidenten zurück.

Philipp Jenninger, früherer Bundestagspräsident, nach seiner Rede am 10. November 1988 zur Pogromnacht (Foto: picture-alliance/dpa/M. Athenstädt)
Jenninger nach seiner Rede am 10. November 1988 zur Pogromnacht - neben ihm die sichtlich erschütterte jüdische Schauspielerin Ida EhreBild: picture-alliance/dpa/M. Athenstädt

Schäuble bezeichnete die Rede nun als "schmerzhaftes Missverständnis". Dass Jenninger für sich politische Konsequenzen gezogen habe, "zeigte sein großes Verantwortungsgefühl". Der Respekt für ihn und seine hohe Integrität sei nicht zuletzt in der Übertragung wichtiger diplomatischer Aufgaben zum Ausdruck gekommen, betonte Schäuble. Jenninger war unter anderem von 1995 bis zu seiner Pensionierung 1997 deutscher Botschafter im Vatikan. 

sti/gri (afp, dpa, kna)