Gegen den Strom - EMMA wird 25
31. Januar 2002Sie hat die deutsche Zeitschriftenszene aufgewühlt: EMMA. Und sie hat diese berühmteste deutsche Frauenzeitschrift gegründet und geprägt: Alice Schwarzer. Dank der Frauenrechtlerin ist das Kind der Frauenbewegung der 70er Jahre nun 25 Jahre alt geworden.
Hin zum unbequemen Leben
Weg von Klischees und hin zu allem was unbequem ist. Das ist es, was EMMA ausmacht. Und sich seit 25 Jahren auf dem deutschen Zeitschriftenmarkt behaupten kann. Die "Großmutter" unter den trendigen Lifestyle-Blättern. In einem Vierteljahrhundert habe es zwar "reichlich Arbeit und Ärger - aber auch viel Spaß" gegeben, so Alice Schwarzer zu DW-WORLD. Aber die Arbeit mit EMMA sei immer aufregend und nie langweilig gewesen. Und sie hat auch jetzt nach langen etablierten Jahren nicht aufgehört, so die Gründerin. Highlights habe es so viele gegeben, dass es der Kämpferin für Frauenrechte schwer fällt einige aufzuzählen. Es geht ihr um grundsätzliches: "zwei unserer wichtigsten Fights ist zum einen der gegen Pornografie und Sexualgewalt - und zum anderen der gegen die islamischen Fundamentalisten, vor denen wir seit 22 Jahren warnen". Und auch die Jubiläumsausgabe widmet sich wieder diesen Themen: Mit einem Report über Brustkrebs und einer Schwerpunktreportage über Frauen in Zeiten des Krieges in fundamentalistischen Ländern.
Feindbild Pornografie
Aber auch andere "Highlights" brachte EMMA in die Schlagzeilen. 1987 startete das Frauenmagazin eine vielbeachtete Anti-Porno-Kampagne. Höhepunkt war die Veröffentlichung von 19 Aktphotos des Fotografen Helmut Newton 1993. EMMA beschriftete die Bilder als "sexistisch", "faschistisch" und "rassistisch". Und Newton war gar nicht "amused". Er zog über diesen nicht genehmigten Druck vor Gericht. EMMA alias Alice Schwarzer gewann allerdings teilweise den Prozess.
Schwarzer in den Bundestag?
Kolleg(inn)en beschreiben die Gründerin als engagiert, für ihre Sache stehend, witzig und charmant. Aber Alice Schwarzer weiss auch was sie will. Und ist daher nicht nur bei Kolleg(inn)en manchmal gefürchtet. Die Journalistin bekam für ihre Aktionen nicht nur Lob und Anerkennung, sondern Zeitungen diffamierten sie auch schon mal als "frustrierte Zicke". Andere wollen die engagierte Publizistin am liebsten als Politikerin sehen. Einer Umfrage des Allensbachs-Institutes zufolge würde jede(r) 5. Deutsche eine Partei von Alice Schwarzer wählen, jede(r) 25. Bundesbürger sogar zur Kanzlerin.
Angela Merkel hätte es fast geschafft, aber sie sei, so Schwarzer, an den eigenen Machos gescheitert: "Ich hätte es großartig gefunden, wenn Angela Merkel Kanzlerkandidatin geworden wäre. Aber anscheinend sind wir auch 30 Jahre nach Beginn der Frauenbewegung noch nicht so weit. Doch auch die potentielle Kandidatin hat Fehler gemacht: Sie hat vergessen, wer ihre wahre Hausmacht ist - die Wählerinnen", glaubt Alice Schwarzer.
Mehr Macht für Frauen - das könnte auch in den neuen Medien "eine enorme Chance werden für Frauen". Und daher plant EMMA endlich auch den eigenen Internet-Auftritt, aber dazu fehlt noch die nötige Frauenpower: "Dass wir es noch nicht sind, liegt einzig und allein an der zu vielen Arbeit der kleinen Redaktion". Wenn es so weit ist, können auch Deutsche welt- und webweit auf EMMA zugreifen.
Mit der Deutschen Welle "überleben"
Alice Schwarzer hat lange in Frankreich gelebt. Und damals gab es noch kein Internet. Die Deutsche Welle war damals für die Wahlfranzösin "bei Heimwehanfällen" ein großer Trost. "Heute höre ich bei Auslandsreisen die Nachrichten - und ansonsten die Sender der jeweiligen Länder. Damit ich mitbekomme, was da los ist", sagt die Globetrotterin Schwarzer. Und da könne man auch EMMA am Kiosk kaufen. Denn mit 60.000 Exemplaren wird EMMA nicht nur in Deutschland gelesen: "Wir haben selbst Abonnentinnen bis hin nach Neuseeland und San Francisco", so Schwarzer zu DW-WORLD.
Für EMMAs Zukunft ist Schwarzer zuversichtlich. Ihr größter Wunsch für ihre Zeitschrift: "weniger mit Klischees zu kämpfen" und am Inhalt gemessen zu werden. Aber die arbeitsbesessene Alice Schwarzer will auch - nach 25 Jahren - ein bißchen Abstand: "Mein größter Wunsch für meine Zukunft ist, dass EMMA mich ein bisschen loslässt und ich mehr Zeit für Muße und meine Bücher habe".