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Nachhaltig die Welt ernähren

Helle Jeppesen30. November 2012

Das heutige Wirtschaftssystem sei unfair, veraltet und nicht nachhaltig, kritisiert SEKEM-Chef Helmy Abouleish im DW-Interview. Die ägyptische Initiative zeigt, dass es auch anders geht.

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Helmy Abouleish, CEO von SEKEM, Ägypten. SEKEM ist eine Kulturinitiative und Sozialunternehmen, das in der Wüste biologisch-dynamische Landwirtschaft betreibt. Helmy Abouleish ist der Sohn des Gründers Ibrahim Abouleish, der für seine SEKEM-Initiative 2003 mit dem alternativen Nobelpreis, dem Right Livelihood Award, ausgezeichnet wurde. Aufnahme: 27.11.2012 in Bonn, Fotos Helle Jeppesen für DW
Helmy Abouleish, CEO von SEKEM, ÄgyptenBild: DW/H. Jeppesen

Deutsche Welle: Eigentlich bewirtschaften Sie das unwirtlichste Land, das man sich überhaupt vorstellen kann, nämlich die Wüste. Und das machen Sie mit ökologischen Methoden. Meinen Sie, dass sich das auch im großen Maßstab umsetzen ließe, um die immer wachsende Weltbevölkerung tatsächlich damit ernähren zu können?

Helmy Abouleish: Ich bin überzeugt, dass das Beispiel von SEKEM in der Wüste in Ägypten auf vergleichbare Situationen übertragbar ist. Zum Erfolgsrezept gehört natürlich die ökologische Dimension, also die umweltschonende Bewirtschaftung des Landes und das urbar machen der Wüste. Aber genau so gehört die soziale Dimension dazu, ohne die es nicht geht.

Man muss von der Profitmaximierung, Resssourcenoptimierung und Nutzenorientierung zu einem ganz neuen Denken kommen. Wie können wir mit den wenigen Ressourcen, die wir noch haben, so sinnvoll umgehen, dass alle auf der Welt einen anständigen Lebensstandard haben und sich dabei entwickeln können?

Und letztlich, und fast genau so wichtig, ist natürlich die kulturelle Dimension. Ja, das SEKEM-Modell ist übertragbar - aber nur, wenn man es ganzheitlich tut und nicht irgendetwas rauspickt, weil es besonders effizient aussieht.

Und das heißt vor allem auch Partizipation für die Menschen vor Ort?

Das heißt vor allem, im Zentrum der Initiative immer den Menschen zu sehen und sich immer zu fragen, wie kann man jeden Einzelnen – in unserem Fall ja 2000 Mitarbeiter – in seiner Persönlichkeitsentwicklung und –entfaltung unterstützen. Und wie kann er sich einbringen, wie kann er dann auch ein Teil dieser lernenden, lebendigen Gemeinschaft werden, die die Welt verändern will?

Bisher waren der biologische Markt und der Fair-Trade-Markt eher eine Nische. Manche fordern jetzt Free Trade statt Fairtrade. Sollte der Handel eher auf Augenhöhe stattfinden statt in einer Fair-Trade Nische?

Swedish Jakob von Uexkull (fourth from left) poses together with Right Livelihood award recipients, after handing over prizes to them at the Swedish parliament in Stockholm, Sweden Monday Dec. 8 2003. Others from left: Chul-young Shin and Kyung-suk Soh of the Citizens Coalition for Economic Justice from South Korea; honorary prize winner former New Zealand Prime Minister David Lange; Nicanor Perlas of the Philippines; Ibrahim Abouleish of Egyptian SEKEM, a network of businesses and social civil groups; Walden Bello of the Philippines. (AP Photo/Ola Torkelsson) ** SWEDEN OUT **
2003 erhielt Gründer Ibrahim Abouleish (2. von rechts) für seine SEKEM-Initiative den Alternativen Nobelpreis in StockholmBild: AP

Ich glaube nicht, dass freier Handel und freies Wirtschaften, so wie es von Adam Smith vor 200 Jahren initiiert wurde, zu einer gesunden Entwicklung auf der Erde führt. Die Finanz- und Weltwirtschaftskrisen, die ökologischen Krisen beweisen, dass der freie Handel mit allem, was da dran hängt an Banken und Multinationalen Unternehmen, uns heute nur in Probleme geführt hat und keine Lösung war.

Wir brauchen eine neue Wirtschaft und einen neuen Handel. Für mich ist Fairtrade von der Definition her ein guter Ansatz. Da müssen alle Partner, vom Bauern in Ägypten bis zum Verbraucher in Kairo am Markt oder in Deutschland im Laden, ein Bewusstsein für die gesamte Produktionskette haben. Und sie müssen sicher sein, dass genügend Mehrwert entsteht, damit jeder von ihnen ein würdevolles Leben leben kann. Wenn das gegeben ist, dann wäre das für mich besser als Free Trade. Und das nennt man heute Fairtrade. Ich würde Fairtrade als eine Alternative verteidigen.

SEKEM ist eine ägyptische Kulturinitiative und soziales Unternehmen, das 1977 von Ibrahim Abouleish gegründet wurde. In der Wüste außerhalb Kairos produziert SEKEM nach biologisch-dynamischen Anbaumethoden ökologische Lebensmittel, Gesundheitsprodukte und Textilien. 2003 wurde Gründer Ibrahim Abouleish für die SEKEM-Initiative mit dem alternativen Nobelpreis, dem Right LIvelihood Award, ausgezeichnet. Heute führt sein Sohn, Helmy Abouleish, das Unternehmen SEKEM Holding. Helle Jeppesen führte das Interview für DW.