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Gazproms Schneise durch Europa

Johanna Schmeller25. Juni 2014

Die South-Stream-Pipeline macht Österreich zwar nicht zum Mittelpunkt der europäischen Gasindustrie - aber zu einer wichtigen Drehscheibe. Gazprom sichert sie den Zugriff auf den europäischen Gasmarkt.

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South Stream Pipeline Serbien Gazprom 13.06.2014
Bild: picture-alliance/AP

Die europäische Gasversorgung sichern, so präsentierte das österreichische Energieunternehmen OMV das Ziel des Baus der South-Stream-Pipeline am Dienstag (24.06.2014) in Wien.

Anstatt Lob gab es für das entsprechende Abkommen zwischen OMV und Gazprom aber erst einmal Stress mit Brüssel: Die EU-Behörden befürchten Wettbewerbsverzerrung, sobald ein Gaslieferant an den Energielieferungen beteiligt wird. Die Unterzeichnung nehme man daher nur "zur Kenntnis", hieß es in einem dürren Statement der EU-Kommission.

South Stream bezeichnet eine Gaspipeline des russischen Lieferanten Gazprom mit einer Kapazität von 63 Milliarden Kubikmetern pro Jahr. 2011 gründeten Gazprom und die OMV ihre gemeinsame Projektgesellschaft, die South Stream Austria GmbH, von der der österreichische Teilabschnitt mit Ende in dem 900-Seelen-Dorf Baumgarten im Burgenland errichtet werden soll.

OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss (l.) und Gazprom-CEO Alexey Miller bei der Unterzeichnung. (Foto: Reuters)
OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss (l.) und Gazprom-CEO Alexej Miller bei der UnterzeichnungBild: Reuters

In zweieinhalb Jahren, ab Ende 2016, soll dort bereits Gas fließen - durch das Schwarze Meer nach Bulgarien, Serbien, Ungarn, Österreich bis nach Süd- und Mitteleuropa. Rund 38 Millionen Haushalte sollen so mit Gas versorgt werden. Ihre volle Kapazität soll die 2380 Kilometer lange Pipeline dann 2018 erreichen.

Gemeinsames Gasprojekt trotz Sanktionen

Am Dienstag (24.06.2014) wurde der Deal offiziell besiegelt: Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer lud Russlands Präsident Wladimir Putin nach Wien - in einer Zeit, in der die Außenminister der EU-Staaten - mit Zustimmung Österreichs - Russland wegen der Ukrainekrise mit immer neuen Sanktionen drohen.

Die EU-Kommission hat South Stream auf Eis gelegt, weil diese Pipeline Russland die Möglichkeit eröffnet, die Ukraine bei Gaslieferungen nach Europa zu umgehen und - so die Befürchtung - Einfluss auf die Energieversorgung von Europa zu nehmen.

Sousth-Stream-Pipeline mit kyrillischer Beschriftung. (Foto: dpa)
Alternative Lieferroute - oder russische Einflussnahme aufs europäische Gasgeschäft?Bild: picture-alliance/dpa

Bei der Pressekonferenz versuchte OMV-Chef Gerhard Roiss, diese Bedenken zu zerstreuen: "Die heutige Vereinbarung bringt unsere Partnerschaft, die seit rund 50 Jahren besteht, auf eine nächste Ebene", so Roiss. "Mit dem South-Stream-Projekt gewährleisten Gazprom und OMV Versorgungssicherheit für Europa, ganz besonders für Österreich. Dieser Vertrag stärkt die Rolle von Baumgarten als wichtiger Erdgas-Hub für Europa."

Von einem Hub, einer Schnittstelle, spricht auch die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im DW-Interview. Die Ukraine-Krise habe gezeigt, dass Südosteuropa von Streitigkeiten unmittelbar betroffen ist - deshalb hätten Österreich und Europa gleichermaßen ein Interesse an dieser Kooperation. "Bislang kann man wenige alternative Pipelinerouten nutzen", so Kemfert. "Mit der South-Stream-Leitung würde man die Ukraine umgehen und könnte über Österreich auch andere europäische Länder beliefern." Österreich werde damit zum wichtigen Gashandelszentrum, schon aufgrund der geographischen Lage mitten in Europa, allerdings nicht zum "Big Player" - "das wäre zu hoch gegriffen".

Alexej Miller, Vorstand des Gazprom Management Committees, sieht South Stream als Garanten für "zusätzliche Verlässlichkeit und Flexibilität russischer Gaslieferungen auf die europäischen Märkte".

South-Stream- und Trans-Adriatic-Pipelines. (Grafik: DW)

Infrastruktur ohne die Ukraine

Weniger optimistisch ist da die EU-Kommission. Bereits im Vorfeld stieß das Vorhaben hier auf teils harsche Kritik. Laut EU-Recht darf ein Gaslieferant nicht an der Infrastruktur beteiligt sein. Zudem befürchtet der EU-Energiekommissar, Günther Oettinger, dass die Ukraine durch die russische Energiepolitik weiter an den Rand gedrängt wird. "Es ist nicht überzeugend, dass man auf der einen Seite sagt, man müsse die Ukraine stabilisieren, und auf der anderen Seite Infrastruktur ohne die Ukraine aufbaut", hieß es aus Brüssel.

Anders als Österreich hat Deutschland ein geringeres Interesse an South Stream, weil es über die North-Stream-Pipeline beliefert werden kann. Neben der russischen Gazprom, der italienischen Eni und der französischen EDF ist aber auch der deutsche Chemiekonzern BASF an dem Projekt beteiligt, über die in Kassel ansässige BASF-Tochter Wintershall.

Sollte die EU das Projekt weiter blockieren, will Russland den Konflikt vor das internationale Schiedsgericht in Stockholm bringen. "Der Schritt von Russland, unsere EU-Regeln vor die Welthandelsorgansiation zu ziehen, ist nicht der beste Ansatz für weitere Verhandlungen", kommentierte EU-Kommissar Oettinger gegenüber der Presse.

Die österreichische Zeitung "Standard" wertete die Unterzeichnung in Wien ohnehin vor allem als eines: als das Primat der Ökonomie über die Politik.