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GesellschaftDeutschland

Freizeit in Deutschland: Mehr Couch, weniger Kontakte

6. September 2023

Kino oder Konzert? Sport? Internet? Der Freizeit-Monitor zeigt, wie die Deutschen ihre freie Zeit verbringen. Fazit: Nach draußen zieht es sie immer weniger.

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Teenager lümmeln sich auf einem Sofa, alle gucken auf ihre Handys
Die Deutschen verbringen laut einer Befragung ihre Zeit gerne auf der CouchBild: Zacharie Scheurer/dpa/picture alliance

Internet nutzen; Backen oder kochen; Radio hören – all das hat gemeinsam: Man geht diesen Dingen meist von zu Hause aus nach. Und genau deshalb sind diese Freizeitaktivitäten sehr beliebt bei den Deutschen.

Das hat der Freizeit-Monitor von der Stiftung für Zukunftsfragen ergeben. Dafür wurden im Juli und August 2023 über 2000 repräsentativ ausgewählte Bürger und Bürgerinnen ab 18 Jahren befragt.

Ganz oben auf der Liste der beliebtesten Freizeitaktivitäten steht zum vierten Mal in Folge die Nutzung des Internets, gefolgt von Fernsehen und Musikhören. 97 von 100 Befragten nutzen wenigstens einmal die Woche das Internet, 84 schauen fern, 83 hören Musik. Seit rund 40 Jahren untersucht die gemeinnützige Stiftung für Zukunftsfragen das Freizeitverhalten der Bundesbürger und hält die Forschungsergebnisse in einer alljährlichen Freizeitstudie fest.

"Die eigene Couch ist zu einem Epizentrum der modernen Freizeitgestaltung geworden", sagt Ulrich Reinhardt, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung. Die eigene Wohnung oder das Haus böten Raum für Entschleunigung und Erholung. Auch gemeinsame Zeit mit dem Partner und Telefonieren spielt sich am liebsten indoor ab.

"In einer Zeit und Welt, die oftmals von äußeren Einflüssen und Schnelllebigkeit geprägt ist, gewinnt die Gestaltung der Freizeit daheim immer mehr an Bedeutung – sei es als Quelle der Erholung, der persönlichen Interessen oder der zwischenmenschlichen Verbundenheit", sagt Reinhardt. Rückzug also aus einer lauten Welt in die geschützten eigenen vier Wände.

Mehr Freizeit während der Pandemie

Dabei zeigt sich auch im Vergleich zum Jahr 2020: Die Bundesbürger haben rund eine halbe Stunde weniger Freizeit als noch während der Corona-Pandemie. Ein Grund dafür: Viele pendeln inzwischen wieder zur Arbeit, statt im Homeoffice zu arbeiten.

Wenig überraschend: Über die meiste freie Zeit verfügen Ruheständler, Eltern haben die wenigste Zeit zur freien Verfügung.

Zurück ins Kino

Aber eine Art von Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände boomt gerade, wie der Freizeit-Monitor herausgefunden hat. Und das sind kulturellen Aktivitäten. Dazu zählen etwa Museums-, Konzert- und Kinobesuche.

"Da besteht auch ein Nachholbedarf nach Corona", erläutert Reinhardt die Gründe. Einzig der Besuch von Diskotheken und Clubs ist rückläufig – auch verschuldet durch den demographischen Wandel: Die deutsche Gesellschaft wird schlicht zu alt für den Club-Besuch.

Außerdem legen die befragten Bürger und Bürgerinnen auch Wert auf körperliche Aktivitäten – als Ausgleich zu Arbeit und Freizeitgestaltung daheim. Dabei ist Spazierengehen am beliebtesten. "Es gibt ein gesteigertes Bedürfnis nach Bewegung", sagt Reinhardt.

Weniger zwischenmenschliche Kontakte 

Abgenommen haben hingegen laut Freizeit-Monitor die zwischenmenschlichen Kontakte. Diese würden immer unbedeutender. Die Menschen plaudern demnach weniger mit Nachbarn als noch vor zehn Jahren, unternehmen seltener etwas mit Enkeln und Großeltern und treffen seltener Freunde und Bekannte zu Hause.

Noch vor zehn Jahren etwa sagten 45 von 100 Befragten, dass sie einmal pro Woche mit Nachbarn plauderten. 2023 waren das nur noch 34 Befragte.

Das sei durchaus paradox, sagt Reinhardt, denn wir lebten in einer Zeit, "in der wir als Menschheit mehr vernetzt sind als je zuvor". Dennoch verlören persönliche Treffen, gemeinsame Unternehmungen an Bedeutung. "Für die Zukunft", ergänzt Reinhardt "muss es eine Balance geben zwischen diesem modernen Tempo und der Hektik und der Pflege enger menschlicher Verbindung, also Gemeinschaft und Geselligkeit".