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Gegenwind für US-Präsident Bidens schärfere Asylregeln

5. Juni 2024

An den neuen per Dekret erlassenen strengeren Einwanderungsbestimmungen gibt es für die US-Regierung viel Kritik. Präsident Joe Biden wehrt sich und sieht den Schwarzen Peter bei den oppositionellen Republikanern.

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US-Präsident Joe Biden
US-Präsident Joe Biden erklärt die von ihm per Dekret erlassene neue AsylregelungenBild: Michael Reynolds/EPA

UN-Generalsekretär António Guterres ließ über seine Sprecherin Florencia Soto Nino mitteilen, dass die Vereinten Nationen die neue Regelung der US-Regierung ablehnen. "Jede Person, die angibt, eine begründete Angst vor Verfolgung in ihrem Herkunftsland zu haben, sollte Zugang zu sicherem Territorium haben und diesen Anspruch prüfen lassen, bevor sie abgeschoben oder ausgewiesen wird", sagte sie in New York. 

Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisierte die Regelung. Man sei "zutiefst besorgt" über das Dekret und fordere die USA auf, die neuen Regeln, "die das Grundrecht auf Asyl untergraben, zu überdenken", hieß es in einem Statement.

Eine Frau und ein Kind klettern über Stacheldraht
Der Weg von Mexiko in die USA ist für illegale Einwanderer äußerst gefährlich Bild: Eric Gay/AP/dpa/picture alliance

Dem UNHCR sei bewusst, dass die hohe Zahl an Migranten eine Herausforderung für die USA darstellten. "Wir setzen uns weiterhin dafür ein, die USA bei dringend benötigten umfassenden Reformbemühungen zu unterstützen, einschließlich der Verbesserung der Fairness, Qualität und Effizienz ihres Grenzschutz- und Asylsystems."

Neue Regelung gilt ab sofort

Die am Dienstag per Dekret von US-Präsident Joe Biden erlassene Regelung soll greifen, sobald der Durchschnitt illegaler Grenzübertritte aus Mexiko in einer Woche die Zahl von 2500 pro Tag übersteigt. Sie wird aufgehoben, wenn diese Zahl wieder unter 1500 fällt. US-Medien berichteten unter Berufung auf die Behörden, derzeit seien es mehr als 4000 pro Tag. Deshalb war die neue Regelung unmittelbar in der Nacht zu Mittwoch in Kraft getreten.

USA Brownsville Februar 2024 | Präsident Joe Biden bei Besuch an der US-Mexiko-Grenze
US-Präsident bei einem Besuch an der Grenze zu Mexiko im Februar 2024Bild: Kevin Lamarque/REUTERS

Seit Beginn des Haushaltsjahrs im Oktober gab es demnach rund 1,5 Millionen "irreguläre Begegnungen" an der 3200 Kilometer langen Südgrenze. Damit werden Fälle bezeichnet, in denen Menschen - meist kurzzeitig - festgenommen oder direkt abgeschoben wurden. Die Behörden kommen bei der Bearbeitung der Asylanträge kaum hinterher. Zudem fehlen Unterkünfte und andere Ressourcen für die Ankömmlinge. 

Bessere Chancen mit der App

Wer um Asyl bittet, soll fortan strenger überprüft werden und soll unter anderem "glaubwürdige Angst" vor Verfolgung oder Folter in der Heimat haben müssen. Betroffenen wird dann zwar Schutz gewährt, aber nicht unter denselben Standards wie anderen Asylsuchenden. Wer hingegen regulär vorstellig wird, also zum Beispiel über eine eigens dafür eingerichtete App von außerhalb der USA aus einen Termin beantragt, soll eine faire Chance bekommen - so stellt es zumindest die Regierung dar.

Ausnahmen von Bidens Dekret sollen lediglich für unbegleitete Kinder, ernsthaft kranke Menschen und Opfer von Menschenhandel gelten. Alle anderen sollen entweder nach Mexiko oder in die jeweiligen Herkunftsländer zurückgeführt werden. Zuvor war es den meisten Asylsuchenden gemeinhin erlaubt gewesen, sich bis zu einer richterlichen Entscheidung - die wegen überlasteter Behörden oft Jahre auf sich warten lässt - im Land aufzuhalten.

Vielstimmige Kritik - auch aus den eigenen Reihen

Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, bezeichnete das Dekret als "politischen Stunt" im Wahljahr. Es sehe weder neues Geld für den Grenzschutz vor noch Abschiebungen jener Menschen, die sich schon illegal in den USA aufhalten.

Mike Johnson und Donald Trump
Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses - im Hintergrund Donald Trump, republikanischer Präsidentschaftskandidat und Ex-PräsidentBild: Wilfredo Lee/AP/picture alliance

Doch auch aus den eigenen Reihen erntete Biden Kritik: Die demokratische Abgeordnete Pramila Jayapal sprach von einem "gefährlichen Schritt in die falsche Richtung". Das Recht, Asyl zu beantragen, sei in den US-Gesetzen und den internationalen Vertragsverpflichtungen des Landes verankert. 

Einwanderung als Wahlkampfthema

Biden beschuldigte dagegen Ex-Präsident Donald Trump, der ihn bei der Präsidentschaftswahl im November schlagen will, eine dringend notwendige Gesetzgebung im Kongress zu torpedieren, um im Wahlkampf einen Vorteil daraus zu schlagen. Er bezeichnete es als "äußerst zynischen politischen Schachzug", der das amerikanische Volk im Stich lasse. Er hätte eine überparteiliche Zusammenarbeit bevorzugt, um die zuständigen Behörden mithilfe entsprechender Gesetze personell und finanziell besser auszustatten, betonte Biden. "Aber die Republikaner haben mir keine andere Wahl gelassen."

Die illegale Einwanderung ist eines der zentralen Themen im Wahlkampf vor der Abstimmung Anfang November. Einer Reuters/Ipsos-Umfrage von Mitte Mai zufolge liegt Trump bei der Einwanderungspolitik 17 Prozentpunkte vor Biden. Der Republikaner hat für den Fall seiner Wiederwahl angekündigt, die Einwanderung massiv einzuschränken. Nach Schätzung des US-Heimatschutzministeriums halten sich ungefähr 11 Millionen Immigranten ohne Papiere in den 333 Millionen Einwohnern zählenden USA auf.

US-Bürgerrechtler wollen klagen

Einwanderungs- und Bürgerrechtsgruppen kündigten umgehend Klagen an. Sie werfen Biden vor, Maßnahmen ähnlich denen von Trump voranzutreiben. Lee Gelernt, ein Anwalt der Bürgerrechtsgruppe ACLU, sagte: "Ein Asylverbot ist genauso illegal wie damals, als es Trump erfolglos versuchte."

Zusätzlich zu möglichen juristischen Auseinandersetzungen gibt es weitere offene Fragen zur Umsetzbarkeit des Dekrets. So verlassen sich die USA bei den Abschiebungen etwa auf Mexiko. Und es gibt Zweifel daran, ob das aktuell bewilligte Geld für die zusätzliche Arbeit des Grenzschutzes ausreicht - weitere Hilfen vom Bund müsste der Kongress freigeben.

Gefährlicher Weg über Mexiko

Den Weg in die USA über den Nachbarstaat Mexiko wählen viele Menschen, die vor Armut, Gewalt und politischen Krisen in ihren jeweiligen Heimatländern flüchten und auf ein besseres Leben in den USA hoffen.

USA Mexiko Grenze Migration
Grenzzaun an der US-Grenze zu MexikoBild: Justin Hamel/REUTERS

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM) ist es tödlichste Landmigrationsroute der Welt. Jährlich sterben demnach Hunderte auf dem strapaziösen und gefährlichen Weg nach Norden, etwa an Wassermangel und Hitzeschlägen. Die Dunkelziffer ist deutlich höher. 

mak/gri (dpa, rtr, epd)