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Die neuen 3G-Regeln in Deutschland

23. August 2021

Wer in Deutschland zweimal geimpft ist, einen Test vorlegen kann oder genesen ist, kann sich von jetzt an weitgehend frei bewegen. Das erhöht den Druck auf diejenigen, die sich noch nicht haben impfen lassen.

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Symbolbild 3G Regel Gastronomie Corona Regeln
Bild: Bihlmayerfotografie/imago images

Lange Zeit waren die Menschen in Deutschland oft verwirrt über die Vielzahl an Corona-Regeln, die von Bundesland zu Bundesland auch noch verschieden waren. Aber von diesem Montag an soll das alles anders werden. Wer ab jetzt ein Restaurant oder ein Café im Innenbereich besuchen will, ins Kino gehen möchte oder ins Schwimmbad, Verwandte im Krankenhaus oder im Pflegeheim besuchen will, muss entweder vollständig, also mit zwei Dosen, geimpft oder von einer COVID-19-Erkrankung nachweislich genesen sein. Einige Länder wie Berlin haben die neuen Bestimmungen schon seit dem vergangenen Freitag in großen Teilen umgesetzt, Niedersachsen hat versprochen, dass es an diesem Dienstag losgeht. Kompliziert wird es ab jetzt für diejenigen, die sich aus welchen Gründen auch immer noch nicht zu einer Impfung haben entschließen können. Sie brauchen einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 24 Stunden sein darf. Und wer ohne Impfung oder Genesung Urlaub in einem Hotel machen möchte, muss diesen Test alle drei Tage wiederholen. Viel Aufwand für diejenigen, die noch nicht geimpft sind. 

BdT | Coronavirus - Kino in Stuttgart
Endlich wieder ins Kino. Bild eines geschlossenen Kinos in Stuttgart während des Lockdowns im vergangenen Jahr. Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Ein Selbstversuch in der Bäckerei

Wie aber wird die neue Bestimmung, griffig "3G-Regel" genannt, umgesetzt? Ein Selbstversuch in einer Bäckerei mit Café-Bereich am Montag in Berlin-Steglitz. In der Bäckerei Junge sind nur wenige Gäste da, hauptsächlich ältere Menschen. Die Verkäuferin fragt tatsächlich höflich, ob sie einen Test oder ein Impfzertifikat sehen kann. Ein Blick auf das digitale EU-Zertifikat "CovPass" genügt ihr. Auch die Kunden vor und nach mir in der Reihe sind alle geimpft oder haben einen Test dabei. Alle scheinen sich auf die neue Situation eingestellt zu haben. Zusätzlich bittet das Café höflich, sich mit der in Deutschland weit verbreiteten Luca-App zu registrieren. Für eine möglicherweise erforderliche Kontakt-Nachverfolgung. 

Berlin | Bäckerei in Steglitz
Keine Probleme mit den neuen Corona-Regeln in der Bäckerei Junge in BerlinBild: Jens Thurau/DW

Der Bundesregierung und den Ländern geht es bei den neuen Corona-Regeln um zweierlei: Auch wenn die Infektionszahlen wieder steigen, soll ein Lockdown wie im vergangenen Herbst auf jeden Fall verhindert werden. Zumal anders als noch vor einem Jahr mittlerweile 64,1 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal und 59 Prozent vollständig geimpft sind, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag mitteilte. Am Wochenende hatten auch die beiden Kanzler-Kandidaten von CDU/CSU und SPD, Armin Laschet und Olaf Scholz, klargestellt, dass zumindest für vollständig Geimpfte und Genese kein weiterer Lockdown kommt, auch, wenn die Infektionszahlen steigen. Ganz offen machen die Politiker und die Regierung also Druck auf diejenigen, die noch nicht geimpft sind.

Impfquote für eine Herdenimmunität noch zu gering

Um eine Herdenimmunität zu erreichen, muss nämlich nach Ansicht der Virologen eine Impfquote je nach Altersgruppe von 85 bis 90 Prozent erreicht sein. Zwar hat das Tempo beim Impfen zuletzt wieder etwas zugelegt, sicher auch, weil sich die neuen "3G-Regeln" herum gesprochen haben. Aber die Zahlen für eine Herdenimmunität sind dennoch in weiter Ferne. Gleichzeitig steigen vor allem nach der Öffnung der Schulen nach den Sommerferien und durch Reise-Rückkehrer die Infektionszahlen wieder. Die Anzahl von neuen Infektionen pro 100.000 Menschen in sieben Tagen, Inzidenz genannt, stieg am Montag auf 56,4. Das ist weit weniger als im noch Frühjahr, als die Regierung bei einer Inzidenz von 160 die Notbremse zog und zahlreiche Einschränkungen anordnete.Aber eben auch höher als noch vor einigen Wochen, als die Inzidenz teils einstellige Werte erreichte. Und in einigen Städten wie etwa in Leverkusen werden auch aktuell wieder Zahlen um die 200 erreicht. Die Pandemie ist also immer noch da, trotz der vielen Geimpften.

Deutschland Corona-Pandemie Impfkampagne | Frankfurt am Main
59 Prozent der Menschen in Deutschland sind mittlerweile vollständig gegen das Corona-Virus geimpftBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Tests bald nicht mehr kostenfrei

Als die Regierung im Frühsommer die harte Notbremse lockerte, hatte sie zusammen mit den Ländern gleichzeitig beschlossen, dass die neuen "3G-Regeln" von dieser Woche an gelten sollen. Noch einmal verschärft wird der Druck, sich impfen zu lassen, dann ab dem 11.Oktober: Für die bislang kostenlosen Schnelltests oder auch den weitaus sichereren PCR-Test müssen die Menschen dann zahlen. Ein PCR-Test kostet zwischen 35 und 50 Euro, an Flughäfen wird aber schon mal für einen schnell benötigten Test eine Summe von 69 Euro verlangt. Wer als Nicht-Geimpfter also künftig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen möchte, muss tief in die Tasche greifen. Ausnahmen gibt es nur für Schwangere, kleine Kinder oder Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. 

Berlin | Jens Spahn in der Bundespressekonferenz
"Die inzidenz hat ausgedient!" Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in BerlinBild: Xander Heinl/photothek/picture alliance

Spahn: Die Inzidenz hat ausgedient

Geimpfte und Genese hier, Ungeimpfte dort: Die Regierung will die Corona-Politik in Deutschland komplett auf neue Füße stellen. Der Inzidenzwert soll als wichtigstes Instrument aus dem Infektionsschutzgesetz gestrichen werden. Lange galt: Ab einer Inzidenz von 50, dann von 100 oder darüber, werden Einschränkungen unterschiedlicher Härte angeordnet. Aber durch die vielen Geimpften sei, so sagte Minister Jens Spahn in Berlin, der Wert nicht mehr aussagekräftig. Konkret: Wer trotz Impfung infiziert wird, erleidet wenn überhaupt meist nur milde Krankheitsverläufe und belastet die Krankenhäuser kaum. Die Bundesregierung will deshalb künftig die Belastung der Kliniken und nicht mehr die offizielle Infektionszahl zum Maßstab dafür machen, welche Verschärfungen in der Corona-Politik ergriffen werden.