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Freisprüche im Völkermord-Prozess

3. Februar 2015

Mehr als 20 Jahre nach dem Krieg im damaligen Jugoslawien hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag sowohl Serbien als auch Kroatien vom Vorwurf des Völkermordes freigesprochen.

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Der IGH-Vorsitzende Peter Tomka spricht das Urteil im Genozid-Prozess zwischen Serbien und Kroatien (AP Photo/Peter Dejong)
Bild: picture-alliance/AP Photo/P. Dejong

Es bleibt dabei: Noch nie wurde ein Staatschef oder sogar ein Staat auf der Grundlage der UN-Konvention von 1948 verurteilt. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) wies die Anträge Serbiens und Kroatiens zurück, mit denen sich beiden Staaten gegenseitig des Völkermordes während des Krieges im früheren Jugoslawien bezichtigt hatten.

Man habe keinem der beiden Länder nachweisen können, dass die vielen begangenen Verbrechen während des Krieges tatsächlich einen Völkermord zum Ziel hatten, erklärte der Vorsitzende des Gerichts, Peter Tomka (Artikelbild, m.).

In seinem Schlusswort rief er die beiden Länder auf, sich friedlich zu einigen: "Das Gericht ermutigt die Parteien zu weiterer Zusammenarbeit im Blick auf angemessene Entschädigung, was Frieden und Stabilität in der Region fördern kann."

Ein Schlussstrich?

Mit dem Urteil ging das fast 16 Jahre dauernde Völkermord-Verfahren vor dem IGH zu Ende. Vor mehr als 20 Jahren hatte der Krieg auf dem Balkan das ehemalige Jugoslawien zerrissen. 200.000 Menschen starben während des Konflikts. Das Schicksal von mehr als 3000 Vermissten, Serben wie Kroaten, ist bis heute ungeklärt.

Alleine in Kroatien kamen zwischen 1991 und 1995 über 13.000 Menschen im Zuge "ethnischer Säuberungen" um. 1999 hatte Kroatien das damalige Jugoslawien, dessen Rechtsnachfolger heute Serbien ist, verklagt. Es warf Serbien einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention von 1948 vor und forderte eine Entschädigung. Die Klage bezog sich unter anderem auf die Bombardierung der Stadt Vukovar durch die von Belgrad kontrollierte Armee, sowie auf die Massaker an Zivilisten, die serbische Paramilitärs im Osten Kroatiens begangen haben.

Serbien wies nicht nur alle Beschuldigungen zurück, sondern machte seinerseits Kroatien in einer im Jahr 2010 eingereichten Gegenklage für den Tod von 6.500 Menschen und die Vertreibung von 200.000 ethnischen Serben verantwortlich.

Gemischte Reaktionen

Der kroatische Regierungschef Zoran Milanovic zeigte sich enttäuscht über das Urteil. "Von unseren Forderungen, das Schicksal der Vermissten zu klären und die geraubten Schätze zurückgeben, werden wir nicht abrücken. Wir sind nicht zufrieden, werden aber die Entscheidung des Gerichtshofs zivilisiert akzeptieren."

Serbiens Staatspräsident Tomislav Nikolic sieht in dem Urteil hingegen eine Rehabilitierung seines Landes: Kroatien habe es nicht geschafft zu beweisen, dass Serbien Völkermordabsichten hatte - im Gegenteil: "Es wurde bestätigt, dass Kroatien für die Massenverbrechen gegen Serben verantwortlich ist. Das Urteil hat die vorhandenen Stereotype über die Ereignisse im Jugoslawienkrieg auf den Kopf gestellt." Er hoffe aber, dass es beide Länder schaffen, ihre gegenseitigen Streitigkeiten beizulegen, so Nikolic.

Erst ein IGH-Urteil zur Völkermord-Konvention

Der IGH hat bisher nur ein Urteil zur Genozid-Konvention gesprochen. Das serbische Massaker im ostbosnischen Srebrenica vom Juli 1995 war Völkermord, erklärten die Richter 2007. Damals hatten serbische Einheiten rund 8000 muslimische Jungen und Männer ermordet. Das Gericht stellte allerdings fest, dass Serbien selbst keinen Bruch der Völkermord-Konvention begangen habe.

sp/wl (afp, dpa)