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DIW: Peking muss Vertrauen zurückgewinnen

Jan Yun
17. Februar 2020

Die weltwirtschaftlichen Schäden durch COVID-19 sind nach Ansicht von Marcel Fratzscher schwer zu beziffern. China zahle sicher den höchsten Preis, so der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung DIW im DW-Interview.

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China Coronavirus: Zahl der Infizierten steigt sprunghaft
Bild: Getty Images/Str

DW: Welche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft hat die Virus-Epidemie in China? 

Marcel Fratzscher: Es ist extrem schwierig, verlässliche Aussagen darüber zu machen, wie sich der Corona-Virus auf China und die Welt wirtschaftlich auswirken wird. Man kann nicht stark genug betonen, dass es hier eine extrem hohe Unsicherheit gibt, weil wir nicht wissen, wie stark sich das Virus noch verbreiten und wie lange die Epidemie noch andauern wird.

China wird als hauptsächlich betroffenes Land sicherlich wirtschaftlich einen viel höheren Preis zahlen als der Rest der Welt. Gleichzeitig ist China für die Weltwirtschaft und auch für Deutschland extrem wichtig. Und damit werden alle dafür einen Preis zahlen, und zwar über zwei Mechanismen: Einmal ist die Nachfrage aus China deutlich gesunken, gerade auch nach Luxusgütern wie zum Beispiel deutschen Automobilen, oder nach Reisen.

Zweitens über die Wertschöpfungsketten: Wenn ein deutsches Unternehmen ein Auto oder eine Maschine produziert, dann benötigt dieses Unternehmen meist sehr viele Vorleistungen aus dem Ausland, auch aus China. Und wenn es diese Vorleistungen nicht erhalten kann, kommt der Produktionsprozess zum Stillstand oder wird verzögert und das verursacht natürlich auch Kosten. Es ist schwierig, das zu quantifizieren, aber diese Kosten sind da und sie werden auch Deutschland und Europa betreffen.

Kommentarbild Marcel Fratzscher PROVISORISCH NUR APP
Fratzscher: Aussagen zu Ausmaß der Schäden schwierig

Inwiefern ist der Corinavirus-Ausbruch für Deutschland relevant?

Zum einen ist Deutschland stärker betroffen als viele andere Volkswirtschaften in der Welt. Sicherlich nicht so wie die Nachbarn Chinas, aber die deutsche Volkswirtschaft ist sehr offen. Die Hälfte unserer Wirtschaftsleistung sind Exporte. Sieben Prozent aller Exporte gehen nach China. Da trifft es Deutschland schon, wenn es hier zu einem Rückgang kommt. Zum anderen besteht die Sorge, dass die Epidemie sich auch auf Deutschland ausdehnen könnte. Bislang ist die Zahl der Ansteckungen sehr klein, aber wenn sich diese Zahl deutlich erhöhen sollte, dann besteht natürlich die Gefahr, dass es auch hier ein Vertrauensverlust gibt, dass Menschen anfangen sich Sorgen zu machen, ihr Konsumverhalten verändern. Diese Sorge wird natürlich zunehmen, wenn es zu einer weiteren Ausbreitung in China kommen sollte.

VW in China
Autobranche lokal und global besonders stark betroffen Bild: picture-alliance/dpa/O. Spata

Welche Branchen sind besonders stark betroffen, gibt es so etwas wie Gewinner und Verlierer der Krise?

In Europa und in Deutschland sind die Exportunternehmen besonders stark betroffen, also Automobilbau, Maschinenbau, aber auch alles, was mit Reisen zu tun hat, besonders stark spüren das Fluglinien wie Lufthansa, aber auch andere. Das sind sicherlich die Hauptbetroffenen, Dienstleistungen innerhalb Deutschlands sind bisher eigentlich nicht betroffen, da sehen wir noch keinen Effekt. Aber gesamtwirtschaftlich gesehen gehören für die allermeisten zu den Verlierern, denn es handelt sich um ein systemisches Problem. Damit sind die Vertrauenseffekte gemeint, also dass die Menschen Sorgen und Ängste haben, dass auch Unternehmen von Unsicherheit, dass Nachfrage und Produktion überall negativ betroffen sind. So gesehen gibt es eigentlich nur Verlierer und keine Gewinner.

Was sollte China aus Ihrer Sicht tun, um die negativen wirtschaftlichen Folgen der Epidemie abzumildern?

Das Allerwichtigste in einer solchen Situation sind Transparenz und gute Kommunikation. Da hat China im Dezember und größten Teil des Januars einen ganz schlechten Start gehabt, dann aber eine Kehrtwende vollzogen und kommuniziert jetzt sehr offen. Es ist wichtig, dass China das weiterhin tut und offen und ehrlich die Zahlen auf den Tisch legt und Probleme identifiziert.

Das, was China tun kann, um Verbreitung des Virus zu begrenzen, hat es getan. Sicherlich hat China da sehr effektiv gehandelt. Jetzt geht es darum, Vertrauen bei Unternehmen und Bürgern wiederherzustellen, so dass die Leute wieder zurück zu ihren Arbeitsplätzen gehen und dass Unternehmen wieder anfangen können zu produzieren. Seit dem chinesischen Neujahr ist viel zum Stillstand gekommen und wenig bisher wieder angelaufen. Diesen Prozess anzuwerfen ohne dass es Verwerfungen gibt, das ist es, was jetzt in China notwendig ist.