Paris: Bahnreform auf politischem Prüfstand
9. April 2018Die französische Regierung verteidigte in der Nationalversammlung ihre Vorschläge. "Wir führen diese Reform nicht gegen die Eisenbahner", sagte die französische Verkehrsministerin Elisabeth Borne im Unterhaus des Pariser Parlaments. "Das derzeitige Wirtschaftsmodell ist nicht mehr tragfähig und wird von einem schwindelerregenden Schuldenberg bedroht." Der vierte Streiktag seit Anfang des Monats legte an diesem Montag erneut weite Teile des Zugverkehrs in Frankreich lahm. Nur jeder fünfte TGV-Fernverkehrszug fuhr, im Regionalverkehr fielen zwei Drittel der Verbindungen aus. Eine schwierige Situation für viele Reisende und Pendler.
Der Konflikt gilt als wichtige Kraftprobe zwischen Staatspräsident Emmanuel Macron und den Gewerkschaften. Angesichts der Streikwelle gegen die Bahn-Reform steigt er nun selbst in den Ring. Französische Sender kündigten für Donnerstag und Sonntag gleich zwei Fernsehinterviews mit Macron an. Bislang hatte er die Kommunikation zu dem Thema der Regierung überlassen. Die Interviews werden in Frankreich als Zeichen gewertet, dass der Präsident nun die Notwendigkeit sieht, seine Politik selbst zu erklären. Er hat in seiner bisherigen Amtszeit nur zwei Interviews im französischen Fernsehen gegeben.
Die Regierung in Paris will das mit rund 50 Milliarden Euro verschuldete staatliche Bahnunternehmen umbauen und die Kosten senken. Außerdem will sie den Bahnverkehr - wie auf EU-Ebene vereinbart - für Konkurrenzanbieter öffnen. Es gehe weder um eine Privatisierung der SNCF, noch um eine Zerschlagung des öffentlichen Dienstes, beteuerte Ministerin Borne. Ziel sei es, das Angebot zu verbessern, vor allem im Nah- und Regionalverkehr. Die Debatten in der Nationalversammlung sollen bis Donnerstag andauern, die Abstimmung ist für kommende Woche Dienstag geplant. Danach muss der Senat über das Gesetz beraten.
Der Streik französischer Eisenbahner hat die SNCF nach eigener Einschätzung bereits um die 100 Millionen Euro gekostet. Die Gewerkschaften hatten Anfang des Monats eine lange Protestwelle eingeläutet, bei der immer im Wechsel zwei Tage gestreikt und drei Tage gearbeitet werden soll. Die Beteiligung an dem Streik lag mit 25 Prozent der SNCF-Beschäftigten am Montag allerdings etwas niedriger als vergangene Woche, als am Mittwoch 30 Prozent die Arbeit niederlegten. Allerdings streikten erneut rund drei Viertel der Lokführer. Auch Verbindungen nach Deutschland waren betroffen.
Laut SNCF kann es auch am Dienstagmorgen noch Störungen geben, der Verkehr soll aber schrittweise zur Normalität zurückkehren. Die nächsten Streiks stehen dann Freitag und Samstag an.
sti/as (dpa, rtr)