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Friedlicher Wahltag in Mosambik

António Cascais/Philipp Sandner15. Oktober 2014

Vor Kurzem stand Mosambik noch an der Schwelle zum Bürgerkrieg. Nun haben die Mosambikaner friedlich ihren neuen Präsidenten gewählt. Die Wahlbeteiligung ist groß, doch in einigen Wahllokalen gibt es Unregelmäßigkeiten.

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Mosambik Afrika Wahlen Wähler Wahlstand Urne Foto: Arcénio Sebastião, DW
Bild: Arcénio Sebastião

Eine Reihe von Zwischenfällen hat einen überwiegend friedlichen Wahltag in Mosambik überschattet. Zahlreich strömten die Menschen am Mittwoch (15.10.2014) zu den Wahlurnen. Während in der Hauptstadt Maputo die Wahlen geregelt verliefen, berichteten Korrespondenten der DW und unabhängige Beobachter der Anti-Korruptionsorganisation CIP von Problemen im Zentrum und im Norden des Landes. So hatten in der Provinz Nampula, dem größten Wahlbezirk des Landes, mehrere Wahllokale zunächst nicht geöffnet, in zahlreichen Lokalen waren Wählerlisten nicht auffindbar. Ähnliche Probleme wurden aus der Provinz Sofala berichtet. Beide betroffenen Provinzen gelten als Hochburg der Opposition.

Im Distrikt Tsangano in der nördlichen Provinz Tete verbrannten Anhänger der größten Oppositionspartei "Nationaler Widerstand in Mosambik" (RENAMO) neun Wahlurnen. Die Wahllokale hatten wie vorgesehen um sieben Uhr geöffnet. Die Delegierten der RENAMO trafen aber erst später ein und verlangten, die Abstimmung neu zu beginnen. Anschließend setzten Anhänger der RENAMO die Urnen mit den Stimmzetteln in Brand, woraufhin die Wahlleiter die Flucht ergriffen. Etwa 2900 Wähler hätten deswegen nicht abstimmen können, erklärte die Provinzwahlleitung gegenüber der DW. RENAMO-Vertreter erklärten gegenüber der CIP, die Urnen seien bereits vor Wahlbeginn mit Stimmzetteln für die Regierungspartei FRELIMO gefüllt worden.

Vor einigen Wochen war noch unsicher gewesen, ob die Mosambikaner die Chance haben würden, über ihren neuen Präsidenten und die Abgeordneten abzustimmen. Denn erst Anfang September unterzeichnete Oppositionsführer Afonso Dhlakama einen Friedensvertrag mit der Regierung und beendete damit einen Streit, der drohte, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen. Sich selbst sicherte er durch den Friedensschluss in letzter Minute die Präsidentschaftskandidatur der RENAMO.

Filipe Nyusi mit Frau und anderem Menschen auf dem Weg zum Wahllokal in Maputo Foto: António Cascais, DW
Verteidigungsminsiter Filipe Nyusi tritt für die regierende FRELIMO anBild: DW/A. Cascais

Starke Opposition sorgte im Wahlkampf für Spannung

Eines ist jetzt schon sicher: An der Spitze des mosambikanischen Staates wird demnächst ein neuer Präsident stehen. Denn Amtsinhaber Armando Emílio Guebuza von der seit der Unabhängigkeit 1975 ununterbrochen regierenden "Front für die Befreiung Mosambiks" (FRELIMO) ist verfassungskonform nach seiner zweiten Amtszeit nicht erneut angetreten. Filipe Nyusi, der als sein Nachfolger für die FRELIMO ins Rennen ging, zeigte sich nach seiner Stimmabgabe am Morgen in der Hauptstadt Maputo zuversichtlich. Der bisherige Verteidigungsminister verwies gegenüber Reportern im Wahllokal auf die Erfolge seiner Regierung: "Das Ergebnis wird der Sieg des Kandidaten sein, der gerade zu Ihnen spricht - und der Sieg des mosambikanischen Volkes."

Doch Nyusi hat starke Gegner. Im gleichen Wahllokal hatte schon eine halbe Stunde zuvor RENAMO-Kandidat Dhlakama seine Stimme abgegeben - umjubelt von seinen Anhängern. "Die Leute wollen den Wandel", sagte Dhlakama der DW, "vor allem die Jugend will den Wechsel. Es war ein leichter Wahlkampf."

Wahlen Mosambik 15.10.2014 Afonso Dhlakama Foto: GIANLUIGI GUERCIA/AFP
Ex-Rebellenführer Alfonso Dhlakama rechnet sich gute Chancen aus.Bild: AFP/Getty Images/Gianluigi Guercia

Beobachtern zufolge ist der Ausgang der Wahlen diesmal offen. Denn die zwei wichtigsten Oppositionsparteien RENAMO und MDM sind stark wie nie zuvor. Für die erst 2009 gegründete MDM kandidierte der charismatische Daviz Simango, der gleichzeitig Bürgermeister der zweitgrößten Stadt Mosambiks, Beira, ist.

Es geht um die Stabilität des Landes

Die Wahlen gelten als Test für die Demokratie Mosambiks. Zwei Jahre Instabilität liegen hinter dem Land, das aufgrund der großen Vorkommen von Kohle und Gas inzwischen zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt zählt. In den vergangenen Jahren hat sich die wirtschaftliche Lage des Landes, das in den 90er Jahren noch als ärmstes der Welt galt, stetig verbessert. Viele Mosambikaner sind trotz des Aufschwungs aber unzufrieden, fühlen sich zurückgelassen und prangern die Arroganz und Selbstbereicherung der Regierung an. Vor allem auf dem Land ist bisher wenig vom Aufschwung angekommen, die meisten Mosambikaner sind weiter arm.

RENAMO-Führer Afonso Dhlakama warf der FRELIMO bei vergangenen Wahlen immer wieder Wahlfälschungen vor. Die FRELIMO sei unfähig, die Macht zu teilen, und untergrabe den Friedensvertrag von 1992, der einem 20 Jahre dauernden, blutigen Bürgerkrieg ein Ende setzte. Vor zwei Jahren zog sich Dhlakama mit einigen bewaffneten Gefolgsleuten wieder in sein ehemaliges Hauptquartier in den Bergen von Gorongosa zurück und drohte mit einem neuen Bürgerkrieg. Im letzten Moment reichten sich beide Lager wieder die Hand. Für Dhlakama war das der einzige Weg, um bei den Wahlen antreten zu können. Am Wahlmorgen zeigte er sich optimistisch: "Ich hoffe, dass es zum ersten Mal in Mosambik Wahlen gibt, die akzeptabel, ordentlich und glaubwürdig sind", sagte Dhlakama der DW und fügte hinzu: "Ich glaube daran."

Ein Wahlhelfer taucht den Finger eines Wählers in ein Tintenfass Foto: REUTERS/Grant Lee Neuenburg
Vor allem auf dem Land werden Unregelmäßigkeiten aus einigen Wahllokalen gemeldetBild: Reuters/Grant Lee Neuenburg

In der Tat scheint der Konflikt dem RENAMO-Führer nicht geschadet zu haben. Auf seinen Wahlkampfveranstaltungen wurde er im ganzen Land als Held gefeiert, als unerschrockener Kämpfer gegen die Alleinherrschaft der FRELIMO. Doch viele Beobachter zweifeln noch daran, dass die Wahlen einen dauerhaften Frieden garantieren können. Mit ersten Prognosen wird im Laufe des Donnerstags gerechnet. Wenn keiner der Präsidentschaftskandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erhält, soll eine Stichwahl über das neue Staatsoberhaupt entscheiden.