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Politik

Öffentlicher Streit über Giftgaseinsatz

28. Juni 2017

Die Außenminister Gabriel und Lawrow streiten sich öffentlich über die Syrien-Politik. Lawrow nimmt den syrischen Machthaber gegen Vorwürfe in Schutz. Gabriel widerspricht: Für uns ist Assad ein Kriegsverbrecher.

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Russland Krasnodar - Sigmar Gabriel und Sergei Lavrov bei Pressekonferenz (Foto: picture-alliance/dpa/Sputnik/V. Belousov)
Bild: picture-alliance/dpa/Sputnik/V. Belousov

Bei seinem Russland-Besuch hat sich Bundesaußenminister Sigmar Gabriel bei einer Pressekonferenz in der südrussischen Stadt Krasnodar einen verbalen Schlagabtausch mit seinem Kollegen Sergej Lawrow über mögliche Chemiewaffeneinsätze in Syrien geliefert. Lawrow wies die Warnungen der USA vor einem angeblich bevorstehenden Giftgas-Angriff der syrischen Regierungstruppen als reine Spekulation zurück. Gabriel konterte und warf dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad "schwere Kriegsverbrechen" vor.

Das Weiße Haus hatte am Montag vor einem Giftgas-Einsatz gewarnt. Sollte es dazu kommen, würde dies wahrscheinlich "den Massenmord an Zivilisten" bedeuten, darunter unschuldige Kinder, hieß es in einer Erklärung. In diesem Fall würden al-Assad und sein Militär "einen hohen Preis" dafür zahlen. Lawrow warnte die USA vor einem Präventivschlag gegen syrische Regierungstruppen. Washington solle "nicht über flüchtige Aufklärungsinformationen spekulieren, die geheim sind und niemandem gezeigt werden dürfen", sagte er. Die syrische Armee kämpfe gegen Terroristen. Falls es doch zu US-Angriffen komme, werde Russland darauf "in Würde" und angemessen reagieren, erklärte Lawrow.

Syrien Idlib Giftgasangriff (Foto: Getty Images/AFP/O. Haj Kadour  )
Bei dem Giftgas-Angriff im April kamen über 70 Zivilisten ums LebenBild: Getty Images/AFP/O. Haj Kadour

Wiederholter C-Waffen-Einsatz

"Für uns gibt es wenig Zweifel an der Tatsache, dass das syrische Regime diesen chemischen Angriff gefahren hat - übrigens nicht zum ersten Mal", sagte Gabriel. "Ich glaube einfach, dass der Schritt, gegen Regimegegner chemische Waffen einzusetzen für die dortigen Militärs kein so großer ist." Assad sei kein Verfolgter, den man zu Unrecht des Einsatzes solcher Waffen bezichtige. "Für uns ist das ein Kriegsverbrecher", betonte Gabriel, der am Donnerstag in Moskau erwartet wird. Gabriel warf Lawrow vor, die Assad-Regierung als friedfertiges Regime zu verharmlosen. "Präsident Assad sitzt einem Regime vor, das in der Lage ist, tausende von Menschen in Folterkeller zu bringen", sagte Gabriel.

Am 4. April 2017 waren bei einem mutmaßlichen Giftgas-Angriff auf die syrische Stadt Chan Scheichun mehr als 70 Menschen getötet worden. Die Attacke sorgte für breiten internationalen Protest. Die USA griffen als Reaktion darauf eine syrische Luftwaffenbasis in dem Bürgerkriegsland an.

Dauerkonflikt Ukraine

Anlass für Gabriels Russland-Besuch ist eine Städtepartnerschaftskonferenz in Krasnodar. Zweites Hauptthema war der Konflikt in der Ost-Ukraine. Lawrow pochte auf eine vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen für eine Lösung des Konflikts. Alle anderen Ideen seien des Teufels, sagte er. Im Osten der Ukraine kämpfen Kiewer Regierungstruppen seit 2014 gegen prorussische Separatisten, die von Moskau militärisch unterstützt werden. An die Friedensregelung von 2015 in Minsk halten sich bislang weder Kiew noch die Separatisten oder Moskau.

US-Außenminister Rex Tillerson hat direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine gefordert, um den Stillstand zu überwinden. Gabriel warb für eine Fortsetzung der derzeit geltenden Waffenruhe über die Erntezeit hinaus. "Waffenstillstand wegen Brot ist ja eigentlich eine ganz gute Idee", sagte er. Nun gehe es darum, wie diese Waffenruhe in einem ersten Schritt zumindest auf Dauer installiert werden könnte. Er äußerte die Hoffnung auf baldige Spitzenberatungen im sogenannten Normandie-Format mit Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine.

Einsatz der "Normandie-Gruppe"

Prorussische Separatisten hatten 2014 die Kontrolle über den Osten der Ukraine übernommen. Inzwischen ist der Konflikt festgefahren, die Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens von Minsk kommt seit langem nicht mehr voran. Der neue französische Präsident Emmanuel Macron möchte daher mit einem Treffen der sogenannten Normandie-Gruppe aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine neuen Schwung in die Friedensbemühungen bringen.

Ob es allerdings noch vor dem G20-Gipfel am 7. und 8. Juli in Hamburg zu einer Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs der vier Länder kommen wird, ist nach den Worten Gabriels unklar. Der russische Außenminister rechnet mit einem ersten Treffen von Staatschef Wladimir Putin mit US-Präsident Donald Trump in Hamburg. "Wir gehen davon aus, dass es zu einem Treffen kommen wird, da sich beide Präsidenten zur selben Zeit in derselben Stadt, demselben Gebäude und sogar im selben Raum aufhalten," sagte Lawrow.

"Es wäre nicht normal, wenn sie nicht miteinander reden würden", fügte Lawrow hinzu. Nach seinen Angaben hatte es schon wiederholt "Treffen am Rande" der Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer gegeben. Bei dem voraussichtlichen Gespräch zwischen Putin und Trump ginge es in erster Linie um eine "Normalisierung des Dialogs" zwischen Moskau und Washington, sagte Lawrow weiter. Gabriel begrüßte ein mögliches Treffen. Doch weder Washington noch Moskau bestätigten bislang derartige Pläne.

pab/kle (afp, dpa, rtr)