Saudi-Arabien nimmt Frauenrechtler fest
20. Mai 2018Nur gut einen Monat vor dem Ende des Frauenfahrverbots in Saudi-Arabien hat das Königreich mehrere prominente Frauenrechtler festgenommen. Unter ihnen seien die bekannte Aktivistin Ludschain al-Hathlul und Iman al-Nafdschan, berichteten die Menschenrechtsorganisationen Human Rights Watch (HRW), Amnesty International und der Golfrat für Menschenrechte übereinstimmend.
HRW sprach dabei von insgesamt sieben Festgenommenen, Amnesty von sechs. 2014 war Al-Hathlul zwei Monate im Gefängnis, weil sie am Steuer eines Autos versucht hatte, von den Vereinigten Arabischen Emiraten aus ins benachbarte Saudi-Arabien zu fahren. Dem Golfrat für Menschenrechte zufolge kann sie momentan weder mit einem Anwalt noch mit ihrer Familie sprechen. Die Verhaftungen kommen zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt: In gut einem Monat, am 24. Juni, will das Königreich Frauen als letztes Land der Welt das Autofahren erlauben.
Frauenrechtlerinnen fordern die Aufhebung des Systems der männlichen Schutzherrschaft
Beobachter sehen die Gründe für die Festnahmen in der Sorge Riads vor dem Eindruck, die Proteste der Aktivistinnen hätten zur Aufhebung des Frauenfahrverbots geführt. HRW zufolge wurden Aktivisten, darunter auch einige der jetzt Verhafteten, angewiesen, nicht mit Medien über die historische Entscheidung zu sprechen. Kronprinz Mohammed bin Salman, der starke Mann im Land, will Experten zufolge die Kontrolle über die Öffnung des autokratischen Landes behalten. Frauenrechtlerinnen fordern unlängst auch die Aufhebung des Systems der männlichen Schutzherrschaft, das es ihnen unter anderem verbietet, ohne Zustimmung ihres männlichen Vormunds zu heiraten oder zu reisen.
Für seine Reformen hatte der Thronfolger zuletzt viel Lob auch von Aktivisten erhalten. Doch nun werden - wie in der staatsnahen Zeitung Al-Dschasira - Fotos der eingesperrten Aktivistinnen veröffentlicht und die Frauen als "Verräter" gebrandmarkt. Die staatliche Nachrichtenagentur Spa teilte mit, dass sieben Personen mit Kontakten zu feindlichen ausländischen Mächten festgenommen wurden, weil sie die Regierung unterwandern wollten. Sie hätten die Sicherheit, Stabilität und den gesellschaftlichen Frieden untergraben und der nationalen Einheit schaden wollen.
"Die Botschaft ist klar: Jedem, der Skepsis über die Menschenrechtsagenda des Kronprinzen äußert, droht Zeit im Gefängnis", sagte Sarah Leah Whitson, die Nahost-Direktorin von Human Rights Watch. Amnesty International sprach von einer "empörenden Hetzkampagne", die den Versprechen Mohammed bin Salmans widerspreche, das Land zu erneuern.
hf/sti (dpa, afp)