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Frühjahrsoffensive der Taliban

Said Musa Samimy 6. März 2007

Die von der NATO geführten ISAF-Kräfte bereiten sich auf die angekündigte "groß angelegte Frühjahrsoffensive" der Taliban-Milizen vor. Dabei rechnen sie mit einer schweren militärischen Konfrontation.

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Generalleutnant David M. Rodriguez, Befehlshaber der 82. Airborne Division, wird von einem US-Soldaten im Osten Afghanistans begrüßt, Quelle: AP
Als Reaktion auf die angekündigte Frühjahrsoffensive der Taliban-Milizen verstärken die USA ihre Truppen in AfghanistanBild: AP

Die Ankündigung der Taliban-Milizen, sie hätten etwa 6000 Aufständische mobilisiert, ist mit Vorsicht zu genießen. Wie in der Vergangenheit öfters der Fall, könnte sie erneut Bestandteil eines psychologischen Krieges sein. So hatten die Taliban schon bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen in den Jahren 2004 und 2005 vergeblich angekündigt, die Wahlen durch Terrorakte gänzlich zu verhindern.

Trotzdem darf die aktuelle Gefahr nicht bagatellisiert werden. Denn für die von der Taliban zunehmend präferierte Kampftaktik, nämlich die Verübung von Selbstmordanschlägen, würden selbst ein paar Hunderte ideologisch geschulte und zum Selbstmord entschlossene Kräfte ausreichen, um innerhalb der Bevölkerung Unruhe zu stiften.

Schwindende Rückendeckung in der Bevölkerung

Die Taliban-Milizen haben in weiten Teilen im Süden und Osten des Landes deutlich an Sympathie verloren. Nicht nur aufgrund der terroristischen Aktionen, wodurch die Zivilbevölkerung selbst betroffen ist, sondern auch wegen der Erkenntnis, dass durch die permanente Zerstörung der Infrastruktur die Aufbaubemühungen zunichte gemacht werden. Hinzu kommt, dass die Taliban-Milizen durch gezielte Ermordung gemäßigter Geistlicher des Landes, die eher dem traditionellen Volks-Islam und damit der Regierung nahe stehen, sich auch religiös von der Bevölkerung isoliert haben.

Laut Volker Barth, im Norden Afghanistans stationierter deutscher Brigadier-General, können die Taliban-Kämpfer ohne Rückendeckung der heimischen Bevölkerung nur schwer operieren: "Ich glaube, dass Kräfte wie die Taliban nur dort Fuß fassen können, wo die Bevölkerung, die sie umgibt, dies auch zulässt und befürwortet."

Genügend Rekrutierungsquellen für Taliban-Kämpfer

Dennoch haben die Taliban-Milizen noch genügend Rekrutierungsquellen. Zunächst gibt es nach wie vor "vagabundierende Mudschahedins", die als Söldner ihren Lebensunterhalt verdienen. Außerdem bietet sich die Möglichkeit an, durch den von der Taliban propagierten "Dschehad" den himmlischen Segen zu bekommen, nämlich als Märtyrer zu sterben. Als eine weitere Rekrutierungsquelle dient den Taliban-Milizen ihre Allianz mit der Drogen-Mafia. Die im Süden, vor allem in der Helmand-Provinz fest verankerten Drogenbosse arbeiten traditionell eng mit den Taliban-Kämpfern zusammen.

Militante Taliban-Kämpfer posieren in der Provinz Zabul, südlich von Kabul, Quelle: AP
Die Taliban-Milizen haben zahlreiche Rekrutierungsquellen in Afghanistan und im angrenzenden PakistanBild: AP

Der Stellenwert der Taliban und die Gefahr, die von ihnen ausgeht, müssen auch im Kontext der regionalen Entwicklung gesehen werden. Die Regierung in Islamabad hat in den letzten drei Jahrzehnten Pakistan zunächst als Frontstaat gegen den sowjetischen Einfluss, später auch gegen den internationalen Terrorismus gesehen. Die pakistanischen Militärs haben diese Frage stets im Sinne der Etablierung ihrer autoritären Herrschaft instrumentalisiert. Dafür haben sie großzügige militärische und ökonomische Hilfe von der internationalen Gemeinschaft bekommen.

Im Verdacht: Pakistanischer Geheimdienst mobilisiert Taliban

Asadullah Walwaji, afghanischer Militärexperte, ist überzeugt, dass Pakistan die Taliban als finanzielles Druckmittel einsetze. Trotz ständiger Dementis seitens Islamabads, wird zunehmend klarer, dass die Taliban-Milizen pakistanisches Territorium nicht allein als Rückzugsgebiet benutzen.

Der in Quetta, der Hauptstadt der pakistanischen Provinz Baluchistan, operierende Führungsrat der Taliban, bekannt auch als "Quetta-Schora", macht kein Hehl daraus, dass die Taliban-Milizen ihre Kämpfer aus den religiösen Schulen "Madrasah" in Pakistan rekrutieren. Zunehmend wird der pakistanische Militärgeheimdienst (ISI) für die Mobilisierung und logistische Unterstützung der Taliban verantwortlich gemacht.

Verhaftete Pakistani, die unter Verdacht stehen, Mitglieder der Taliban-Milizen zu sein, Quelle: AP
Verhaftete Pakistani, die unter Verdacht stehen, Mitglieder der Taliban-Milizen zu seinBild: AP

Selbstmordattentäter nach irakischem Muster

Die afghanische Regierung erhofft sich von den ISAF-Kräften der NATO, dass die Terrorisierung der Bevölkerung durch die Taliban aufhört. Diese Aufgabe könnte sich jedoch schwieriger als erhofft erweisen. Denn zum einen weisen Militärbeobachter auf Mängel bei der NATO-Truppe hin, vor allem bei der Logistik und Luftunterstützung.

Zum anderen müssen sich die NATO-Soldaten auf die neue Taktik der Taliban-Kämpfer einstellen: Die Taliban-Milizen vermeiden die direkte Konfrontation mit afghanischen und internationalen Sicherheitskräften und setzen verstärkt, nach irakischem Muster, Selbstmordattentäter ein. Trotzdem gehen die NATO-Kräfte in Afghanistan davon aus, dass es einen klaren politischen Auftrag gebe und das Ziel der Mission erreichbar sei.

USA und Großbritannien wollen Truppenstärke erhöhen

US-Präsident George Bush hat zuletzt ein Hilfspaket von etwa 11,8 Milliarden Dollar und die Erhöhung der amerikanischen Truppenstärke in Afghanistan angekündigt. Auch Großbritannien unterstützt die Haltung der USA. Letzte Woche kündigte der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon an, die Stärke der britischen Truppen in Afghanistan von 1400 Mann auf 7700 aufzustocken. Damit würde Afghanistan zum größten Einsatzgebiet britischer Soldaten.

Die USA und Großbritannien fühlen sich jedoch im Stich gelassen von Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland. Der Einsatz der Tornados für Aufklärungsflüge, worüber im Bundestag noch entschieden wird, reicht ihnen nicht aus.