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Gauck lobt "helles Deutschland"

Marcel Fürstenau, Berlin26. August 2015

Der Bundespräsident besucht ein Berliner Flüchtlingsheim und ist beeindruckt von der großen Hilfsbreitschaft. Am Ende findet er deutliche Worte, hat aber auch Verständnis für Sorgen und Probleme der Einheimischen.

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Deutschland Berlin Bundespräsident Joachim Gauck Besuch Flüchtlingsheim
Bild: Reuters/S. Loos

"Gleich geht das Spektakel los", sagt ein Helfer vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) zu einem jungen Pärchen vor dem ehemaligen Wilmersdorfer Rathaus in Berlin. Die beiden sind auf dem Weg zur Arbeit extra vorbeigekommen, um zu spenden. Der ASB-Mann vertröstet sie auf einen späteren Zeitpunkt. Denn gleich käme er. Gemeint ist Bundespräsident Joachim Gauck. Deshalb müssen sich Spender, die Kleidungsstücke und Spielzeug für die gut 500 Flüchtlinge vorbeibringen, heute gedulden. Sie dürfen sich aber auch über das Lob ihres Staatsoberhauptes freuen.

"Es gibt ein helles Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland", sagt Gauck am Ende seines einstündigen Rundgangs über das weitläufige Gelände. Alle verstehen ihn sofort. Bilder wie die aus Heidenau verblassen vor dem Hintergrund der überwältigenden Hilfsbereitschaft quer durch Deutschland. Der Präsident dankt allen: Den Ärzten und Dolmetschern in der Berliner Unterkunft, den Spendern draußen vor der Tür, die seinetwegen nicht hinein dürfen. Sicherheit geht vor, das gilt auch für die Flüchtlinge. Ein freiwilliger Helfer sagt, er habe Angst davor, dass Scheiben eingeworfen werden könnten. Besonders abends, im Schutz der Dunkelheit.

Ein Selfie mit dem Staatsoberhaupt

Hassan aus Syrien scheint keine Angst zu haben - oder er lässt sie sich nicht anmerken. Er ist Deutschland dankbar und äußert in fließendem Englisch sogar Verständnis für Vorbehalte, die manche Deutsche hätten. Der 42-Jährige ist froh, dem Bürgerkrieg entkommen zu sein. Hinter ihm liegt eine Odyssee via Kairo und quer durch Italien. Seit zwei Wochen lebt er nun im Wilmersdorfer Flüchtlingsheim. Seine Frau und die vier Kinder sind noch in Ägypten, sagt Hassan, der in der zerstörten Heimat beim Kinderfernsehen gearbeitet hat.

Hassan (r.) und Abdou aus Syrien reden über ihre Begnung mit Bundespräsident Gauck (Foto: DW)
Hassan (r.) und Abdou aus Syrien kennen Bundespräsident Gauck nun aus nächster NäheBild: DW/M.Fürstenau

Neben ihm steht sein Landsmann Abdou. Der junge Syrer zeigt stolz das Bild auf seinem Smartphone: er und der deutsche Präsident! Er hat das Bild selbst geschossen, ein sogenanntes Selfie. Abdou und Gauck strahlen um die Wette. Wenig später sagt der Bundespräsident einen Satz, der wie geschaffen klingt für das Bild: "Das ist die überdeutliche Antwort auf Hetzer und Brandstifter, die das Angesicht unseres Landes verunzieren."

Gauck bittet alle um Geduld - auch die Flüchtlinge

Gauck erwähnt die vielen Freiwilligen, die ihren Urlaub unterbrechen oder wie Parshia in den Semesterferien helfen. Die Berliner Studentin, Tochter iranischer Eltern, dolmetscht in ihrer zweiten Muttersprache Farsi. Nutznießer sind die vielen Flüchtlinge aus Afghanistan in dem Wilmersdorfer Heim. Noch ist einiges chaotisch in dem vor rund zwei Wochen eröffneten Heim. Tags zuvor sei zum Beispiel niemand für die Essensausgabe eingeteilt gewesen, erzählt Parshia. Solche Anlaufschwierigkeiten sind wohl unvermeidbar angesichts der täglich zu Hunderten und Tausenden eintreffenden Flüchtlinge in ganz Deutschland.

Die Berliner Studentin und freiwillige Flüchtlingshelferin Parshia beantwortet während des Besuchs von Bundespräsident Gauck Fragen (Foto: DW)
Auch die freiwillige Helferin Parshia freut sich über die Anerkennung durch das deutsche StaatsoberhauptBild: DW/M.Fürstenau

Man müsse um Geduld werben, sagt der Bundespräsident. Die Ämter seien mitunter überfordert, es dürfe aber auch kein "Anspruchsdenken" auf Seiten der Flüchtlinge entstehen. "Mir ist wichtig, dass sich Deutschland aufrichtet an der Präsenz dieser hunderttausend hilfsbereiten Menschen." Gauck mahnt aber auch, die Ängste der Einheimischen ernst zu nehmen. Nötig sei ein enges Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen. In außergewöhnlichen Situationen müsse auch mal "beschleunigt" gehandelt werden, rät das Staatsoberhaupt der Politik.

Bundesregierung verdoppelt finanzielle Hilfe

Die Bundesregierung setzt den Ratschlag bereits um. Als Gauck die Flüchtlinge im Wilmersdorfer Übergangsheim besucht, tagt wenige Kilometer entfernt das Kabinett im Kanzleramt. Wichtigstes Thema: Flüchtlinge. Wichtigste Entscheidung: Der Bund wird die Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern stärker entlasten. Die für 2016 zugesagte Hilfe in Höhe von 500 Millionen Euro wird auf dieses Jahr vorgezogen. Insgesamt stehen damit allein aus dem Bundeshaushalt eine Milliarde Euro für die Erstversorgung von Flüchtlingen zur Verfügung.