Freispruch im Concorde-Berufungsprozess
29. November 2012Das Berufungsgericht in Versailles sah es zwar als erwiesen an, dass die Katastrophe durch einen Defekt an einer zuvor gestarteten Continental-Maschine ausgelöst wurde. Dies rechtfertige jedoch keine strafrechtliche Verantwortung, sondern nur eine zivilrechtliche, urteilten die Richter. Die mittlerweile zum Unternehmen United Continental fusionierte Fluggesellschaft muss demnach lediglich eine Million Euro Schadenersatz an die Concorde-Eigentümerin Air France zahlen. Die französische Gesellschaft hatte zivilrechtlich eine Entschädigung für den erlittenen Imageschaden gefordert.
In erster Instanz hatte im Herbst 2010 ein Strafgericht in Pantoise der Fluggesellschaft die alleinige straf- und auch zivilrechtliche Verantwortung für den Absturz zugeschrieben. Continental war zu einer Geldstrafe in Höhe von 200.000 Euro, ein Mitarbeiter zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Inferno auf der Startbahn
Die französischen Richter bestätigten damals die These, dass die Concorde Feuer gefangen hatte, weil sie auf der Startbahn des Pariser Flughafens Roissy Charles-de-Gaulle beim Start über eine Titan-Lamelle gerast war, die von einer Continental-Maschine abgefallen war. Dabei platzte nach Einschätzung von Flugunfallermittlern ein Reifen der Concorde und Gummiteile beschädigten das Flugzeug. In einer Kettenreaktion entzündete sich austretendes Kerosin. Rund zwei Minuten nach dem Abheben krachte die Air-France-Maschine in ein Hotel am Flughafen und explodierte. Dem in erster Instanz verurteilten Mitarbeiter von Continental war vorgeworfen worden, das Metallteil nicht richtig an der DC10-Maschine der Continental angebracht zu haben.
Continental weist dieses Unfall-Szenario zurück. Demnach war nicht das Metallteil für die Katastrophe verantwortlich, sondern eine schlechte Wartung der Concorde. Die Anwälte versuchten unter anderem zu beweisen, dass die Concorde schon in Brand geriet, bevor sie über die Metall-Lammelle fuhr. Die Vorsitzende Richterin des Berufungsgerichts von Versailles, Michèle Luga, hielt an der Version der ersten Instanz fest, wonach das Metallstück das Unglück verursachte. Dies rechtfertige aber keine strafrechtliche Verurteilung. Es gebe keinen sicheren Kausalzusammenhang zwischen der Fahrlässigkeit des Continental-Mitarbeiters und dem Unglück.
Opferfamilien bereits 2001 entschädigt
Bei dem Absturz des Überschall-Jets starben am 25. Juli 2000 insgesamt 113 Menschen, darunter 97 Deutsche. Die Passagiere wollten nach New York fliegen und von dort aus zu einer Kreuzfahrt starten. Vier der Opfer kamen in dem Hotel ums Leben, in das die Maschine stürzte. Die Entschädigung für die meisten Opfer-Familien wurde bereits im Mai 2001 geregelt. Über die Summe wurde Stillschweigen vereinbart, Schätzungen gehen von 173 Millionen Euro aus.
Ende eines Luftfahrttraums
Die Concorde war das einzige Überschallflugzeug der zivilen Luftfahrt, das im Dauereinsatz war, für die Gesellschaften British Airways und Air France. Etwa 100 Passagiere fanden in dem silbernen Flieger Platz, der mit mehr als zweifacher Schallgeschwindigkeit (2200 Stundenkilometer) in dreieinhalb Stunden über den Atlantik düste. Nach dem Concorde-Absturz im Jahr 2000 sanken die Passagierzahlen rapide - drei Jahre später stellten die Fluggesellschaften den Betrieb ein.
qu/uh (dpa, afp, rtr)