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Frauen im Vorstand: Was hat sich 2021 getan?

Brigitte Scholtes
22. Dezember 2021

Der Frauenanteil in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft steigt, allerdings nur sehr langsam. Wenn es eine Frau aber in den Vorstand schafft, verdient sie meist besser als ihre männlichen Kollegen.

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Illustration Frauen im Vorstand
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Der Druck scheint zu wirken. Seitdem das zweite Führungspositionengesetz (FüpoG) im August in Kraft getreten ist, steigt die Zahl der Frauen, die in die Vorstände berufen werden. Denn die müssen künftig stärker berücksichtigt werden. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorständen müssen spätestens vom kommenden Sommer an bei Nachbesetzungen sicherstellen, dass mindestens eine Frau im Vorstand vertreten ist. Das betrifft insgesamt 66 Firmen.

Wer dem nicht nachkommt, muss das zumindest begründen, ansonsten droht ein Bußgeld. Und das bewegt einige Firmen zum Handeln. So hat etwa der Autobauer Porsche, dessen Vorstand bisher immer rein männlich besetzt war, seit dem Sommer erstmals eine Frau im obersten Management. Barbara Frenkel ist im Vorstand zuständig für Beschaffung.

Deutschland Barbara Frenkel - Porsche
Die erste Frau im Vorstand von Porsche: Barbara FrenkelBild: Porsche AG/dpa/picture alliance

Genaue Zahlen gibt es da bisher nur für die Unternehmen im DAX 40. Als die oberste deutsche Börsenliga im September von 30 auf 40 Aktiengesellschaften erweitert wurde, lag der Frauenanteil bei 17,4 Prozent. Nach Berechnungen der Allbright-Stiftung, die sich für mehr Frauen in Führungspositionen einsetzt, liegt der Anteil aktuell bei 18,0 Prozent, das entspreche 44 Frauen. Drei weitere Frauen seien schon bestellt. Und die Vorstände von Airbus, Daimler als auch der Deutschen zählen sogar je drei weibliche Mitglieder, bald auch die Allianz.

Noch viele Vorstände rein männlich

"Durch gesetzliche Veränderungen erleben wir, dass es funktioniert. Das haben wir auch beim ersten FüpoG (ab 2015 - d. Red.) schon gesehen", sagt Anja Seng. Die Professorin für Betriebswirtschaft an der Essener FOM Hochschule für Oekonomie & Management ist Vizepräsidentin der Organisation "Frauen in die Aufsichtsräte" (Fidar). Die hat neben den Kontrollgremien aber auch die anderen Führungsebenen in der Wirtschaft im Blick. Sowohl in der Privatwirtschaft als auch in öffentlichen Unternehmen zeige sich immer wieder, dass eine Quote oder eine gesetzliche Regelung die stärkere Beteiligung von Frauen voranbringe.

Deutschland Lieferdienst Delivery Hero
Jung, hip - und männlich: Der Lieferdienst Delivery Hero gehört zu den Dax-Firmen ohne Frauen im VorstandBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersem

Mit der DAX-Erweiterung zeigte sich aber auch: Die Hälfte der neu aufgenommen Unternehmen hatte überhaupt keine Frau im Vorstand, so dass sich nach Angaben der Beratungsgesellschaft Russell Reynolds der Anteil der Dax-Vorstände ohne Frauen von 13 Prozent auf 23 Prozent erhöhte. Die Vorstände der DAX-Mitglieder Brenntag, Delivery Hero, Hello Fresh, Linde, MTU, Sartorius und Symrise sind immer noch rein männlich besetzt.

Bisher reden sich viele Unternehmen noch mit einem Mangel an Kandidatinnen heraus. Eine Schwierigkeit: In den Führungsebenen unterhalb des Vorstands sind ebenfalls noch zu wenige Frauen zu finden, die dann irgendwann den Sprung nach ganz oben schaffen könnten, sagt Christine Hölz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Zwar müssten auch dort Zielgrößen genannt werden. Aber die würden meist noch nicht erreicht: "Da muss sehr, sehr viel nachgearbeitet und aufgeholt werden. Nur dann kommen wir auch dazu, dass wir irgendwann mehr weibliche Vorstände in den Unternehmen bekommen."

Frauen verdienen mehr

An Nachwuchs mangele es aber etwa nicht bei Betriebswirtschaftlerinnen, gibt Anja Seng von Fidar zu bedenken, diese Fachrichtung stelle die Hälfte der Vorstände. Deshalb werde es künftig wohl schwieriger, eine "Zielgröße null" zu begründen.

Frauen, die es in die oberste Führungsebene geschafft haben, sind zwar noch relativ selten, aber sie erhalten höhere Bezüge als Männer.

Da wirke dann das Gesetz von Angebot und Nachfrage, sagt Wiebke Ankersen, Geschäftsführerin der Allbright-Stiftung. "Die Unternehmen lernen jetzt - auch auf öffentlichen Druck hin - die 'superqualifizierten Frauen' auch zu finden. Und das wird auch dementsprechend honoriert."

Auch die Beratungsgesellschaft EY hat die Vergütungen untersucht. Die liegen zwar noch nicht für das laufende Jahr vor, aber schon 2020 haben die Frauen ihren Vorsprung auf die männlichen Vorstandskollegen deutlich ausgebaut. Demnach stieg die Gesamtvergütung von Managerinnen im Vorstand von Unternehmen in den Börsensegmenten Dax, MDax, Tecdax und Sdax gegenüber dem Vorjahr im Schnitt um 8,2 Prozent auf 2,31 Millionen Euro, die der männlichen Vorstandskollegen jedoch nur um 1,6 Prozent auf 1,76 Millionen Euro.

Belen Garijo
Einzige Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns: Belen Garijo leitet den Pharma- und Chemiekonzern MerckBild: Bernd Hartung/Merck/picture-alliance/dpa

Vorstandschefs waren bei der EY-Untersuchung ausgenommen. Denn erst seit Mai leitet wieder eine Frau ein DAX-Unternehmen, Merck-Chefin Belén Garijo. Für 2021 dürften die Vorstandsgehälter weiter steigen. Viele Unternehmen haben schließlich ein Rekordjahr absolviert.

Ein großes Manko habe das neue "FüpoG" aber noch, kritisiert Fidar-Vizepräsidentin Anja Seng. Der Kreis der Unternehmen, für die das neue Gesetz gelte, sei noch viel zu klein. Besser wäre es, wenn es sowohl für börsennotierte als auch paritätisch mitbestimmte Unternehmen gültig wäre. Bisher betrifft es nur diejenigen Unternehmen, die beide Kriterien erfüllen - eben nur 66 Firmen. "Damit könnten wir den Kreis der Betroffenen Unternehmen auf um die 3500 erweitern", sagt Seng.