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Politik

Nawalny: "Ich weiß, wer mich töten wollte"

14. Dezember 2020

Aufwändige Recherchen ergaben: Mindestens acht russische Geheimdienst-Agenten sollen den Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny verübt haben.

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Alexej Nawalny
Bild: YouTube - vDud/Reuters

Alexej Nawalny wurde wohl im Rahmen einer komplexen Operation durch Agenten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB vergiftet - das jedenfalls ergaben Nachforschungen mehrerer Medien. Mindestens acht FSB-Mitarbeiter seien identifiziert worden, berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", das gemeinsam mit den Investigativ-Plattformen "Bellingcat" und "The Insider" sowie dem US-Nachrichtensender CNN recherchierte. Bei den Identifizierten handele es sich um sechs ausführende Agenten und zwei mutmaßliche Führungskräfte. Nawalny verbreitete ebenfalls die Berichte: "Ich weiß, wer mich töten wollte", sagte er und veröffentlichte zudem Fotos von acht Männern.

Vor allem durch die Auswertung von Mobilfunkverbindungen, GPS- und Standortdaten sowie Analysen zahlreicher Passagierlisten russischer Linienflüge lasse sich nachvollziehen, dass der Kreml-Kritiker bereits seit 2017 im Visier des FSB-Teams stand, so "Der Spiegel". Demnach flogen FSB-Agenten mehr als 30 Mal im Voraus zu Nawalnys Reisezielen, kurz nach ihm kehrten sie nach Moskau zurück.

Geheimdienst-Agenten mit "Vorgeschichte"

Die beiden mutmaßlichen Führungskräfte sollen zwei FSB-Einheiten angehören, die in der Vergangenheit bereits mit Giftmorden in Verbindung gebracht wurden: das "Institut für Kriminalistik" und das ihm übergeordnete "Zentrum für Spezialtechniken". Eine der beiden Führungskräfte kommunizierte den Recherchen zufolge regelmäßig mit Chemielaboren, die mit dem Nowitschok-Programm Russlands in Verbindung stehen. Alle acht Identifizierten hätten entweder eine Vorgeschichte in medizinischen oder chemischen Bereichen oder hätten für russische Spezialkräfte gearbeitet, heißt es.

Russland | Alexej Nawalny am Flughafen Richtung nach Deutschland
Der bewusstlose Nawalny vor seiner Verlegung nach BerlinBild: Reuters/A. Malgavko

Gegenüber der DW äußerte sich Bellingcat-Reporter Aric Toler zu den Recherchen. Bei den Agenten habe es sich nicht "um normale FSB-Beamten" gehandelt, sagte Toler. Sie seien im Umgang mit chemischen Waffen geschult. Vor allem sei man überrascht gewesen, wie intensiv sie Nawalny seit 2017 verfolgt hätten. 

Nawalny war am 20. August auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Zwei Tage später wurde der 44-Jährige - noch im Koma liegend - zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht. Nach Angaben von drei europäischen Laboren, deren Ergebnisse von der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) bestätigt wurden, wurde Nawalny mit einem in der Sowjetunion entwickelten Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Nach wie vor hält er sich in Deutschland zu einer Reha-Maßnahme auf. Nach seiner Genesung will er nach Russland zurückkehren.

Der Kreml bestreitet jegliche Verwicklung in den Fall. Alle staatlichen Nowitschok-Bestände seien vernichtet worden, das Rezept aber längst auch im Westen bekannt. Staatschef Wladimir Putin hatte erst am Donnerstag erklärt, er sehe noch keine Voraussetzungen für Ermittlungen in Russland. Moskau wolle erst ermitteln, wenn es Beweise für ein Verbrechen gebe. Bisher seien solche aber nicht vorgelegt worden. "Auch wenn eine Person fast gestorben ist, heißt das nicht, dass man in jeden Fall ein Strafverfahren eröffnen muss", meinte Putin.

ml/wa/sti (dpa, afp)