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Vier Jahre Haft für SS-Mann Gröning

15. Juli 2015

Im Lüneburger Auschwitz-Prozess ist der frühere SS-Mann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verurteilt worden. Das Gericht ging damit über das von der Anklage geforderte Strafmaß hinaus.

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Oskar Gröning bei der Urteilsverkündung in Lüneburg (Foto: dpa/picture alliance)
Bild: Reuters/A. Heimken

Ob der gesundheitlich angeschlagene 94-Jährige die Strafe antreten muss, ist allerdings noch unklar. Das muss die Staatsanwaltschaft prüfen, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Gröning soll im Frühjahr 1944 Spuren der Massentötung an ungarischen Juden verwischt haben, indem er half, an der Bahnrampe des nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau Gepäck der dorthin verschleppten Menschen wegzuschaffen. Gröning arbeitete damals in der sogenannten Abteilung für Häftlingsgeldverwaltung und leitete in dieser Funktion auch das den Opfern abgenommene Bargeld nach Berlin weiter.

"Mitschuldig am Holocaust"

Der Vorsitzende Richter Franz Kompisch sagte bei seiner Urteilsbegründung, es sei die eigene Entscheidung des Angeklagten gewesen, in Auschwitz Dienst zu tun. "Sicherlich aus der Zeit heraus bedingt, aber nicht unfrei". Weiter führte er aus: "In Auschwitz durfte man nicht mitmachen." Es habe sich um "eine insgesamt auf die Tötung von Menschen ausgerichtete Maschinerie" gehandelt. Die Vorgänge in Auschwitz seien damals wie heute "nach allen menschlichen Maßstäben als verboten, unmenschlich und beinahe unerträglich für die menschliche Psyche" einzustufen.

Die Verteidiger hatten in dem auch international viel beachteten Verfahren den Freispruch ihres Mandanten verlangt, weil Gröning den Holocaust im strafrechtlichen Sinne nicht gefördert habe. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren für den früheren "Buchhalter von Auschwitz" gefordert. Davon könnten aus ihrer Sicht wegen Verfahrensverzögerung bis zu 22 Monate als bereits verbüßt gelten.

Nebenkläger einverstanden mit Urteil

Die Nebenkläger im Lüneburger Auschwitz-Prozess zeigten sich nach dem Urteil zufrieden. "Es erfüllt uns mit Genugtuung, dass nunmehr auch die Täter Zeit ihres Lebens nicht vor einer Strafverfolgung sicher sein können", heißt es in einer Erklärung von Anwalt Thomas Walther, der mit einem Kollegen viele der über 70 Nebenkläger, zumeist Überlebende von Auschwitz, vertritt. Erstmals habe sich in einem Prozess wegen NS-Verbrechen ein Angeklagter zu seiner Schuld bekannt.

Gröning hatte im Laufe des Prozesses ausführlich über seine Dienstzeit in Auschwitz berichtet und betont, er fühle sich "moralisch mitschuldig" am Holocaust. Ein Bekenntnis zu einer strafrechtlichen Schuld vermied er aber ausdrücklich, ebenso wie eine Bitte um Vergebung. Dies stehe ihm nicht zu, sagte er. Von Seiten der Nebenkläger, von denen etliche persönlich und teils von weit her zum Prozess nach Lüneburg gereist waren, wurden die Äußerungen des Angeklagten als enttäuschend und unzureichend bezeichnet.

Der Prozess gegen den 94-jährigen Gröning wird vermutlich einer der letzten zu den Gräueltaten im Konzentrationslager Auschwitz gewesen sein. 70 Jahre sind seit dem Kriegsende und dem Ende der NS-Herrschaft vergangen. Viele andere Beschuldigte sind verstorben oder verhandlungsunfähig.

qu/rb ( dpa, epd, APE,epd)