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PolitikEuropa

Gemeinsam gegen "barbarischen Terrorismus"

Max Zander
13. November 2020

Nach den Anschlägen von Paris, Nizza und Wien haben die EU-Mitgliedsstaaten dem Terrorismus den Kampf angesagt. Mehr Überwachung steht im Raum. Aus Brüssel berichtet Max Zander.

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Frankreich Paris | Gedenken an Terroranschläge 2015 | Hanotin & Castex & Hidalgo
Bild: Christophe Archambault/REUTERS

Das Datum des virtuellen Treffens hätte kaum mehr Symbolkraft haben können. Auf den Tag vor fünf Jahren zogen bewaffnete Attentäter mordend durch Paris, mit automatischen Gewehren und Sprengstoffwesten bewaffnet. Die Gruppe, die sich zum sogenannten islamischen Staat bekannte, tötete 130 Menschen und verletzte mehr als 600. In Paris gedachte am Jahrestag eine Delegation um Premier Jean Castex der Opfer.

Aber auch fünf Jahre nach den Anschlägen von Paris ist das Thema islamistischer Terror aktuell. Frankreich hat nach den Anschlägen in Paris und Nizza in diesen Herbst die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. In Wien erschoss Anfang des Monats ein Täter vier Menschen und verletze rund zwei Dutzend weitere.

Schulterschluss im Kampf gegen den Terror

Eigentlich wollten sich die EU-Innenminister bei der heutigen Sitzung vor allem der gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik widmen. Aber angesichts der Ereignisse der letzten Wochen lag der Fokus zunächst auf dem gemeinsamen Kampf gegen den bewaffneten Extremismus.

Deutschland l Deutsch Islam Konferenz in Berlin, Seehofer
Bundesinnenminister Seehofer sieht Europa als Supermacht im Kampf gegen den TerrorismusBild: Tobias Schwarz/AFP

Man wolle sich "mit aller Kraft gegen diesen barbarischen Terror" stemmen, heißt es in der Erklärung der Innenminister zu einer künftigen gemeinsamen Vorgehensweise. Dazu zählen unter anderem die Forderung nach einem verbesserten Austausch von Informationen über Gefährder zwischen den Sicherheitsbehörden, eine effektive und schnelle Entfernung von Terrorpropaganda aus dem Internet, sowie eine stärkere Absicherung der Grenzen des Schengen-Raums, in dem sich Personen ohne Grenzkontrollen frei bewegen können. Bundesinnenminister Horst Seehofer nannte die Vereinbarung "ein großartiges Zeichen des Zusammenhalts" und der Solidarität in Europa. Wenn alle Staaten bei der Bekämpfung des Terrors zusammenhielten, so der Innenminister, sei Europa eine Supermacht.

Überwachung verschlüsselter Chats auf dem Prüfstand

Aber ganz ohne Widerstand werden die Minister ihre Pläne wohl kaum umsetzen können. So sprach sich Seehofer bei der Terrorbekämpfung auch für die Option aus, Fahndern die Möglichkeit zu geben, verschlüsselte Kommunikation, wie sie beispielsweise bei Messengerdiensten Anwendung findet, mitzulesen und damit Terrorpläne zu vereiteln. Wie vor kurzem bekannt wurde, arbeiten die Mitgliedsstaaten bereits an einer Resolution, die Plattformbetreiber wie WhatsApp dazu verpflichten würde, über eine Art Generalschlüssel die Überwachung von Chats zu ermöglichen. Der Europaabgeordnete der Piratenpartei Patrick Breyer sagte im Deutschlandfunk Nova: "Wir müssen uns entscheiden, ob wir allen die sichere Kommunikation nehmen, weil sie von wenigen missbraucht wird. Oder ob wir sagen, die Sicherheit der Kommunikation ist mehr wert in unserer Gesellschaft."

Messenger-Dienste
EU-Staaten wollen einfacheren Zugriff auf verschlüsselte Daten von "abhörsicheren" Messengerdiensten durchsetzen Bild: picture-alliance/dpa/W. Kastl

Innenminister Seehofer argumentiert dagegen: "Immer dann, wenn ein Anschlag erfolgt, kommt die Kritik an den Sicherheitsbehörden und der Politik. Aber oft genug verweigert man uns die entsprechenden Befugnisse." Alle Optionen, auch die der Überwachung von verschlüsselter Kommunikation, sollen Seehofer zufolge geprüft werden. Zum einen auf ihre Rechtmäßigkeit und zum anderen auch im Rahmen einer öffentlichen Debatte. 

Migration im Fadenkreuz der Politik

Ein weiteres sensibles Thema findet sich in der gemeinsamen Erklärung der Innenminister unter der Überschrift "Sozialer Zusammenhalt". Der Absatz widmet sich der Integration von Migranten. Darin heißt es unter anderem "Integration ist keine Einbahnstraße". Auch wenn Innenminister Seehofer und die Beauftragte für innere Angelegenheiten, Kommissarin Ylva Johannson beide betonen, dass diese Themen getrennt voneinander behandelt werden müssten, schlägt die Abschlusserklärung eine Brücke zwischen Migration und Terrorismus. Das Gefühl dazuzugehören und Gleichberechtigung seien zentrale Bestandteile des sozialen Zusammenhalts unserer modernen, pluralistischen und offenen Gesellschaft, heißt es weiter. Die "unerwünschte Finanzierung" nationaler oder religiöser Organisationen aus dem Ausland solle zudem limitiert werden. 

Belgien Brüssel | Pressekonferenz Migrationspakt | Ylva Johansson
EU-Kommissarin Ylva Johansson setzt sich für eine stärkere Überwachung der EU-Außengrenzen einBild: Dursun Aydemir/picture-alliance/dpa

Kommissarin Johansson sprach sich ebenfalls für eine stärkere Überwachung der EU-Außengrenzen aus. Rund 22 Prozent der Einreisen in den Schengen-Raum, berichtet sie, würden nicht erfasst.

Der grüne Europaabgeordnete Erik Marquardt erinnerte daran, dass der Attentäter von Wien sowie einige Beteiligte des Terroranschlags in Paris 2015 EU-Bürger waren und warnte gleichzeitig davor, das Thema allein der Migration zuzuschreiben: "Islamistische Radikalisierung ist auch ein europäisches Problem. Man kann diese Gefahr nicht einfach abschieben. Zu oft werden die bestehenden Möglichkeiten zur Überwachung und Strafverfolgung nicht genutzt."