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Gauck rügt fremdenfeindliche Haltungen

9. Juli 2015

In scharfer Form hat Bundespräsident Joachim Gauck die jüngsten Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte kritisiert. Auf einer Berliner Konferenz über den Zusammenhalt in Deutschland sprach er von "widerwärtigen Angriffen".

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Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Rede im Schloss Bellevue in Berlin am 21. Januar 2015 (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Der Bundespräsident appellierte an alle, die den demokratischen, freiheitlichen Staat für verteidigenswert halten, "den Zusammenhalt unserer Bürger in eben diesem Geist zu fördern". Derzeit sei zu erleben, dass sich "fremdenfeindliche Haltungen festsetzen und manche Menschen nicht einmal mehr vor Übergriffen zurückschrecken". Abweichend von seinem ursprünglichen Redetext fügte Joachim Gauck hinzu: "Ich denke an diesem Punkt an das, was wir kürzlich wieder erlebt haben mit diesen widerwärtigen Angriffen auf Flüchtlingsheime." Es sei "unerträglich", dass es in Teilen der Bevölkerung solche Tendenzen gebe.

Gauck mahnte zugleich, Deutschland müsse sich mehr als bisher als Einwanderungsland begreifen. Die Zahlen und Fakten seien eindeutig. "Aber die Emotionen, das Wir-Gefühl und das Selbstverständnis der Deutschen haben mit dieser Entwicklung noch nicht überall Schritt gehalten. Das Herz unserer Gesellschaft hat noch nicht verarbeitet, was das Hirn längst weiß." Dazu gehöre es auch, dass Einheimische und Zuwanderer, aber auch die verschiedenen Gruppen von Einwanderern mehr miteinander reden. Bis jetzt herrsche "oft noch Sprachlosigkeit", sagte Gauck.

Dialog statt Gewalt

Der Bundespräsident warb eindringlich für mehr Toleranz und Offenheit. Alle seien aufgerufen, auf Argument und Dialog zu setzen und nicht auf Ausgrenzung und Gewalt. Unter dem Titel "Wer ist wir? Identität - Zugehörigkeit - Zusammenhalt in Deutschland" hatte Gauck zu einem Symposium in seinem Amtssitz Schloss Bellevue eingeladen. Dort sagte er laut Redemanuskript: "Ich denke, wir stehen noch ziemlich am Anfang eines Prozesses, in dem aus alter Mehrheitsgesellschaft und Einwanderern ein verändertes Deutschland hervorgehen wird." Irgendwann werde es selbstverständlich sein, "dass der oder die Deutsche auch schwarz, muslimisch oder asiatisch sein kann".

Zuletzt hatte es unter anderem in Sachsen Angriffe gegen Asylunterkünfte gegeben. In Meißen hatten Unbekannte vor eineinhalb Wochen Feuer in einer geplanten Unterkunft für Flüchtlinge gelegt. Für Schlagzeilen sorgten auch die Proteste gegen eine Asylunterkunft im sächsischen Freital. Seit Monaten machen dort selbsternannte Bürgerwehren und Rechte Stimmung gegen Flüchtlinge.

Tillich verurteilt Rassismus

Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich verurteilte die Gewalt gegen Flüchtlinge und nannte Rassismus "eine Schande". "Rassismus ist der Nährboden für Verbrechen", sagte der CDU-Politiker laut Redetext in einer Regierungserklärung im sächsischen Landtag. Jeder Bürger müsse dem entschieden entgegen treten. "Keiner darf wegsehen." Tillich sagte, es gehe um Menschen, die vor Krieg und Katastrophen geflüchtet seien und in Deutschland Schutz suchten. "Sie alle müssen bei uns gut aufgenommen werden." Jeder habe Anspruch auf ein faires Asylverfahren.

Der Ministerpräsident forderte zugleich, die Fragen und Sorgen der Bürger ernst zu nehmen. Dabei räumte er auch Fehler ein. "Die Kommunikation auf und zwischen den verschiedenen Ebenen der Verwaltung ist uns nicht immer gut gelungen", sagte Tillich. Dennoch müsse man weiter im Dialog bleiben.

kle/qu (afp, dpa)