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Politik

Der Kampf gegen den Terror in Idlib

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann
15. September 2018

Natürlich gilt die Hauptsorge den in Idlib eingeschlossenen Zivilisten. Aber die Stadt ist eben auch die Hochburg radikaler Dschihadisten, meint Rainer Hermann von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Syrien Idlib Demonstration gegen Militäroffensive der Regierungstruppen
Noch demonstriert die Zivilbevölkerung mit den Fahnen der Rebellion gegen die Offensive der Regierung AssadBild: Getty Images/AFP/Z. Al Rifai

Die Zeit für eine politische Lösung für Idlib läuft aus. Die Hoffnungen hatten auf der Türkei geruht, mit russischer Rückendeckung doch noch zwei Großprobleme aus dem Weg zu räumen, um so eine blutige Rückeroberung der letzten Hochburg der Rebellen zu verhindern. Beides scheint jedoch nicht zu gelingen.

Die Türkei hat keine Kontrolle über die Rebellen

Die leichtere der beiden Aufgaben, an denen sich die Türkei versucht hat, war, bewaffnete islamistische Rebellenverbände (wie die Ahrar al-Sham und Suqour al-Sham) in jene pragmatische Oppositionsgruppen zu überführen, die das Regime in Damaskus sowie Russland als "nichtterroristische" Gesprächspartner akzeptieren könnten. Wer sich ideologisch nicht dem Dschihad verschrieben hat, sollte wieder in die syrische Gesellschaft integriert werden. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Türkei doch nicht die Kontrolle über diese Gruppen hat, wie ihr unterstellt worden war.

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: Helmut Fricke

Die weitaus schwierigere Herausforderung ist unverändert, was mit den islamistischen Extremisten und Dschihadisten in Idlib geschehen soll, deren Zahl auf über 10.000 geschätzt wird. Solange sie sich als "Beschützer" der Zivilbevölkerung aufspielen, genießen sie bei dieser nämlich durchaus Sympathie.

Ihr Kern bildet in Idlib die syrische Variante von Al-Kaida, die lange Nusra-Front hieß und sich heute Haiat Tahrir al-Sham nennt. Ihr Kerngebiet war immer Idlib gewesen, und ihre Kämpfer werden in Idlib nicht so schnell aufgeben wie zuletzt in Daraa und der Region Ghuta. Zudem werden sie als größte Kampfgruppe das Rückgrat für den Widerstand gegen die Offensive des Regimes bilden, zumal sich die kleineren Gruppen in ihrem Überlebenskampf den kampferprobten Dschihadisten anschließen.

Niemand hat Interesse daran, dass die Extremisten fliehen können

Die Türkei konnte weder die Nusra-Front noch kleinere Gruppen wie Hurras al-Din zur Aufgabe und Niederlegung der Waffen bewegen. Mutmaßlich haben auch wenige der externen Akteure ein Interesse daran, dass sich diese Dschihadisten in die Türkei oder nach Europa, nach Russland oder nach China absetzen können und dort ihren Terror fortsetzen. Diesmal müssen nicht die USA, wie in Afghanistan, den Krieg gegen Al-Kaida führen. Das erledigen nun aller Voraussicht nach Russland und Iran, sie werden danach auch die politischen Kosten dafür tragen.

Schnell aufgeben werden diese Hardcore-Dschihadisten nicht. Die Schlacht um Idlib wird daher länger dauern und blutiger sein als frühere Schlachten. Den Preis dafür wird die Zivilbevölkerung bezahlen.