Kunstmäzen Frieder Burda gestorben
15. Juli 2019Manche Menschen werden mit einem silbernen Löffel im Mund geboren. Später stehen sie vor der Frage, was sie aus dieser glücklichen Fügung machen - den eigenen Leidenschaften frönen oder die Gesellschaft einbeziehen? Frieder Burda wählte beides: Er sammelte Kunst und ließ die Öffentlichkeit daran teilhaben. Am Sonntag ist der Mäzen im Alter von 83 Jahren in Baden-Baden gestorben.
Er hinterlässt eine international bedeutende Privatsammlung mit mehr als 1000 Werken - darunter Kunst von Pablo Picasso, Max
Beckmann, Ernst-Ludwig Kirchner, Gerhard Richter, Georg Baselitz, Jackson Pollock und Sigmar Polke. 1998 gründete er die Stiftung Frieder Burda, die der Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft dient. Seine Kunstsammlung machte Burda 2004 im eigens dafür gebauten Museum in Baden-Baden, nahe seinem Geburtsort, der Öffentlichkeit zugänglich. Der erklärte Wunsch Burdas war es, die Kunst mit möglichst vielen Menschen zu teilen. Das Museum finanzierte er als einziger Stifter allein: "Mir ging es immer gut, deswegen wollte ich etwas zurückgeben an meine Stadt, an mein Land", sagte Burda 2011 dem Magazin "Wirtschaftswoche".
Vorgezeichneter Karriereweg
Bis sich die Leidenschaft durchsetzte, dauerte es allerdings etwas. Als Sohn des Verlegerehepaares Franz und Aenne Burda schien sein Weg lange vorgezeichnet. Frieder Burda kam am 29. April 1936 als zweiter Sohn des Paares zur Welt. Nach der Schulzeit absolvierte er eine Drucker- und Verlagslehre, im Konzern des Vaters erhielt er das kaufmännische Rüstzeug. Nach mehreren Jahren im Ausland übernahm Burda eine Druckerei in Darmstadt, ehe er 1973 in die Offenburger Zentrale des Burda-Zeitschriftenverlags wechselte.
Als der Vater 1986 starb, erbten Frieder und sein älterer Bruder Franz ein Portfolio an Unternehmensbeteiligungen, der jüngere Bruder Hubert erhielt den Druck- und Verlagsbereich mit der Illustrierten "Bunte". Die Beziehung zum jüngeren Bruder wurde kurz darauf schwer belastet: Als die beiden älteren ihre Anteile am Axel-Springer-Verlag, in dem auch die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands erscheint,1988 für 530 Millionen D-Mark (rund 271 Millionen Euro) an die Erben von Axel Springer verkauften, klagte Hubert Burda auf ein Vorkaufsrecht - zunächst erfolgreich, in letzter Instanz aber vergeblich. Mit manchen Beteiligungen waren die beiden älteren Brüder erfolgreich, andere meldeten Konkurs an.
Unabhängigkeit von den Eltern
Nach dem Tod des Vaters nahm die Sammelleidenschaft Frieder Burdas Fahrt auf. "Die Kunst hat mir vor allem geholfen, ein Stück innere Unabhängigkeit von meinen Eltern zu erlangen, in deren Schatten ich immer stand", sagte Burda in einem Interview der Zeitung "Welt am Sonntag". Er habe lange darunter gelitten, der Sohn des erfolgreichen Verlegers zu sein. Bereits 1968 hatte er ein Bild des zeitgenössischen Malers Lucio Fontana gekauft, um seinen Vater zu schockieren: "Es war ein unglaubliches Erlebnis, diese rote, zerrissene Leinwand meinem Vater zu präsentieren." Die Provokation verlief allerdings im Sand, weil Vater Franz das Bild interessant fand.
Ab Mitte der 1980er Jahre verfolgte Frieder Burda die Kunst schließlich systematisch. Er erwarb Bilder von Max Beckmann, Gerhard Richter und Sigmar Polke. Nicht der Wert oder die kunsthistorische Bedeutung hätten ihn an einem Kunstwerk interessiert, sondern ein Impuls, der von ihm ausgehen musste: Frieder Burda wollte beim Betrachten sein Herz klopfen spüren.
Richter wurde zu teuer
Damit lag er häufig richtig - die Werke von Richter und Polke sind seither im Wert unermesslich gestiegen. Deutschlands Kulturstaatsministerin würdigte den Kunstmäzen nach seinem Tod. Seine Sammlung sei eine der "bedeutendsten Privatkollektionen weltweit", so Monika Grütters von der konservativen CDU.
Mit dem deutschen Maler, Bildhauer und Fotografen Gerhard Richter war Frieder Burda befreundet, rund 50 seiner Arbeiten zählen zur Sammlung, neue kamen ab einem gewissen Zeitpunkt nicht hinzu, weil Burda nicht bereit gewesen sei, zehn Millionen Euro für ein Bild von ihm auszugeben. Die Werke Richters gehören zurzeit auf dem Kunstmarkt zu den teuersten, die man von einem lebenden Künstler erstehen kann.
2016 übergab der Sammler die Verantwortung für die Sammlung Burda an seine Stieftochter, die Kunsthistorikerin Patricia Kamp. Dem Kunstmagazin "Monopol" sagte sie damals über die Wünsche Frieder Burdas: "Für ihn ist es sehr wichtig, dass die Sammlung lebendig bleibt, dass er sie in Baden-Baden und jetzt auch in Berlin zeigen, damit den Menschen eine Freude machen und sie an die Kunst heranführen kann."