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Fritz: "Wollte Zeitpunkt selbst wählen"

Steffen Focke12. Februar 2016

Im Sommer wird Bremens Kapitän Clemens Fritz seine Karriere in der Bundesliga beenden. Im DW-Interview spricht er über den Abstiegskampf mit Werder Bremen und sein nahendes Karriereende.

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Clemens Fritz klatscht (Foto: picture-alliance/nordphoto/Kurth)
Bild: picture-alliance/nordphoto/Kurth

Zwischen Abschied und Abstiegskampf

DW: Clemens Fritz, als Sie 2006 zum SV Werder Bremen gekommen sind, spielte Bremen noch in der Champions League und es ging um die Meisterschaft. Heute geht es eigentlich hauptsächlich im Abstiegskampf zur Sache. Was ist passiert in der Zeit?

Clemens Fritz: Es hat sich einiges verändert. Es ist natürlich so, dass die Einnahmen gefehlt haben, als wir vor fünf oder sechs Jahren die Champions League nicht mehr erreicht haben. Da musste der Kostenapparat runter geschraubt werden und wir haben einen Qualitätsverlust erlitten. Dann war es klar, dass ein Umbruch geschieht. Ich war aber bereit diesen Weg mitzugehen, auch mit den jungen Spielern, und wollte versuchen meine Erfahrung weiter zu geben. Ich war mir also bewusst, dass es zu etwas anderen Zeiten kommt.

Es war ja nicht der erste Abstiegskampf in den letzten Jahren sondern schon der dritte oder vierte. Was macht diesen denn besonders?

Eigentlich ist es nichts Besonderes, im Abstiegskampf vertreten zu sein. Sicherlich haben wir Erfahrung aus den letzten Jahren. Allerdings ist das kein Vorteil, auf dem man sich ausruhen sollte. Aber wir wissen, mit der Situation umzugehen. Ich glaube an uns als Mannschaft und ich glaube, wir sind als Mannschaft gefestigt genug, um die Situation zu bewältigen. Wir sind ganz gut in die Rückrunde gestartet, auch mit dem Sieg im Pokal vergangene Woche. Ich hoffe natürlich, dass wir daraus viel Mut und viel Selbstvertrauen ziehen, gerade auch für die nächsten schwierigen Aufgaben.

Werder Bremen hat in der Winter-Transferperiode fünf neue Spieler verpflichtet. Wie bewerten Sie die Tatsache, dass so viele Spieler geholt wurden?

Clemens Fritz jubelt gemeinsam mit Miroslav Klose (l.) und Torsten Frings (r.) (Foto: picture-alliance/Pressefoto Ulmer/B. Hake)
Lange her: Clemens Fritz jubelt gemeinsam mit Miroslav Klose (l.) und Torsten Frings (r.)Bild: picture-alliance/Pressefoto Ulmer/B. Hake

Vergangenes Jahr sind auch drei oder vier Spieler dazugekommen, die uns unglaublich weitergeholfen haben, gerade wenn ich jetzt an Jannick Vestergaard denke oder Koen Casteels. Es war schon eine gute Erfahrung, die wir vergangenes Jahr damit gemacht haben, aber auch in diesem Jahr war es sicherlich so nicht geplant. Es gab einige Spieler, die uns verlassen haben, aber es sind auch welche dazugekommen und mit ihnen auch Qualität. Das ist natürlich auch wichtig im Abstiegskampf.

Wie schätzen Sie Papy Djilobodji ein, den Neuzugang vom FC Chelsea?

Ich bin beeindruckt von ihm. Er ist vom ersten Tag sehr positiv aufgetreten, hat direkt das Gespräch gesucht, hat auch nur drei oder vier Trainingseinheiten mit uns gemacht und wurde dann direkt ins kalte Wasser geworfen. Das erste Spiel auf Schalke hat er auch sehr gut absolviert. Er ist ein Spieler, der über Erfahrung verfügt, der auch Verantwortung übernimmt, und ist auch einer, der direkt auf dem Platz mit dirigiert und organisiert hat. Er tut uns sehr gut. Eine sehr gute Verpflichtung für uns.

Seit dem Winter ist bekannt, dass Sie nach der Saison aufhören werden. Wie fühlt es sich an, zu wissen, dass bald Schluss ist?

Es ist so, dass ich mir schon sehr lange Gedanken darüber gemacht habe. Für mich war es immer wichtig, den Zeitpunkt selber zu entscheiden. Ich wollte nicht, dass mir mein Körper durch Verletzungen den Zeitpunkt bestimmt, weil es schon so ist, dass es im Alter immer schwieriger wird, nach einer Verletzung wieder den Anschluss zu finden. Es kann natürlich auch immer sein, dass der Trainer sagt, es reicht nicht mehr ganz oder der Verein den Zeitpunkt bestimmt. Es war wichtig, das jetzt publik zu machen, denn ich hatte keine Lust mehr auf die Fragen: Machst du noch weiter? Wie lange spielst du noch? Ich wollte mich voll und ganz auf das Projekt Klassenerhalt konzentrieren können.

Worauf freut man sich nach mehr als 15 Profi-Jahren am meisten?

Sicherlich auf ein bisschen freie Zeit, denn der Fußball hat doch mein ganzes Leben bestimmt. Ich habe ja als Siebenjähriger bei Rot-Weiß Erfurt angefangen, dann kam die Schulzeit auf dem Sportgymnasium. Der Fußball hat eben mein Leben und meinen Alltag komplett diktiert. Das ging dann natürlich auf den nächsten Stationen weiter bis hier nach Bremen. Jetzt freue ich mich auf die kleinen Dinge wie Familienfeste, Geburtstage, an denen dann auch wieder teilnehmen kann, was doch in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen ist.

Clemens Fritz bei der Euro 2008 (Foto: picture-alliance/Stefan Matzke/sampics)
2008 wurde Fritz mit Deutschland Vize-EuropameisterBild: picture-alliance/Stefan Matzke/sampics

Seitdem Sie ihren Abschied bekannt gegeben haben, erleben wir ein Leistungshoch bei Ihnen. Gibt es da einen Zusammenhang?

Das will ich gar nicht so sagen. Ich glaube schon, dass ich mich ganz gut einschätzen kann und dass ich auch in der Hinrunde schon ganz ordentliche Leistungen gebracht habe. Das Spiel gegen Schalke mit meinem Doppelpack war aber sicherlich ein besonderes Spiel für mich. Besser hätte es nicht laufen können. Es war ja auch mein 300. Bundesligaspiel und hat zum Rückrundenauftakt extrem wichtige Punkte für uns gebracht. Ich will das aber auch gar nicht alles überbewerten. Es sind im Fußball immer Momentaufnahmen und der Fußball ist sehr schnelllebig. Das kann nächste oder übernächste Woche schon wieder ganz anders aussehen. Für mich ist es einfach wichtig, immer meine Leistung zu bringen und der Mannschaft und dem Verein zu helfen, die Ziele zu erreichen.

Clemens Fritz, geboren 1980, spielt seit 2003 in der Bundesliga. Nach drei Jahren bei Bayer 04 Leverkusen wechselte er 2006 zum SV Werder Bremen, wo er heute Mannschaftskapitän ist. 22 Mal spielte Fritz auch für die deutsche Nationalmannschaft und war Teil des Kaders bei der EM 2008. Fritz hat 2008 die Clemens-Fritz-Stiftung gegründet, die sich um bedürftige Kinder, Jugendliche und Familien kümmert.

Das Interview führte Steffen Focke