Frauenpower von Ghana bis nach Island
28. November 2018"Mein Vater war der erste Feminist, den ich kenne." Sarah Adwoa Safo (Artikelbild) strahlt über das ganze Gesicht, als sie das sagt. Die 37-Jährige ist Mitglied der Regierung Ghanas und Ministerin für öffentliche Beschaffung. Die studierte Anwältin erzählt, wie ihr Vater, ein Prediger, sie schon früh dazu brachte, vor großen Gruppen in der Gemeinde frei zu reden. "Lampenfieber kenne ich nicht", erzählt sie und ist überzeugt, dass ihr Vater die Grundlage für ihren beruflichen und politischen Erfolg gelegt hat.
Neue Chancen für Mädchen
Doch nicht jeder hat so viel Glück mit seiner Familie. Daher sei eine gute Ausbildung so wichtig für Mädchen, betont sie im Gespräch mit der DW: "Dieses Jahr werden 120.000 Schüler mehr auf eine weiterführende Schule gehen, weil sie in Ghana jetzt kostenlos sind. Das eröffnet auch Mädchen neue Chancen".
Vor der Gebührenbefreiung musste eine Familie in dem westafrikanischen Land durchschnittlich 1000 bis 1200 US-Dollar pro Senior High School-Jahr und Kind bezahlen. Für viele Familien war das zu teuer, und wenn das Geld knapp war, wurde oft eher den Jungen die Ausbildung ermöglicht. Das ändert sich nun. Denn die ghanaischen Schüler müssen nur noch das Zulassungsexamen bestehen, dann können sie die höhere Schule besuchen.
"60 Prozent unseres gerade verabschiedeten Haushalts gehen in die Bildung", erzählt die Ministerin, verschweigt aber auch die Probleme nicht. Die Klassenzimmer sind überfüllt, die Lehrer oft nicht ausreichend ausgebildet. Immerhin: "Ghana ist in der Region führend, wenn es darum geht, Bildung für alle zu ermöglichen und hat die Millenniums-Entwicklungsziele im Bildungsbereich lange vor der 2015-Deadline erreicht", lobt das Weltkinderhilfswerk der UNO, die UNICEF.
Frauenpower
In Island berichtet Sarah Adwoa Safo über die neue Bildungsinitiative der Regierung, aber sie ist auch gekommen, um Netzwerke zu pflegen. Beim Women Leaders Forum sitzt sie zum Thema Digitalisierung gemeinsam auf dem Podium mit der ehemaligen Ministerpräsidentin Finnlands und jetzigen stellvertretenden Generalsekretärin der OECD, Mari Kiviniemi und der stellvertretenden rumänischen Ministerpräsidentin Ana Birchall. Sie hofft in Reykjavik auch auf weitere Unterstüztung für Ihre Bildungsinitiative.
Hunderte Frauen aus der ganzen Welt, die Top-Positionen in Wirtschaft und Politik haben, nutzen die Gelegenheit zum intensiven Austausch. Es wollten so viele teilnehmen, dass zwischenzeitlich keine Anmeldungen mehr angenommen wurden. Von "Frauenpower" spricht hier niemand, aber zu spüren ist sie überall.
Reykjavik Index for Leadership
Allerdings gibt es noch viele Vorurteile gegenüber solchen Power-Frauen. Das zeigt auch ein in Reykjavik erstmals präsentierter Index. Um herauszufinden wie Frauen in Führungspostionen wahrgenommen werden, hat Kantor, einer der weltweit führenden Datenspezialisten mit rund 30.000 Mitarbeitern, eine umfangreiche Untersuchung in den G7 Ländern durchgeführt.
100 Punkte würde laut der Datenexperten bedeuten, "dass in der gesamten Gesellschaft Einigkeit darüber herrscht, dass Frauen und Männer gleich gut für Führungspositionen in allen Bereichen geeignet sind."
Tatsächlich liegt das Gesamtergebnis aber nur bei 66 Punkten. Das ist, als wolle man 100 Stundenkilometer fahren, erreicht aber nur 66 Stundenkilometer. Und auch zwischen Frauen und Männern unterscheiden sich die Ergebnisse noch einmal deutlich.
"In der gesamten G7 ist der Reykjavik Index for Leadership für Frauen höher (67) als für Männer (61). Das bedeutet, dass Frauen in der G7 Männer und Frauen eher als gleich geeignet für Führungsrollen sehen, als Männer", erklärt Michelle Harrison, Global CEO für Kantor Public.
Überraschende Ergebnisse für Deutschland
Überrascht haben die Experten die Ergebnisse für Deutschland. "In Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Männer Vorurteile darüber verstetigen, wer in professionellen Bereichen führen soll", erklärte Harrison. In Frankreich und Großbritannien sei die Wahrnehmung deutlich positiver.
Für Afrika wurde noch keine Untersuchung durchgeführt. Langfristig will Kantor aber auf allen Kontinenten die Wahrnehmung von Frauen und Männern in Führungspositionen messen. Die Hoffnung schwingt mit, dass sich die Werte langfristig verbessern.
Sarah Adwoa Safo, die Ministerin aus Ghana, macht inzwischen Fortschritte beim Netzwerken. Unter anderem trift sie sich in Reykjavik mit Vertretern der Weltbank und hofft auch auf diesem Weg weitere Unterstützung für die Bildungsoffensive in Ghana zu bekommen.