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Friedliche Wahl in Tunesien

27. Oktober 2014

Knapp vier Jahre nach dem Start des Arabischen Frühlings hat Tunesien ein neues Parlament gewählt. Viele sehen die Abstimmung als eine Entscheidung zwischen Islam und den Liberalen.

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Wahlen in Tunesien (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Noch sind die Stimmen nicht ausgezählt, da sehen die Säkularen schon Anzeichen für einen Sieg. "Wir haben positive Hinweise, wonach Nidaa Tounès an der Spitze sein könnte", sagte der Chef der größten säkularen Partei, Béji Caïd Essebsi, am Sonntagabend vor Journalisten in Tunis. "Wir können erst von Ergebnissen sprechen, wenn diese offiziell verkündet werden, aber es gibt positive Anzeichen, die wir mit Zufriedenheit und Stolz zur Kenntnis nehmen."

Die islamistische Ennahda-Partei, bisher stärkste Kraft im Parlament, gab sich vorsichtiger. Man wolle sich nicht vorzeitig zu möglichen Ergebnissen äußern. Beide Parteien waren als Favoriten ins Rennen um die 217 Sitze gegangen. Die Wahlkommission will erste Ergebnisse noch an diesem Montag bekanntgeben, Die Wahlbeteiligung lag bei nach ersten Berechnungen bei rund 60 Prozent und damit höher als vor vier Jahren.

Lob aus Deutschland und den USA

An der Spitze des nordafrikanischen Landes steht seit Anfang dieses Jahres eine Regierung von Fachleuten unter Ministerpräsident Mehdi Jomaâ. Sie hatte die Ennahda-Regierung ersetzt, die nach der Ermordung zweier liberaler Oppositionspolitiker zurücktreten musste. Jomaâ bezeichnete die Wahl nach seiner Stimmabgabe am Sonntag als "historisch". Der Tag sei ein Hoffnungsschimmer für die jungen Menschen in der Region, sagte er mit Blick auf die instabile Lage in den anderen Ländern des Arabischen Frühlings.

Die deutsche Regierung bescheinigte Tunesien eine Vorreiterrolle in der kriselnden Region. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, obwohl noch keine Ergebnisse vorlägen, könne festgestellt werden: "Tunesien hat eine weitere wichtige Wegmarke erreicht auf dem Weg zu Demokratie und Freiheit. Das Land bleibt damit unter den Ländern des arabischen Umbruchs ein Lichtblick." Politik und Gesellschaft hätten mit der Bereitschaft zu Dialog und Kompromiss Verantwortungsbewusstsein bewiesen. US-Präsident Barack Obama lobte die Abstimmung als Vorbild für die Region.

Nächster Schritt: die Präsidentenwahl

Die Abstimmung fand unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Aus Angst vor Terroranschlägen militanter Islamisten waren nach offiziellen Angaben 80.000 Polizisten und Soldaten im Einsatz. In der Hauptstadt Tunis bildeten sich am Vormittag lange Schlangen vor den Schulen, in denen abgestimmt wurde. Später leerten sich die Abstimmungszentren. Aus Kreisen europäischer Wahlbeobachter und seitens der Wahlkommission hieß es, die Abstimmung sei ruhig und geordnet verlaufen. Mit der Wahl eines Präsidenten bis Ende des Jahres soll der mit der Jasminrevolution eingeleitete Weg in die Demokratie abgeschlossen sein.

In Tunesien war Anfang 2011 der langjährige Machthaber Zine El Abidine Ben Ali durch Proteste von Bürgern aus dem Amt gejagt worden. Dies war der Auftakt des sogenannten Arabischen Frühlings, der auf weitere Länder übergriff. Aber nur in Tunesien führte der Umsturz zu relativ stabilen demokratischen Verhältnissen.

gmf/gri (afp, dpa, rtr)