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Gigantische Subvention für fossile Energien

26. Mai 2015

Weltweit werden fossile Energien laut Internationalem Währungsfonds mit rund 5000 Milliarden Dollar pro Jahr subventioniert. In einer umfassenden Analyse werden jetzt auch Gesundheits- und Umweltschäden berücksichtigt.

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Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg (Foto: Fotolia/blumenkind)
Bild: Fotolia/blumenkind

Fossile Energien werden weltweit wesentlich höher subventioniert als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Abeitspapier des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit dem Titel "How Large Are Global Energy Subsidies?" Die IWF-Autoren bezogen in ihrem umfassenden Bericht auch Kosten ein, die von der fossilen Energienutzung ausgehen. Bisher wurden Gesundheits- und Umweltschäden in den Berechnungen und Analysen eher selten und in geringerem Umfang eingerechnet.

Nach Berechnungen der IWF-Autoren wurde der weltweite Energieverbrauch im Jahr 2013 mit rund 4900 Milliarden Dollar subventioniert, das sind rund 6,5 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung (BIP) und mehr, als sämtliche Regierungen der Welt für das Gesundheitswesen ausgeben. Auch das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands liegt mit rund 3600 Milliarden Dollar deutlich niedriger.

Direkt subventioniert werden vor allem Benzin, Gas und Elektrizität in Schwellen- und Entwicklungsländern. Nach Angaben des IWF lagen diese direkten Subventionen im Jahr 2013 bei rund 540 Milliarden Dollar. Viel größer sind laut Bericht allerdings die nachgelagerten Subventionen, Kosten, die durch die Nutzung der fossilen Energien für die Volkswirtschaften entstehen. Bei 4300 Milliarden Dollar lagen sie im Jahr 2013.

Globale Subventionen für fossile Energien (Infografik: DW)
Weltweit steigen die Subventionen für fossile Energien, vor allem wegen der Zunahme von Kohleverstrom

Schäden für Gesundheit und Klima viel höher als angenommen

Kostentreiber bei den Subventionen sind nach IWF-Angaben vor allem die Gesundheits- und Umweltschäden, sie sind viel höher als bisher angenommen. Die Autoren werteten für die Analyse internationale Daten und Studien aus. Sehr hohe volkswirtschaftliche Kosten entstehen demnach vor allem durch die Luftverschmutzung, durch Belastung mit Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickoxiden aus Kohlekraftwerken und Kraftfahrzeugen. Weltweit summierten sich die Schäden für die Gesundheit 2013 auf rund 2200 Milliarden Dollar.

Bezahlt werden diese Subventionen, die Kosten dieser lokalen Luftverschmutzung, vor allem von den Sozialkassen und Steuersystemen vor Ort. Der höchste Anteil dieser Subventionen geht auf das Konto der Kohlekraft. Ihr Anteil an den Gesundheitsschäden liegt bei 1900 Milliarden Dollar, der Kostenanteil von Öl liegt bei 290 Milliarden und von Gas bei 60 Milliarden Dollar.

Hohe Schäden verursacht auch der Klimawandel. Die Kosten, beziehungsweise Subventionen, lagen nach IWF-Berechnungen im Jahr 2013 bei 1100 Milliarden Dollar. Der größte Anteil dieser globalen Schäden geht mit 620 Milliarden Dollar auf das Konto der Kohlekraft, der Kostenanteil von Erdöl lag bei 200 Milliarden und der von Erdgas bei 270 Milliarden Dollar.

Frauen im Smog von Neu-Delhi (Foto: Prakash Singh/AFP/Getty Images)
Luftverschmutzung in Indien: Die Zahl der Atemwegserkrankungen steigt und damit die KostenBild: Prakash Singh/AFP/Getty Images

Kosten durch Reformen verringern

In der Gesamtanalyse zu den weltweiten Energiesubventionen beziehen die IWF-Experten auch die Kosten von Unfällen, Stau und Straßenschäden sowie die Steuerzahlungen mit ein. Im Jahr 2013 lagen hier die weltweiten Subventionen, die der fossilen Energienutzung zuzurechnen sind, bei 850 Milliarden Dollar.

In ihrem Resümee empfehlen die Autoren, alle ungünstigen Effekte der Energiesubvention "dringend anzugehen". Da derzeit die Energiepreise niedrig sind, sei die Gelegenheit für Reformen günstig.

Als besonders reformbedürftig sehen die Autoren die Kohlesubventionen an, die mit über 2500 Milliarden Dollar mehr als die Hälfte aller Subventionen ausmachen. "Die Reform der Kohlesubvention durch eine Umweltsteuer sollte an der Spitze der politischen Agenda sein, um die Umweltschäden aus dem Kohleverbrauch zu begrenzen", so die Empfehlung.

Vorteile für Gesundheit, Haushalt und Klima

Nach Ansicht der IWF-Autoren hat eine Reform der Energiesubventionen mehrere Vorteile. "Unsere Schätzungen zeigen, dass die Beseitigung der Energiesubventionen die vorzeitigen Todesfälle durch lokale Luftverschmutzung im Durchschnitt um mehr als 50 Prozent senken kann." Mit einer Reform würden vor allem die lokalen Kosten für Gesundheit gesenkt: "Es liegt nahe, dass die meisten ökologischen Vorteile der lokalen Bevölkerung zugutekommen."

Mit der Kosteneinsparung bei den Subventionen könnten im Gegenzug auch die Steuern auf Arbeit gesenkt werden, schlägt der Bericht vor. Auch könnte mit dem eingesparten Geld die Infrastruktur ertüchtigt, die Bildung verbessert und die Armut verringert werden. Zugleich würde eine solche Politik Investitionen in umweltfreundliche Technologien lenken, weil der künstliche Preisvorteil fossiler Energien getilgt wäre.

Darüber hinaus könnte durch eine Reform der Subventionspolitik auch der weltweite CO2-Ausstoß um mehr als 20 Prozent gesenkt werden. "Dies wäre ein großer Schritt in Richtung Dekarbonisierung und schließlich notwendig, um das Klimasystem zu stabilisieren", so der Bericht.

Vollkostenberechnung ermöglicht Preisvergleich

Klimaökonom Lord Nicolas Stern von der Londoner School of Economics zeigt sich erfreut über das IWF-Papier: "Diese sehr wichtige Analyse zerstört den Mythos, dass fossile Brennstoffe billig sind, es zeigt wie riesig die tatsächlichen Kosten sind. Es gibt keine Rechtfertigung für diese enormen Subventionen", so Stern im Guardian. Er schätzt allerdings, dass die Vollkosten durch den Klimawandel und damit die Subventionen der fossilen Energieträger noch "viel größer sind als dieser Bericht aufzeigt".

Stromkosten aus neuen Großkraftwerken in Deutschland (Infografik: DW)
Was kostet der Strom wirklich? Eine volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung hilft bei Entscheidungen.

Umweltbehörden, Energieagenturen und Wissenschaftler hatten in den vergangenen Jahren bereits mehrfach auf die externen Kosten der fossilen Energien hingewiesen und angemahnt, dass bei dem Vergleich von fossilen, atomaren und erneuerbaren Energien alle volkswirtschaftlichen Kosten eingerechnet werden müssen.

So lagen nach aktuellen Berechnungen des Bundesumweltamtes die volkswirtschaftlichen Kosten durch die Kohleverstromung in Deutschland im Jahr 2014 bei über 23 Milliarden Dollar. Würden diese Kosten umgelegt, so würde sich der Preis von Kohlestrom um rund 0,09 Dollar pro Kilowattstunde mehr als verdoppeln und wäre im Vergleich zu Strom aus Wind und Sonne nicht mehr konkurrenzfähig.

Auch die internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) in Abu Dhabi kommt in ihrer internationalen Studie zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach müsse bei der Erzeugung von Strom aus fossilen Kraftwerken noch Kosten für Gesundheits- und Klimaschäden von bis zu 0,09 Dollar pro Kilowattstunde hinzugerechnet werden.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion