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Frankreich will "einen großen Kampf liefern"

Joscha Weber, z.Zt. Rio de Janeiro4. Juli 2014

Die dunklen Tage liegen hinter den Blauen. Frankreichs Mannschaft spielt wieder stark und wie eine Einheit. Sie wird getragen von einer neuen Euphorie, die sie nun auch zum Sieg gegen Deutschland führen soll.

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Bild: Franck Fife/AFP/Getty Images

Seine Antwort kommt ohne eine Sekunde Zögern. Gefragt danach, was der wichtigste Moment in der Entwicklung seiner Mannschaft in den letzten zwei Jahren war, antwortet Didier Deschamps knapp: "Der 19.November." Es war ein historischer Tag für Fußballfrankreich, ein Tag wie eine Zeitenwende. Rückblick in die Zeit davor: Frankreich hatte sich schmachvoll als zerstrittener Haufen von der WM 2010 verabschiedet, die EM 2012 endete im Viertelfinale und die Qualifikation für die WM 2014 drohte zu scheitern. "Les Bleus" standen in den Playoffs nach einem 0:2 in der Ukraine mit dem Rücken zur Wand, die Fans waren erbost, der Trainer in der Kritik.

Dann kam der 19. November. Frankreich spielte furios, gewann das Rückspiel gegen die Ukraine mit 3:0 und löste so doch noch im allerletzten Moment das WM-Ticket. Seitdem hat Frankreich wieder Vertrauen in seine zuvor so gescholtene Elf und Deschamps formte aus ihr einen heimlichen Titelanwärter: Ungeschlagen zogen die Blauen ins Viertelfinale ein und sollen dort nun ihre Reifeprüfung ablegen: Deutschland schlagen und ins Halbfinale einziehen.

"Sie können hier Geschichte schreiben"

"Wir haben bisher eine sehr starke WM gespielt. Wir haben keinen Grund Angst zu haben. Meine Spieler haben keinen Druck. Wir wollen Deutschland einen großen Kampf liefern", macht Deschamps seinen Spielern Mut und spricht von einer historischen Chance für seine Elf: "Sie können hier Geschichte schreiben."

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Frankreichs Trainer Didier DeschampsBild: Getty Images

Ein neues Kapitel soll her, das alte soll endlich geschlossen werden. Als das "Fiasko von Knysna" ging die Revolte von Franck Ribéry, Patrice Evra und weiteren Spielern gegen den damaligen Coach Raymond Domenech in die französische Fußballgeschichte ein, eine ganze Nation schämte sich für seine Nationalmannschaft. Und nun? Dank der starken Leistungen bei der WM in Brasilien, bei der die Franzosen wieder als Einheit auftreten, feiern die Fans ihre Elf wieder, 5000 schmetterten beim Achtelfinalsieg gegen Nigeria die "Marseillaise", und in Frankreich fieberten 16 Millionen Zuschauer vor den Fernsehern mit. "Ich bin sehr stolz, ein Franzose zu sein", brachte der schnelle Rechtsaußen Mathieu Valbuena die Stimmung auf den Punkt. Frankreich glaubt wieder an seine Fußball-Helden.

Zwischen Respekt und Selbstvertrauen

24 Stunden vor dem Anpfiff traben die sehr gemächlich über den heiligen Rasen des Maracana. Die Sonne brennt steil auf den Rasen herab, man schwitzt schon im Stehen. Locker passen sich die französischen Auswahlspieler den Ball hin und her, laufen allenfalls im lockeren Dauerlauf über das Spielfeld. Schon nach 15 Minuten ruft Deschamps zur ersten Trinkpause. Der Trainer, als detailversessener Disziplinfanatiker bekannt, will sein Team an diesem Tag ganz offensichtlich schonen. Die Bedingungen in Rio de Janeiro sind schließlich fordernd, aber eben auch für beide gleich.

Torhüter Hugo Lloris haben die Temperaturen wenig ausgemacht, entspannt sitzt er kurz nach der Trainingseinheit auf dem Podium der Pressekonferenz tief im Bauch des Maracana-Stadions. Ein wenig aufgeregt sei er schon wie auch die ganze Mannschaft, schließlich gehe es gegen ein großer Gegner, sagt Lloris. "Deutschlands Team hat einen unglaublichen Ehrgeiz und viel Erfahrung. Aber wir werden ihnen auch Schwierigkeiten bereiten, dazu haben wir die Qualität." Irgendwo zwischen respektvoll und selbstbewusst pendelt es sich ein das französische Selbstverständnis vor dem Aufeinandertreffen mit Deutschland, das durchaus auch eine historische Komponente beinhaltet.

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Abschlusstraining der Franzosen im MaracanaBild: Getty Images

Keine Revanchegelüste

Während das letzte WM-Duell der beiden Nachbarn in Deutschland schon etwas in Vergessenheit geraten war, ist es in Frankreich noch ziemlich präsent. Seit Tagen erinnern die französischen Gazetten an die WM 1986 in Mexiko, als Deutschland Frankreich in der Hitze von Guadalajara mit 2:0 schlug. Ist nun die Zeit zur Revanche gekommen?

Kapitän Hugo Lloris will von solchen Gedanken nichts wissen. "Wir leben in der Gegenwart. Es gibt eine Vergangenheit zwischen beiden Ländern, aber wir schreiben unsere eigene Geschichte." Und Trainer Deschamps ergänzte, dass diese Partie "die schönste Seite der Geschichte" werden solle. Das Bedürfnis Historisches zu erreichen, die Schatten der jüngeren Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen, ist gewaltig in Fußball-Frankreich, wieder zu den Großen des Weltfußballs zu gehören das heimliche Ziel. Mit einem Sieg gegen Deutschland wären Didier Deschamps und sein Team dem schon sehr nah.