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DVD-Tipp: Fritz Lang, Bertolt Brecht & die Nazis

28. Dezember 2011

Im Exil in Hollywood taten sich 1942/43 zwei Große der deutschen Kultur zusammen und drehten einen Film. "Auch Henker sterben" erzählt die Geschichte des Attentats auf Reinhard Heydrich in der Tschechoslowakei.

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Szene aus dem Fritz Lang-Film: Auch Henker sterben (Bild: absolut Medien GmbH)
Flucht vor den Nazis: Brian Donlevy als Heydrich-AttentäterBild: absolut Medien

Der Film wurde gedreht, als der mörderische Krieg der Nationalsozialisten in Europa noch in vollem Gang war. Die Deutschen hatten ganz Europa mit ihren Kriegsgräueln überzogen, die Juden wurden zu Zehntausenden vergast. Auch wenn sich im Jahr 1943, als "Auch Henker sterben" in die amerikanischen Kinos kam, das Blatt gegen Hitler und seine Schergen wendete, so war das Ende des 2. Weltkriegs damals noch nicht absehbar. Das muss man sich als Betrachter des Films von Fritz Lang unbedingt in Erinnerung rufen.

Szene aus dem Fritz Lang-Film: Auch Henker sterben (Foto: absolutmedien/filmedition suhrkamp)
Ruhe bewahren - die Attentäter im VersteckBild: absolut Medien

"This is not The End" wird dann auch am Ende des Films von Fritz lang eingeblendet, ein einfaches "The End" hätte die Zuschauer wohl noch frustrierter aus den Lichtspielhäusern entlassen. Dabei ist "Auch Henker sterben" ein eindeutiges Plädoyer für den Widerstand gegen Nationalsozialismus und Unterdrückung. Ein Film, der jüngste historische Ereignisse aus Europa erzählt, sie mit einer erfundenen Handlung aufpeppt, melodramatisch einbettet und dabei hartem Realismus und unterhaltenden Momenten gleichermaßen Raum einräumt. "Auch Henker sterben" ist vor allem das Produkt zweier Männer: des Schriftstellers Bertolt Brecht und des gebürtigen Österreichers Fritz Lang, dem bis 1933 einflussreichsten Regisseur des deutschen Films.

Gemeinschaftsprojekt zweier Emigranten

War Brecht 1933 zunächst nach Prag geflüchtet und dann, nach vielen weiteren Stationen in Europa, 1941 in die USA gelangt, so hatte Fritz Lang nach einem kurzen Zwischenspiel in Frankreich früh in Hollywood Fuß fassen können. Brecht sollte das amerikanische Exil stets als fremd empfinden, er war in den USA letztendlich auch nicht willkommen. Lang dagegen knüpfte in der Neuen Welt an seine bis dahin sehr erfolgreiche Regietätigkeit an und drehte - trotz zwischenzeitlicher Rückschläge - zahlreiche Meisterwerke. Für Brecht sollte das Drehbuch zu "Auch Henker sterben" die einzige Arbeit für die Studios an der Westküste der USA bleiben. Brecht und Lang sollten sich im Laufe der Zusammenarbeit zerstreiten, wobei die Wut und der Ärger beim Schriftsteller wesentlich größer waren als die des Filmemachers.

Szene aus dem Fritz Lang-Film: Auch Henker sterben (Foto: absolutmedien/filmedition suhrkamp)
In den Zeitungen wird über die Geiselerschießungen berichtetBild: absolut Medien

"Auch Henker sterben" basiert auf dem Attentat auf den "stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren", Reinhard Heydrich. Zwei tschechische Widerstandskämpfer hatten Heydrich im Mai 1942 mit einer Handgranate so schwer verletzt, dass der als besonders grausam auftretende SS-Offizier wenige Tage nach dem Anschlag starb. Die Reaktionen der deutschen Besatzer fielen damals drakonisch und furchtbar aus. Fünf Tage nach dem Tod Heydrichs wurde das Dorf Lidice dem Erdboden gleichgemacht, die älteren männlichen Bewohner getötet. In Prag nahmen die Nazis viele Männer in Geiselhaft und ermordeten sie aus Rache für den Tod Heydrichs.

"Für Zuschauer, die nicht denken..."

Brecht schrieb das Drehbuch zu "Auch Henker sterben" gemeinsam mit dem amerikanischen Autor John Wexley, die Idee hatte Fritz Lang zuvor gemeinsam mit Brecht entwickelt. Warum die beiden später nicht mehr zueinanderfanden, ist in dem ausführlichen Booklet der DVD-Edition des Suhrkamp-Verlags nachzulesen. Es ging vor allem um die Gewichtung einiger Szenen und Figuren, um Rollenbesetzungen und Honorarfragen. Klar ist jedoch auch: Einen größeren Gegensatz als der zwischen Hollywood und Brecht ist kaum denkbar: "Immer wieder staune ich über die Primitivität des Filmbaus", schrieb Brecht während der Arbeit zum Film in sein Arbeitsjournal, "diese 'Technik kommt mit einem erstaunlichen Minimum an Erfindung, Intelligenz und Humor und Interesse aus. Man klettert von Situation zu Situation und setzt beliebig Figuren ein, es wird damit gerechnet, dass die Schauspieler nicht spielen, und die Zuschauer nicht denken können."

Szene aus dem Fritz Lang-Film: Auch Henker sterben (Foto: absolutmedien/filmedition suhrkamp)
Alexander Granach (l.) als Gestapo-InspektorBild: absolut Medien

Fritz Lang sah die Sache naturgemäß anders, er war milder gestimmt. "Ich hatte völliges Vertrauen zu Wexley und Brecht", gab Lang Jahre später in einem Interview zu Protokoll. Der Regisseur sagte auch zugunsten Brechts aus, als nach den Dreharbeiten vor einem Schiedsgericht weiter um die Autorschaft des Drehbuchs gestritten wurde. Natürlich war Fritz Lang mit den Gegebenheiten in Hollywood, den kommerziellen Anforderungen und auch der Mentalität der Amerikaner wesentlich besser vertraut als Brecht. Dieser notierte später wütend: "Rezept für Erfolg im Filmeschreiben: Man muss so gut schreiben, als man kann, und das muss eben schlecht genug sein."

Experiment und Unterhaltung

Doch für die Mitarbeit an dem Werk muss sich heute keiner schämen. "Auch Henker sterben" ist ein ungewöhnlicher Film aus Hollywood über den Schrecken nationalsozialistischer Kriegsführung. Ein Film, der Hollywood-Klischees ebenso bedient, wie er sie unterläuft. Ein Werk auch, das dokumentarische Anteile hat, einen für Hollywood-Verhältnisse ungewöhnlich langsamen Rhythmus (Spielzeit 130 Minuten), sich Zeit nimmt für scheinbar Nebensächliches. "Auch Henker sterben" ist aber auch ein Produkt der Unterhaltungsmaschinerie Hollywood mit kräftigen melodramatischen Elementen und einer ausgeklügelten Spannungsdramaturgie.

Szene aus dem Fritz Lang-Film: Auch Henker sterben (Foto: absolutmedien/filmedition suhrkamp)
Spannung bis zum Schluß: "Auch Henker sterben"Bild: absolut Medien

Dementsprechend unterschiedlich fielen die Reaktionen der zeitgenössischen amerikanischen Kritik aus. "Der Film zeigt eindringlich, dass Faschismus tödlich ist" schrieb der "San Francisco Star", die "Los Angeles Times" notierte: "Der härteste und schockierenste aller Kriegs-Propagandafilme". Die "New York Times" dagegen bemängelte die blassen Darsteller und die gemächliche und schwerfällige Regie. Und auch die "New Republic" kritisierte: "Es ist die Hitchcocksche Mann-versucht-vor-der-Polizei-zu-fliehen-Handlung, aber im Gegensatz zu Hitchcock fehlt die Eleganz, die Spannung, die Geschmeidigkeit." Heute, 70 Jahre später und mit dem Wissen, dass der Krieg erst nach zwei weiteren grausigen Jahren für die Deutschen verloren war, sieht man den Film mit anderen Augen. Er ist unbedingt ein Wiedersehen wert!

Fritz Lang: "Hangmen Also Die!"/"Auch Henker sterben", USA 1943, mit Brian Donlevy, Walter Brennan, Anna Lee, Gene Lockhart, Reinhold Schünzel, Alexander Granach u.a., 130 Minuten, mit ausführlichem Booklet, erschienen in der Reihe "filmedition suhrkamp" beim DVD-Anbieter "absolut medien".

Autor: Jochen Kürten
Redaktion: Angela Müller