G7-Finanzminister meiden das Hauptthema
11. Mai 2017Das wichtigste Konfliktthema haben die G7-Finanzminister und Notenbankchefs für ihr Treffen am Freitag und Samstag in der italienischen Adria-Hafenstadt Bari schon im Vorfeld gestrichen. Über das, was man unter freiem und fairen Handel in der Welt versteht, unter Protektionismus und Handelshürden, wollen sie dort nicht erneut streiten, so kündigten jedenfalls Vertreter der italienischen Präsidentschaft in der G7-Gruppe der führenden Industrieländer an. Für so manchen Teilnehmer hat das Treffen ohnehin vor allem Lerncharakter. "Es wird eine weitere Möglichkeit sein, näher kennenzulernen, was die neue US-Regierung denkt und plant", sagte ein langjähriger G7-Delegierter. So hat Finanzminister Steven Mnuchin inzwischen zwar die Steuerpläne von US-Präsident Donald Trump konkretisiert - doch haben die Partner auch hierzu noch viele Fragen.
Fundament mit Rissen
Die G7 mit den Partnern USA, Kanada, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien war einmal das wichtigste Abstimmungsforum der globalen Finanz- und Wirtschaftspolitik. Mit der Finanzkrise von 2008 verlor sie diese Rolle an die G20, die auch die wichtigsten Schwellenländer wie China, aber auch Russland einschließt. Seither verstehen sich die G7-Mitglieder wieder mehr als ein Forum, das gemeinsame Interessen und eine gemeinsame Wertebasis von Freiheit, Demokratie, Wettbewerb und Rechtsstaatlichkeit verbindet. Auch das Bekenntnis zu einem freien Welthandel gehörte dazu. Doch mit der Trump-Regierung, die unter dem Leitmotto "Amerika zuerst" agiert, wird im Kreise der Partner gefragt, ob das alles noch so gilt. Das gemeinsame Fundament zeigt Risse.
Geht es nach den italienischen Gastgebern, so soll das Finanzminister-Treffen in Bari und zwei Wochen später der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im sizilianischen Taormina aber die Gemeinsamkeiten betonen. Ob das gelingt, ist offen. Erst wenige Wochen ist es her, da hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nach Treffen am Rande der IWF-Frühjahreskonferenz den Eindruck vermittelt, als hätten die Spannungen mit den USA über die Themen Handel und hohe deutsche Leistungsbilanzüberschüsse nachgelassen. Doch dann machte sein US-Kollege Mnuchin in einer harschen Erklärung für den IWF-Lenkungsausschuss deutlich, das dem beileibe nicht so ist.
Dauerbrenner Handelsüberschuss
Dass die Auseinandersetzung über die hohen deutschen Handelsüberschüsse und hohe Defizite bei den USA in Bari wiederauflebt, ist nicht ausgeschlossen. Nach dem Willen der italienischen Gastgeber soll allerdings anderes im Fokus stehen: die Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung der Welt verbunden mit einer gerechteren, breiteren Verteilung von deren Früchten - sowohl in den Ländern selbst, wie auch zwischen reichen und ärmeren Staaten. Grundlagen schaffen, um das Vertrauen der Menschen in die Politik und die globale Zusammenarbeit zu erneuern, so lautet die Mission, die sich die Italiener für ihre G7-Präsidentschaft gegeben haben - auch, um der wachsenden Ablehnung und Skepsis bei den Bürgern in vielen Industrieländern zu begegnen.
Streitthema Steuerpolitik
Beim Thema Wechselkurse, darüber haben sich die G7-Länder nach Angaben aus ihrem Umfeld schon vor dem Treffen geeinigt, soll an der vertrauten Wortwahl festgehalten werden: der Warnung vor exzessiven und ungeordneten Schwankungen und der Versicherung, dass keiner die Wechselkurse gezielt manipulieren wird, um sich einseitig Handelsvorteile zu verschaffen.
Aber es gibt in Bari noch weiteren Gesprächsstoff: Nach den US-Ankündigungen von kräftigen Steuersenkungen etwa wächst bei manchem G7-Mitglied die Angst, dass man nun doch in einen Wettlauf um die geringsten Steuersätze geraten könnte, bei dem am Ende alle verlieren. Auch, was die US-Steuerpläne für den amerikanischen Haushalt in Sachen Schulden bedeutet, wird bei manchem Partner mit Skepsis gesehen. Daneben sollen der Kampf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie eine Offensive für mehr Cyber-Sicherheit in Bari erörtert werden.