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Glasgow: Viele Klima-Fragen noch ungelöst

8. November 2021

Nach spektakulären Ankündigungen in der ersten Woche beginnt auf der UN-Klimakonferenz in Schottland die eigentliche Arbeit. Umweltaktivisten fürchten ein zu weiches Ergebnis. Aus Glasgow DW-Reporter Jens Thurau.

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England Glasgow | Klimademonstration
Am vergangenen Samstag hatten tausende junger Umweltaktivisten in Glasgow für mehr Klimaschutz demonstriertBild: Andrew Milligan/AP/picture alliance

Ist das die "hybride Veranstaltung", als die diese UN-Klimakonferenz in Glasgow im Vorfeld angekündigt war, mit vielen Teilnehmern also, die nur online dabei sind? Jetzt, zu Beginn der entscheidenden zweiten Woche der Klimagespräche von rund 200 Staaten, ist davon nicht zu spüren.

Auf bis zu 40 000 schätzen Experten die Zahl der Teilnehmer, die das Kongresszentrum im Herzen der schottischen Metropole bevölkern, es ist voll wie eh und je auf Klimakonferenzen. Nur viele Vertreter aus ärmeren Ländern fehlen.

Die Pandemie ist allgegenwärtig

Dass die Pandemie trotzdem allgegenwärtig ist, merkt man aber am Pavillon der deutschen Delegation, wo der Staatssekretär im deutschen Umweltministerium, Jochen Flasbarth, die Presse am Montag über den Stand der Gespräche unterrichtete. Eine Glasscheibe trennte Flasbarth von den Journalisten, es wird auf Abstand und das Tragen von Masken geachtet.

Staatssekretär Jochen Flasbarth auf der Pressekonferenz der deutschen Delegation
Staatssekretär Jochen Flasbarth (zweiter von rechts) auf der Pressekonferenz der deutschen DelegationBild: Jens Thurau/DW

Flasbarth jedenfalls ist frohen Mutes, dass die Konferenz, die offiziell noch bis Freitag dauert, ein gutes Ergebnis zeitigen wird. Er sagte nach der Veranstaltung der DW: "Wir gehen jetzt mit viel Kraft und ehrlich gesagt auch viel Mut in die zweite Verhandlungswoche. Wir haben in der letzten Woche schon auf Arbeitsebene viel erreicht. Dass heißt nicht, dass die Dinge alle gelöst sind, aber sie liegen jetzt so auf dem Tisch, dass die verschiedenen Verhandlungen hier auch unter politische Führung zu einem Abschluss gebracht werden können."

Letzte Einigungen sollen Donnerstag erfolgen

Die Umweltminister der Staaten werden ab Donnerstag letzte strittige Punkte persönlich besprechen, so ist der Plan. Die politische Abschlusserklärung werde auch jeden Fall auf Druck der britischen Konferenz-Präsidentschaft einen Passus enthalten, fügte Flasbarth noch hinzu, wonach die Staaten ihre Anstrengungen intensivieren müssten. Damit das Ziel, die Erderwärmung nicht mehr als 1,5 Grad ansteigen zu lassen, wirklich noch erreicht werden kann.

Hausaufgaben aus dem Pariser Klimavertrag

Darum wird es in dieser Woche gehen, wenn die Staaten-Verhandler versuchen, die Hausaufgaben zu erledigen, die der 2015 in Paris beschlossenen Klimavertrag ihnen aufgetragen hat. Die freiwilligen Klimaziele, welche die Länder damals vorgelegt haben, müssen nachgebessert werden. Sie reichen nicht für das 1,5 Grad-Ziel. Sondern sie führen, wie die UN in einem Bericht im September festgestellt hat, zu einer Erderwärmung von 2,7 Grad. Ob bei diesem Thema in Glasgow noch ein Durchbruch erzielt werden kann, ist aber fraglich. Was nützen dann die vielen Ankündigungen der ersten Woche in Glasgow, die Wälder zu schützen, oder den Ausstoß des gefährlichen Klimagases Methan bis 2030 um 30 Prozent zu senken? Hundert Länder hatten sich, angeführt von den USA, darauf verständigt. Aber wenn der Kern jeder Klimapolitik, mit der Senkung der Treibhausgase hier und jetzt zu beginnen, nicht geschafft wird?

Flasbarth kann mit dieser generellen Kritik an den alljährlichen Massentreffen von Politikern, Umweltaktivisten und Wirtschaftsvertretern nichts anfangen. Er sagte mit Blick auf die Zukunft: "Wir sind jetzt in einer Welt, die nicht mehr bei zwei Grad ist, sondern vielleicht bei 2,8 Grad, Aber die eben auch nicht mehr bei fünf oder sechs Grad Erwärmung steht. Wir müssen mehr tun, aber man sollte nicht alles in die Tonne treten."

Greenpeace-Chefin Morgan: "Ich bin sehr besorgt" 

Das sehen Aktivistinnen wie die Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan natürlich anders. Das Versprechen aus der ersten Glasgow-Woche, die Wälder besser zu schützen, die Methan-Initiative: Alles schön und gut.

Jennifer Morgan, World Resources Institute
Jennifer Morgan von Greenpeace befürchtet einen eher schwachen Abschluss der Klimakonferenz in GlasgowBild: DW/I. Quaile

Aber, so Morgan im Gespräch mit der DW: "Im Moment bin ich sehr besorgt. Es gibt einen ersten Entwurf für einen Entscheidungs-Text am Ende, der keine Klarheit liefert, wie man das 1,5 Grad-Ziel erreichen kann. Und wir sehen, dass Länder wie Saudi-Arabien, Australien und Brasilien sehr erfolgreich dabei sind, wichtige Texte zu blockieren." Es fehlten, so Morgan, klare Daten für den Ausstieg aus der Kohle und für das Ende des Verbrennungsmotors.

Noch nicht genug Geld für Anpassung in den armen Ländern

Neben den Klimazielen selbst geht in dieser zweiten Woche auch darum, den armen Ländern mehr Geld für die Anpassung zur Verfügung zu stellen, auch das ein noch nicht erledigtes Erbe des Paris-Vertrages. Die schon lange versprochenen 100 Milliarden Dollar dafür werden aber auch in Glasgow nicht zusammenkommen, maximal 80 Milliarden stehen derzeit zu Buche.

Deutschland immerhin versprach noch einmal zusätzliche 150 Millionen Euro dafür. Angesichts der dramatischen Lage in vielen armen Ländern ist aber auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Auftritt des Popstars Barack Obama

Ob all die offenen Fragen bis Ende der Woche noch gelöst werden können, steht in den Sternen. Der eigentliche Höhepunkt zu Beginn der zweiten Klimawoche in Glasgow war dann aber der Besuch des früheren US-Präsidenten Barack Obama, der wie ein Popstar empfangen wurde.

Barack Obama I UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow
Der frühere US-Präsident Barack Obama auf der UN-Klimakonferenz in GlasgowBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Er rief dazu auf, auf die besonders vom Klimawandel betroffenen Staaten zu hören. "Sie senden eine klare Botschaft: Wenn wir nicht jetzt handeln - und zwar mutig handeln - dann ist es zu spät", sagte Obama. Auf die Verhandlungen selbst aber hat Obama natürlich keinen Einfluss mehr.