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#FreeDeniz: Künstler setzen sich ein

Nadine Wojcik
28. Februar 2017

Die Welle der Unterstützung für den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel ist beeindruckend. In nur wenigen Stunden sammelten Prominente tausende Unterschriften und starteten virale Solidaritätsbekundungen.

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Deniz Yücel
Bild: picture-alliance/dpa/Privat

Mit "großem Entsetzen" reagierte die Autorenvereinigung PEN kurz nachdem bekannt wurde, dass gegen den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel auf unbestimmte Zeit Untersuchungshaft verhängt wurde. "Allem Anschein nach ist es die türkische Staatsmacht, die sich zu einer terroristischen Vereinigung entwickelt hat. Jedenfalls gegenüber jenen, die in der Tradition des freien Wortes stehen. Es ist kein gutes Zeichen, wenn ein Gericht sich zum Propaganda-Instrument für eine solche Vereinigung macht", kommentierte PEN-Präsident Josef Haslinger. Damit sei eine weitere Eskalationsstufe im Kampf der Erdoğan-Administration gegen die Meinungsfreiheit erreicht.

"Dass ein Korrespondent einer namhaften ausländischen Redaktion sich jetzt gegen solche Anschuldigungen erwehren muss, bedeutet eine neue Qualität der Verfolgung, die deutlich über die bisherigen Schikanen wie Einreisesperren oder verweigerte Akkreditierungen hinausgeht", bewertete Christian Mihr die Entscheidung des türkischen Haftrichters. Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen erinnerte zeitgleich an die 150 weiteren inhaftierten Journalisten und forderte daher ein konsequentes Vorgehen seitens der Bundesregierung, um ihnen allen den Rücken zu stärken. Die Türkei steht derzeit auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 151 von 180 Ländern.

"Yalla, wo sind Eure Blöcke?"

Der Korrespondent der Tageszeitung "Die Welt" Deniz Yücel, der sich der türkischen Polizei freiwillig zur Befragung gestellt hatte und dem nun bis zu fünf Jahre Untersuchungshaft drohen, erfährt eine beeindruckende Solidarität von Künstlern, Prominenten und auch Kollegen. Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali twitterte: "Ohne Worte - was da in der Türkei los ist!" In einer spontanen Aktion forderte "Die Zeit"-Autor Yassin Musharbash seine Journalistenkollegen, ihre Notizblöcke samt Hashtag "FreeDeniz" zu posten.

Damit trat er auf eine regelrechte Welle auf dem Kurznachrichtendienst aus - bis hin zur Runde der ARD-Chefredakteure und Kulturchefredakteure.

Eine weitere Welle trat eine Gruppe rund um TV-Satiriker Jan Böhmermann mit "Die Zeit"-Politikredakteurin Özlem Topçu, dem Künstler Shahak Shapira und den Schriftstellerinnen Margarete Stokowski, Sibylle Berg und Johanna Adorján los. Sie zeichnen sich verantwortlich für die Internetseite "freedeniz.de", auf der Unterschriften von Prominenten veröffentlicht werden. Dort wird zuerst Artikel 19 der Allgemeinen Menschenrechte zitiert - das Recht auf freie Meinungsäußerung. Weiter heißt es: "Für die Freiheit von Information, Meinung, Wort und Kunst. Gemeinsam für und mit Deniz Yücel und allen zur Zeit in der Türkei inhaftierten Kolleginnen und Kollegen." 

Regisseure, Schauspieler und Moderatoren

Unter den Unterzeichnern finden sich viele Künstler, Prominente und Journalisten wie Regisseurin Doris Dörrie, Schauspieler Lars Eidinger, Moderator Klaas Heufer-Umlauf, Schauspielerin Nora Tschirner sowie Journalisten Sandra Maischberger (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Ines Pohl (DW-Chefredakteurin) und Jaafar Abdul-Karim (DW-Moderator). Ein Auszug von rund 300 Unterzeichnern wurde zudem am Dienstag als ganzseitige Anzeige in überregionalen Tageszeitungen geschaltet.

Zeitgleich startete Shahak Shapira, der zuletzt mit seiner umstrittenen Internetaktion "Yolocaust.de" auf sich aufmerksam gemacht hatte, eine Online-Petition, um weitere Unterschriften zu sammeln. "Ein deutscher Staatsbürger sitzt im Gefängnis - und zwar nur, weil er seinen Job gemacht und Fragen gestellt hat. Wenn Menschen deswegen verhaftet werden, geht das in eine unschöne Richtung", erklärte Shapira gegenüber der DW. In nur wenigen Stunden konnte er online fast mehr als 80.000 Unterstützer verzeichnen, die Aktion läuft weiter und richtet sich nicht nur an Prominente. "Ich hoffe, dass wir so den öffentlichen Druck erhöhen und etwas bewirken können. Und wenn nicht, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen", so Shahak Shapira. 

Dabei setzt sich die Kolumnisten und Schriftstellerin Margarete Stokowski nicht nur aus beruflichen sondern auch persönlichen Gründen für Yücels Freilassung ein. Bei "Spiegel Online" schrieb sie bereits kurz nach der Festsetzung: "Lange her, dass Deniz mir geraten hat, mit dem Schreiben weiterzumachen. Am Anfang hat er mal versucht mir zu erklären, dass in jedem Text irgendwelche W-Fragen wichtig sind. Wusste nicht, was er wollte, war aber schön. Im Moment ist eine W-Frage die wichtigste: Schon sieben Tage Knast - wie lange noch?"

Fassungslos und auch kampfbereit fügt sie hinzu: "Fremd, komplett weltfremd, ist die Idee, man könnte jemanden wie Deniz einfach einsperren. Wissen die das nicht? Es geht einfach nicht. (...) Sie können nicht mit Deniz zusammen alle anderen einsperren, die hinter ihm stehen."