Gauck und Merkel würdigen Kohl
3. April 2015"Dieser Kanzler des Vertrauens war für uns Deutsche ein Segen", schreibt Merkel in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung über Kohl. "Wir alle wissen: Die beiden Glücksfälle unserer jüngeren Geschichte, die europäische Einigung und die deutsche Einheit, sind auch sein Werk.", so Merkel. "Gelungen ist ihm das, weil er wie kein Zweiter über Jahre hinweg Vertrauen aufgebaut hatte, von Washington über Paris, London und Brüssel bis nach Moskau."
Das Verhältnis der Kanzlerin zu ihrem einstigen Förderer galt lange Zeit als belastet. Merkel war "Kohls Mädchen": Kohl hatte Merkel 1990 überraschend zur Ministerin gemacht - zunächst für Frauen und Jugend, später für Umwelt. Als sich Kohl 1999 in der Affäre um illegale Parteispenden weigerte, die Namen der Geldgeber offenzulegen, attackierte Merkel den CDU-Ehrenvorsitzenden öffentlich. Wenig später legte Kohl auf Druck seiner Partei den Ehrenvorsitz in der Partei nieder.
Zeichen stehen auf Versöhnung
Gleichwohl plädierte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) für eine Wiederannäherung seiner Partei an den Altkanzler. "Wichtig ist, dass die CDU menschlich ihrem langjährigen Vorsitzenden wieder näher kommt", sagte er der Zeitung "Die Welt".
Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin und Vize-Bundesvorsitzende Julia Klöckner bezeichnete Kohl als "Mann der Weltgeschichte". Mit Blick auf die CDU-Spendenaffäre und die Kritik an Kohls Verhalten sagte sie: "Ich habe den Eindruck, dass mit der Zeit auch eine gewisse Versöhnung da ist." Wer sich das Leben von Kohl genauer betrachte, müsse die gesamte Bandbreite sehen.
Auch von der Unionsspitze kam Lob: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nannte Kohl einen "herausragenden Staatsmann". CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte in einem Schreiben an den Altkanzler: "Wir sind stolz, dass wir Sie in unseren Reihen wissen dürfen."
Gauck: "Genau zur richtigen Zei"
"An ihrem Ehrentag blicke ich - zusammen mit unzähligen Menschen - auf das, was Sie für unser Land, für den Frieden und für Europa geleistet haben", schrieb Gauck laut Bundespräsidialamt an den gesundheitlich angeschlagenen Altkanzler, der seinen Geburtstag in privatem Kreis in Ludwigshafen-Oggersheim feierte. "Von herausragender Bedeutung für mich, wie für eine übergroße Mehrheit unserer Landsleute im Osten und Westen ist, dass Sie sich mit der Teilung unseres Landes nie abgefunden haben", heißt es in dem Glückwunschschreiben weiter. Gauck dankte Kohl und versicherte, dass "Deutschland nicht vergessen wird, wie Sie zur rechten Zeit das Richtige Entschieden und vollendet haben."
Auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, würdigte Kohls Einsatz für "ein Europa ohne Mauern". Helmut Kohl regierte länger als jeder andere Bundeskanzler. Erst nach 16 Jahren im Kanzleramt war er 1998 von Gerhard Schröder (SPD) abgelöst worden.
sp/haz (dpa, afp)