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Freude für Hollande

Bettina Kaps7. Mai 2012

Mit Freudenrufen und begleitet von Hupkonzerten zogen viele Franzosen zum Pariser Bastille-Platz, um den Wahlsieg von François Hollande zu feiern. Ein paar Straßen weiter gab es besorgte Gesichter.

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Hollande-Anhänger auf dem Bastille-Platz (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Im Pariser Stadtteil Belleville, wenige Schritte vom Pariser Friedhof Père Lachaise entfernt: Hochhaussiedlungen wechseln mit stuckverzierten Bürgerhäusern. Belleville war lange Zeit ein Einwandererviertel, bis heute hat es einen volkstümlichen Charakter bewahrt. Hier wählen viele Bürger links. So auch Philippe, ein etwa 40-jähriger Lehrer. Nicht etwa deshalb, weil Francois Hollande 60.000 neue Lehrerstellen versprochen hat, betont der Mann. Sondern weil er das zwischenmenschliche Klima im Land nicht mehr aushalte.

Hoffnungen

"Ich erwarte, dass wir jetzt von verantwortungsvollen Politikern regiert werden, die zum Frieden zwischen den Bürgern aufrufen und nicht das Gegenteil tun, wie es bis jetzt der Fall war: nämlich bestimmte Gruppen zu diskriminieren." Philippe hat es nicht ertragen, dass der bisherige Präsident Nicolas Sarkozy die Roma angeprangert, Muslime verunglimpft und Arbeitslose als Nutznießer von Sozialleistungen dargestellt hat. Das habe Frankreich "beschädigt".

Natürlich sei auch die Wirtschaftskrise ein überaus wichtiges Problem. "Niemand ist blauäugig. Wir erwarten keine rosige Zukunft. Aber wenn es wenigstens zu einer Moralisierung des politischen Lebens kommt, dann ist schon sehr viel gewonnen."

Ralia, Amin und Edouard haben sich mit ein paar hundert überwiegend jungen Leuten vor einer Kneipe versammelt und stoßen dort auf den Sieg von Francois Hollande an. Ralia studiert Jura. Die 25-Jährige kann sich nur an rechtsgerichtete Regierungen erinnern. Sie zeigt auf ihre beiden Freunde: "Dieser junge Mann hier ist Jude, ich bin Muslimin, und mein Nebenmann auch. Aber alle drei sind wir Franzosen, alles Andere ist uns völlig unwichtig." Ihre Begleiter stimmen ein. "Wir wollen ein tolerantes und multikulturelles Frankreich", sagt Edouard, der sich als Jude vorstellt. "Wir haben genug von einem Frankreich, das sich entzweit, heute sind wir alle vereint und darauf sind wir stolz!"

Ralia mit Amin und Edouard (Foto: DW)
Ein Jude, zwei Muslime - aber zuallererst FranzosenBild: DW / Bettina Kaps

Ängste

Doch der Wahlsieg des Sozialisten Hollande löst auch Ängste aus. In Belleville sind es vor allem ältere Menschen, die für die Zukunft ihres Landes schwarz sehen. Patrick ist Rentner, früher hat er eine Firma geleitet. Er glaubt, dass Hollande wirtschaftspolitisch nicht den geringsten Handlungsspielraum hat. "Hollande ist gezwungen, genau dieselbe Politik wie Sarkozy zu machen. Dabei wird er große Schwierigkeiten bekommen." Patrick rechnet mit einem heißen Herbst. Spätestens nach der Sommerpause würden viele Menschen ihrer Enttäuschung Luft machen. "Ich bin sicher, dass die extremistischen Parteien von links und von rechts dann großen Zulauf bekommen werden!", prognostiziert der ältere Mann.

Gisèle und Pierre haben einen kleinen Betrieb im Baugewerbe, sie spüren die Krise heute schon. Sarkozy, sagen sie, sei es bisher gelungen, das Schlimmste zu vermeiden. Hollande trauen sie wirtschaftspolitisch gar nichts zu. "Wir werden Zustände wie in Griechenland, Spanien und Portugal bekommen. Hollande wird uns in den Konkurs treiben."

Gisèle und Pierre (Foto: DW)
Gisèle und Pierre befürchten den wirtschaftlichen Niedergang FrankreichsBild: DW / Bettina Kaps

Unterdessen strömten am Abend scharenweise Menschen zum Bastille-Platz, wo die Linken traditionell ihre Siege feiern. Auffallend viele Schwarze waren zu sehen, die ihrer Freude Luft machten. Über einen breiten Boulevard marschierte eine Blaskapelle, dabei spielte sie die Internationale. Vor dem Gare de Lyon-Bahnhof stand ein älterer Taxifahrer in der Warteschlange und polierte seinen Mercedes.

Signale

Er rechne nicht damit, dass die Spekulanten nun über Frankreich herfallen würden, sagte er zuversichtlich. "Deutschland hat schon erste Signale gegeben, dass es François Hollande akzeptieren wird und Angela Merkel fängt an, ihre Forderungen zu mildern." Die Bundeskanzlerin werde sich jetzt mit ihrem unerbittlichen Sparkurs recht allein fühlen und daher vielleicht gezwungen sein, ein bisschen Wachstum in ihren Plan einzufügen. "Aber wenn Frankreich und Deutschland nicht Hand in Hand arbeiten, dann geht alles kaputt." Umso mehr beruhige es ihn, dass Angela Merkel den neuen Präsidenten Hollande unmittelbar nach der Wahl bereits nach Deutschland eingeladen habe.