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"Sex sells" in Ghanas Frauenfußball

Esther Owusua Appiah-Fei
19. Januar 2023

Während der Frauenfußball in vielen anderen Ländern an Bedeutung und Selbstständigkeit gewinnt, wird er in Ghana immer wieder durch Vorurteile ausgebremst. Wie könnte er sich auch dort emanzipieren?

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Ghansas Nationalspielerin Vivian Konadu, derzeit in Indien bei Gorkulam FC unter Vertrag
Ghansas Nationalspielerin Vivian Konadu, derzeit in Indien bei Gorkulam FC unter VertragBild: Privat

Aufgewachsen in einem konservativen Umfeld mit klaren Geschlechterrollen, stehen die meisten Fußballerinnen in Ghana unter ständiger Beobachtung. Sportlich, weiblich und attraktiv wollen die meisten sein - alles zugleich, weil es einem vermeintlichen Ideal entspricht.

Es geht um Anerkennung, darum, sexualisierte gesellschaftliche Vorurteile zu entkräften und den ständigen Fokus auf eine vermeintliche physische Unterlegenheit zu entkräften. Aber selbst wenn sie all diesen vermeintlichen Idealen entsprächen - würde das dem Frauenfußball mehr Fans bescheren?

Das alte Klischee

Von jeher geht es im Fußball um Unterhaltung. Aber trotz der weltweiten Anstrengungen, Fans zu gewinnen, macht der ghanaische Frauenfußball kaum Fortschritte. Auch der Abschluss eines Fernsehvertrages und der mit einem großen Hauptsponsor brachten keine Verbesserung - im Gegenteil: Das Faninteresse ist bei den meisten Klubs rückläufig. Der mangelnde Zuspruch für den ghanaischen Frauenfußball dürfte durch mehrere Faktoren bedingt sein, eine besondere Rolle spielt dabei die starke Darstellung vermeintlich männlicher Charaktereigenschaften.

Im Gespräch mit der DW bestätigte Patricia Mantey, Torhüterin der ghanaischen Nationalmannschaft, dass Menschen sie häufig für einen Mann halten, nur weil sie Fußball spielt. "Wenn du als junge Frau anfängst, Fußball zu spielen, sehen sie dich in unserem System als Mann", erklärte sie.

Vivian Konadu, Spielerin bei Gokulam FC in Indien und Stürmerin der "Black Queens", wie Ghanas Nationalmannschaft genannt wird, erzählte der DW eine ähnliche Geschichte und berichtet von den Stereotypen, denen die meisten ghanaischen Fußballerinnen ausgesetzt sind: "Für mich war es sehr irritierend, wenn mich Leute auf der Straße zufällig anhielten und fragten, ob ich ein Mann oder eine Frau sei."

Welche Rolle spielt Sexappeal im Frauensport?

Eine Studie von Dr. Mary Jo Kane, Direktorin des Tucker Center for Research on Girls and Women in Sports an der University of Minnesota in den USA, ergab, dass die Sexualisierung ihrer Körper zwar einzelne Frauen zu größeren Berühmtheiten machte, dies aber nicht zwingend zu einem größeren Interesse an der von ihnen ausgeübten Sportart führte. Nicole LaVoi vom Tucker-Institut beschreibt es so: "Sex verkauft Sex nicht Sport".

Athletik gilt bei dem Publikum, das der ghanaische Frauenfußball ansprechen will, immer noch als männliche Eigenschaft. "Jeder hat ein einzigartiges Körpersystem, mein System hat sich wie das eines Mannes entwickelt, aber ich bin kein Mann. Ich bin einfach eine gute Athletin", erklärt Patricia Mantey.

Ghanas Nationalspielerin Vivian Konadu vor einem Spiel
Ghanas Nationalspielerin Vivian Konadu Bild: Privat

Abseits des Spielfelds fühlen sich viele Spielerinnen immer noch davon eingeschüchtert, als unweiblich angesehen werden zu können, und sie machen sich Sorgen, keine Werbepartner zu finden, weil sie nicht den herkömmlichen Schönheitsnormen entsprechen. Nur eine Handvoll ghanaischer Fußballerinnen haben Sponsorenverträge, die meisten von ihnen sind international tätig. "Als ich jünger war, habe ich Frauenkleider getragen, aber als ich anfing, Fußball zu spielen, habe ich damit aufgehört." Das habe vor allem daran gelegen, "dass ich in Frauenkleidern komisch aussah. Selbst meine Schwestern lachten mich aus, wenn ich sie trug, also beschloss ich, damit aufzuhören", erklärt Vivian Konadu.

Aufmerksamkeit durch sexuelle Attraktivität

Nicht nur die Spielerinnen kämpfen gegen Barrieren. "Als Geschäftsführerin eines Vereins muss ich leider sagen, dass sich Sex im Frauenfußball gut verkaufen lässt", sagt Cleopatra N. Nketiah vom Frauenerstligisten Ridge City FC. Frauenfußball-Accounts in Social Media gebe es schon lange, aber die, die Aufmerksamkeit erregen, seien diejenigen, die zeigen, wie sexy sie sind. "Die Beiträge, die meiner Meinung nach auf unseren sozialen Medien gut ankommen, haben nichts mit den Mädchen auf dem Spielfeld zu tun. Entweder sie posieren, sind lustig, flirten oder sehen irgendwie sexy aus. Und das sind die Dinge, die die Leute gerne sehen."

Nketiah ist der Meinung, dass der Frauenfußball mehr von der Aufmerksamkeit der Männer lebt. "Wenn wir uns auf die weiblichen Fans fokussieren, wird der Frauenfußball nicht gedeihen." Der einzige Weg, den Fokus auf Sex-Appeal aus dem Frauenfußball zu verbannen. sei, mehr Frauen für den Fußball zu begeistern. "Denn Frauen sehen sich kein Spiel an, weil sie sexy Spielerinnen bewundern wollen."

Ein langer Weg für Ghanas Frauen

Während die meisten männlichen ghanaischen Fans, mit denen die DW sprach, darauf hinwiesen, dass das Spiel optisch attraktiver gestaltet werden müsse, legte ein Fan namens Nelson seine Sichtweise auf die Dinge dar. "Wenn der Sport gut beworben wird und es einen regen Wettbewerb gibt, habe ich kein Problem, mir das Spiel anzusehen. Wenn sie sich männlich verhalten, wird das ihre Fähigkeiten am Ball fördern. Und ihr Aussehen kann das Interesse am Spiel zusätzlich steigern, denn wir Männer werden von dem angezogen, was wir sehen. Aber was uns noch mehr interessiert, ist mehr Wettbewerb in der Liga."

Cleopatra Nsiah Nketiah
Cleopatra Nsiah NketiahBild: Privat

Der ehemalige FIFA-Präsident Sepp Blatter erntete viel Kritik, als er im Jahr 2004 vorschlug, Fußballerinnen könnten mehr Fans anlocken, indem sie unter anderem engere Shorts tragen. Weltweit hat sich der Frauenfußball in jüngster Zeit jedoch unter sportlichen Aspekten enorm entwickelt. Die vergangene Afrikameisterschaft und die Europameisterschaft brachten rekordverdächtige Zuschauerzahlen, ohne dass die Kleiderordnung geändert wurde. In Ghana müssen die Frauen aber erst einmal den Kampf gegen althergebrachte Stereotype gewinnen.