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Frauenfußball: Profit auf Kosten der Spielerinnen?

Matt Pearson
11. Dezember 2023

Der Frauenfußball ist auf dem besten Weg, sich zu einer Milliarden-Dollar-Industrie zu entwickeln. Doch das rasante Wachstum hat seine Schattenseiten, unter denen vor allem die Spielerinnen leiden.

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Spielszene Arsenal WFC gegen FC Chelsea
Mit 4:1 besiegte der FC Arsenal den FC Chelsea - vor der Rekordkulisse von 59.402 ZuschauernBild: Daniela Porcelli/SPP/IMAGO

Schon wieder ein neuer Zuschauerrekord: 59.402 Fans waren am Wochenende beim Spiel der englischen Women's Super League zwischen Arsenal WFC und dem FC Chelsea im Londoner Emirates Stadium dabei - so viele wie noch nie in Englands oberster Frauenliga.

Die alte Bestmarke lag bei 54.115 Zuschauern, wobei sie nicht wirklich alt war: Am 1. Oktober waren so viele Menschen zum Spiel zwischen Arsenal und dem FC Liverpool ins Emirates geströmt.

Rasantes Wachstum des Frauensports

Zwar bestreitet Arsenals Frauenteam nicht jedes Spiel in der großen Arena (zu den Spielen im Meadow Park von Borehamwood, rund 20 Kilometer nördlich von London, kommen rund 3500 Zuschauer), jedoch belegen die Zahlen einen Trend, der sich nicht nur in England feststellen lässt.

Auch in Australien, den USA, in Frankreich, Spanien und der deutschen Frauen-Bundesliga kommen zu einzelnen Spielen zehntausende Fans in die Stadien - vorausgesetzt, die Partien werden in entsprechend großen Arenen veranstaltet.

Spielerinnen des FC Barcelona jubeln bei der Siegerehrung der Champions League mit Pokal im Konfettiregen
Champions-League-Sieger FC Barcelona füllt bei seinen Spielen in der Königinnenklasse regelmäßig das Camp-Nou-StadionBild: Anke Waelischmiller/SVEN SIMON/picture alliance

Diese Besucherzahlen sind ein weiterer Beweis für das rasante Wachstum des Frauensports, das vor allem vom Fußball angetrieben wird. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte prognostiziert, dass der Frauensport im Jahr 2024 erstmals die Schwelle von einer Milliarde Dollar (928 Millionen Euro) an weltweiten Einnahmen überschreiten wird, wovon 555 Millionen Dollar auf den Fußball entfallen.

Geringe Bezahlung, kaum Erholung

Dieser immense Zuwachs hat jedoch bei der Spielergewerkschaft FIFPRO kritische Fragen dazu aufgeworfen, was die Spielerinnen dafür investieren müssen. Die FIFPRO veröffentlichte am selben Tag, an dem auch die Deloitte-Studie herauskam, ihren eigenen Bericht über die Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland.

Aus ihm geht hervor, dass die Spielerinnen, deren Einfluss auf das Wachstum des Spiels auf dem Spielfeld, auf den Tribünen und an den Merchandising-Ständen offensichtlich war, möglicherweise einen ungerechten Preis zahlen.

Für ihren Bericht befragte die FIFPRO 260 Spielerinnen aus 26 der 32 Mannschaften und stellte fest, dass jede dritte Spielerin weniger als 30.000 Dollar pro Jahr mit dem Fußball verdient (ohne den WM-Bonus der FIFA) und jede fünfte Spielerin deshalb einen Zweitjob benötigt.

Zudem kam heraus, dass bei einem Fünftel der WM-Teilnehmerinnen im Vorfeld des Turniers die im FIFA-Reglement vorgesehenen Gesundheitschecks nicht durchgeführt wurden und dass mehr als die Hälfte der befragten Spielerinnen das Gefühl hatten, vor und nach der WM nicht ausreichend Zeit zur Erholung gehabt zu haben.

Keine drei Wochen Pause nach der WM

Tatsächlich hat die Einführung der Nations League für den Frauenfußball in diesem Jahr die Anzahl der Spiele im Kalender weiter erhöht, ebenso wie die bevorstehenden Änderungen in der UEFA Champions League. Mehrere Spielerinnen von Arsenal erreichten bei der Weltmeisterschaft in Australien das Halbfinale und mussten keine drei Wochen später ein Qualifikationsspiel für die Champions League bestreiten.

Eine von ihnen war Steph Catley. Die Außenverteidigerin und Kapitänin der australischen Mannschaft scheiterte mit ihrem Team erst im Halbfinale gegen England. Sie bestritt nur 18 Tage nach dem Spiel um den dritten Platz wieder ein Pflichtspiel in London, 24 Flugstunden entfernt. Für die englischen Nationalspielerinnen von Arsenal, die im Finale den Spanierinnen unterlagen, war die Erholungszeit sogar noch einen Tag kürzer.

Steph Catley im Trikot Australiens bei der WM
Hatte nach der WM keine lange Pause: Arsenals Außenverteidigerin Steph Catley, die für Australien spieltBild: Noe Llamas/ZUMAPRESS/picture alliance

"Jede Pause ist in dieser Phase sehr willkommen", sagte Catley gegenüber DW über die bevorstehende Weihnachtspause in der WSL. "Es sind viele Spiele, und vor allem, wenn wir für Australien spielen, wo wir viel reisen, müssen wir vorsichtig sein. Das ist etwas, was unser medizinischer und Trainerstab sehr gut in den Griff bekommen hat. Es ist einfach wichtig, seinen Körper zu kennen."

Zwar müssen Profis und Nationalspielerinnen wie Catley keinem Zweitjob neben mit ihrer Sportkarriere nachgehen und sie haben Zugang zu einer besseren medizinischen und Fitness-Infrastruktur, insbesondere bei den Vereinen, die mit den großen Herrenmannschaften verbunden sind. Aber auch bei ihnen können die Auswirkungen von Reisen und Spielanforderungen schnell ihren Tribut fordern.

"Wenn die Spielerinnen nach einer langen Saison nicht mindestens drei oder idealerweise fünf Wochen Ruhe haben, bevor sie in die Saisonvorbereitung einsteigen, ist das nicht nur aus physischer und physiologischer Sicht gefährlich, sondern auch aus mentaler Sicht", sagte der medizinische Leiter der FIFPRO, Prof. Dr. Vincent Gouttebarge.

Ausfälle als Folge der Überbelastung

Dafür, dass eine Überlastung droht und diese negative Folgen haben kann, gab es auch beim Londoner Derby Beispiele: Beth Mead, die Torschützin des ersten Arsenal-Treffers, verpasste die WM wegen einer Verletzung des vorderen Kreuzbandes, die zum Fluch des Frauenfußballs geworden ist.

Auch ihre Mannschaftskameradin und englische Kapitänin Leah Williamson war in Australien und Neuseeland wegen eines Kreuzbandrisses nicht dabei und arbeitet noch an ihrer Rückkehr auf den Platz.

Beth Mead vom FC Arsenal liegt verletzt am Boden und wird behandelt
Bittere Verletzung: Englands Top-Stürmerin Beth Mead vom FC Arsenal zog sich im November 2022 einen Kreuzbandriss zuBild: ANDREW BOYERS/Action Images/Reuters

Williamsons Nachfolgerin als englische Kapitänin, Millie Bright vom FC Chelsea, verletzte sich vor der WM am Knie und verpasste die Vorbereitung auf das Turnier. Bei der Weltmeisterschaft stand sie auf dem Platz, jedoch spürt sie jetzt, einige Monate später, die Folgen: Ihr Knie macht immer wieder Probleme und so war sie beim Derby gegen Arsenal im Emirates nicht dabei.

"Unser Terminkalender ist jetzt viel anspruchsvoller", hatte Bright schon Anfang 2023 noch vor der Weltmeisterschaft gegenüber der DW gesagt. "Man erwartet von uns, dass wir ein Turnier nach dem anderen bestreiten und gleichzeitig um jede Trophäe kämpfen, wenn man in den Spitzenklubs spielt. Es ist unmöglich, das durchzuhalten, und wir sind keine Roboter, unsere Körper werden kaputtgehen", fügte sie prophetisch hinzu.

Schnelles Geld oder gesunde Entwicklung?

In ihrem Bericht erkennt die FIFPRO die enormen Fortschritte an, die im Spitzensport der Frauen gemacht wurden. So wurden für die Weltmeisterschaft geschlechtergleiche Bedingungen für Unterkunft, Transport und Betreuungspersonal ausgehandelt, und es fließt mehr Geld in den Sport.

Dennoch stellte Deloitte fest: "Dieser Anstieg des Engagements von Fans und Investoren führt zu neuen und verbesserten Möglichkeiten für Vereine und Ligen, einschließlich größerer kommerzieller Partnerschaften, höherer Beteiligung und größerer Spieltage.

Um sicherzustellen, dass dieses Wachstum beständig und nachhaltig ist, müssen die Sportorganisationen dafür sorgen, dass die Investitionen in die richtigen Bereiche fließen, zum Beispiel in die Förderung der Fantreue, das Wohlergehen der Spieler und die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zwischen den Ligen."

Der Profifußball der Frauen befindet sich daher an einem Scheideweg: Soll er sich so entwickeln wie der Männerfußball, mit Geld als Hauptantriebskraft, oder soll er es etwas langsamer angehen und sich um diejenigen kümmern, die ihn überhaupt erst interessant gemacht haben?

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.